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MS-Diagnose und Therapie im Zeitalter von Künstlicher Intelligenz (KI)

Neue Werkzeuge wie die KI sollte man in ein gutes menschliches Management der Erkrankung im Arzt-Patienten-Tandem integrieren, so Prof. Tjalf Ziemssen im Multiple-Sklerose-Chat der AMSEL.

Patricia Fleischmann: Liebe Chatterinnen und Chatter, herzlich willkommen, hier im Multiple Sklerose-Chat der AMSEL! Ab 18.30 Uhr antwortet hier Prof. Dr. med. Tjalf Ziemssen aus Dresden. Unser Thema ist die Diagnose und Behandlung im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz (KI). - Sie können gern jetzt schon Ihre Fragen stellen🙂

Prof. Tjalf Ziemssen: 🧠👨‍🔬 Herzlich willkommen zum heutigen AMSEL Expertenchat auch von mir in Dresden! 🎉 Wenn Sie uns in Dresden noch nicht kennst, schauen Sie doch mal auf unserer Homepage www.zkn.uniklinikum-dresden.de oder in unsrem Youtube Kanal www.youtube.com/c/ZKNDD vorbei, dort findet man viele interessante Infos! 🌐 Und wenn man unseren Newsletter bestellt unter www.zkn.uniklinikum-dresden.de/pn/newsletter , bleibt man immer auf dem neuesten Stand ! 📧

Cornelia: Hallo Herr Dr. Ziemssen,
Ich bin zum ersten mal hier und wusste nicht, das es ein Thema gibt, ich sende dennoch meinen Text und wenn es nicht passt hier, dann ist es auch in Ordnung. Ich habe noch keine diagnostizierte Darmentleerungsstörung, aber seit einem knappen halben Jahr verschlechtert sich meine Situation immer mehr.
Ich achte auf genügend Flüssigkeit (ca 3 Liter täglich), Bewegung/Trampolin/Yoga täglich nach Möglichkeit, Ernährung weitestgehend vegetarisch (Porridge morgens/Hauptmahlzeit mittags, 3 x täglich ein Tl Flohsamen, heißes Wasser mit Zitrone am Morgen etc. Vor kurzem auch fast 2 Wochen Basenfasten, ess keinen Zucker und bin wirklich am Verzweifeln. Das Thema belastet mich sehr. Movicol eine zeitlang versucht, bracvhte nichts und Kräuterlax Abführtabletten, wenn ich 3 Tage nicht zur Toilette kann. Auch Versuche mit Rizinusöl, ich weiß nimmer weiter.
Auch Darmspülungen und bei allem hört man, man darf es nicht zu oft machen. Es pendelt sich aber nicht mehr ein, seit einer Cortisonstoßtherapie im Okt. 23.
Meinen Neurologen bekomme ich nur alle 3 Monaten mit Termin zu sprechen und beim letzten Besuch Anfang März, habe ich es vergessen, weil auch meine Konzentratrion nicht immer so berauschend ist. Deshalb meine Frage, was kann ich tun, oder soll ich mit dem Hausarzt sprechen, wie sieht die Diagnostik in dem Fall aus? Mit freundlichen Grüßen Cornelia Adair
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Frau Adair, ja das ist heute nicht das Thema und auch eher ein gastroenterologisches Thema. Das müsste man sich an Experten in dem Bereich wenden, das ist sicherlich für den Neurologen selbst auch nicht das Gebiet, auf dem er sich auskennt. Eine Ökotrophologin könnte auch bei der Optimierung der Ernährung helfen.

Cornelia: Danke!
Prof. Tjalf Ziemssen: Gern geschehen!

Bea: Wird die KI bei Beurteilung des MRT schon eingesetzt bzw. Was kann die KI machen wenn man schon 30 Jahre MS hat und sie zu, Glück schon 7 Jahre seit Rituximab ruhig ist
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Bea, der KI als Auswertetool ist es egal, was man für eine MS hat. Gerade bei fortgeschrittener Erkrankung ist es natürlich auch wichtig, hier genauer zu vermessen. Und gerade bei der Beurteilung des Hirnvolumens und Läsionsgrößen kann die künstliche Intelligenz es besser zu vermessen, als es der Radiologe kann.
Welchen Stellenwert dann so eine Beurteilung hat, ist natürlich wieder eine andere Sache. Die künstliche Intelligenz ist in der Beurteilung des MRTs nur ein Werkzeug. Die Interpretation obliegt dann dem behandelnden Neurologen beziehungsweise dem befundenen Radiologen.

Chat: Guten Abend, wie kann man sich in D der Thematik Ki und MS (Therapie) am besten nähern oder ist das im Moment noch akademisch?
Prof. Tjalf Ziemssen: Lieber Chat, Vielen Dank für die Frage. Ich denke schon, dass es wichtig ist, sich mit der KI als neuem Tool in unserer Gesellschaft zu beschäftigen. Gerade bei solchen Innovationen ist es wichtig, dass man zumindest ein Grundverständnis hat, wie dieses Werkzeug - und mehr es ist nicht - eingesetzt werden kann. Ich denke, es ist auch wichtig, sich damit zu beschäftigen, um mitreden zu können.
Wir bieten bei uns im Podcast immer Neues rund um Digitalisierung und KI an. Ich weiß nicht, ob Sie schon mal in unserem YouTube-Kanal vorbeigeschaut haben.
Auf der anderen Seite habe ich hier einen guten Link, wo man sich auch informieren kann. Ich denke, es macht Sinn, sich gerade bei der Erkrankung MS damit zu beschäftigen: www.ki-campus.org/themen/medizin?gad_source=1&gclid=CjwKCAjw7-SvBhB6EiwAwYdCAZ_n7cM7-iuiageyrXT5ndn8byFXSGdhQYbhMlqpsoK8LqlR13mftRoC7qQQAvD_BwE

Tina: Hallo Herr Prof. Ziemssen, ich bin 51 Jahre, vor 14 Jahren wurde meine MS-Erkrankung festgestellt, mäßige Herdlast. Die letzten 7 Jahre unter Tecfidera keine neuen Herde. Nun hat die MRT-Untersuchung 2 winzige neu aufgetretene Läsionen im Bereich des Crus posterius im Stammganliengebiet (bisher dort unauffällig) und angrenzend an den linken Seitenventrikel posterior. Die Signalanreicherungen im MRT wurden laut der beurteilenden Radiologin von der KI festgestellt. Sie meinte, man könne nicht mit Sicherheit sagen, ob es tatsächlich neue Herde sind oder ob die kleinen Herde jetzt durch die höhere Auflösung sichtbar gemacht wurden.
Da mein Neurologe ein Wechsel auf ein stärkeres Medi empfohlen hat, hier meine Frage:
Ist es möglich, dass Herde jetzt durch die KI unterstützende Technik dargestellt werden, obwohl sie schon länger vorhanden waren?
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Tina, Vielen Dank für Ihre Frage.
Gerade bei der Beurteilung von Kernspintomographien kann die künstliche Intelligenz helfen, weil jede Lesion einzeln vermessen werden kann und leichter und fehlerfreier sowohl neue Läsionen als auch vergrößerte Läsionen festgestellt werden können. Problematisch ist, dass hier natürlich auch Artefakte festgestellt werden können. Ganz fehlerfrei geht es noch nicht. Deshalb muss es sein, dass der Radiologe die durch die KI bewerteten Befunde bewertet, wie das zum Beispiel bei uns der Fall ist.
Grundsätzlich glaube ich, dass vor allem durch eine Standardisierung des MRTs und eine Durchführung in 3D die Qualität der MRT Beurteilung erhöht werden kann. Durch die automatische Vermessung können schon Unterschiede festgestellt werden. Die Bewertung, inwiefern so ein Entzündungsherd zu einer veränderten Therapieentscheidung führt, ist natürlich dann Sache des Neurologen und Ihnen als Patienten. Eine weitere Möglichkeit besteht natürlich in der Beurteilung des Gehirnvolumens, das mit der KI auch erreicht werden kann. Allerdings wissen wir hier noch weniger, welchen Stellenwert es für die Therapieentscheidung hat.

Tina: Vielen Dank für Ihre Antwort!
Prof. Tjalf Ziemssen: Gerne geschehen!

Hendrik: Hallo Herr Prof. Ziemssen, ich bin selbst MS Patient und neugierig, welche Möglichkeiten es für KI gibt. Mein Eindruck ist, dass es vor allem beim MRT bzw. generell eher den Expert:innen bei der Diagnostik und Behandlung hilft. Wie sieht das denn für Patienten aus? Gibt es Anwendungen, die Sie empfehlen würden und wenn ja, wie könnten sie mir helfen?
Liebe Grüße aus Hannover
Prof. Tjalf Ziemssen: Lieber Hendrik, das ist eine sehr gute Frage. Sie haben es richtig beobachtet, dass im Moment sehr viel in der Anwendung der KI die Bildgebung eine Rolle spielt, wo die KI uns helfen kann, genauer im Verlauf neue Läsionen festzustellen und das Gehirnvolumen zu vermessen. Natürlich sind die Einsatzmöglichkeiten der KI als Tool viel größer. Hier sind wir eher aus der Richtung heraus limitiert, dass uns gute große Datenmengen fehlen, um zum Beispiel mithilfe von Modellen Krankheitsvoraussagen zu machen.
Wir arbeiten bei uns in Dresden ja zum Beispiel an digitalen MS Zwillingen, die es mit ihrer hohen Datenqualität ermöglichen, in ihrer Menge Krankheitsvoraussagen zu ermöglichen. Natürlich kann die KI auch dazu beitragen, Dinge an den Anwender anzupassen. Die KI kann im Prinzip gut Dinge erklären. Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht, dass die KI auf Stichworte hin zum Beispiel Dinge patientenverständlich erklären kann. Allerdings muss man hier noch vorsichtig sein, weil man die KI erst einmal anlernen muss, da sonst doch signifikante Fehler auftreten können. Also auch hier ist es lediglich ein Tool, das auch in der Patientenedukation genutzt werden kann. Aber das muss angepasst werden und angelernt werden, damit es keine größeren Fehler macht.

Uwe: Guten Abend Herr Prof. Ziemssen, ist möglich mithilfe von KI eine Prognose des persönlichen Krankheitsverlaufs abzugeben, indem man sie mit Daten der Vergangenheit wie z.B. MRTs der letzten 10 Jahre, Laborwerte, Medikamente o.ä. plus Alter, Geschlecht etc. füttert?
Prof. Tjalf Ziemssen: Lieber Uwe, danke für die Frage.
Ja, ich denke, dass das in Zukunft sehr wichtig wird mit Simulation und Voraussagemöglichkeiten. Wir selbst sind ja nur in der Lage, eine beschränkte Anzahl von Parametern zu berücksichtigen. Das kann natürlich die KI mit den Modellen in weit größerem Maße, indem unterschiedlichste Faktoren, die uns auch noch gar nicht klar sind, mit in solche Voraussagen einbezogen werden.
Dafür ist es allerdings notwendig, dass wir das System mit entsprechenden Daten trainieren. Das ist unser großes Problem zurzeit in der Versorgung, dass die bestehenden Daten nicht ausreichen, um Systeme in hoher Qualität zu trainieren. Deshalb ist es zum Beispiel bei uns in Dresden eines unserer Hauptanliegen, die Datenqualität und -dichte entsprechend zu erhöhen, um Daten zur Verfügung zu haben, die dann Modelle entsprechend trainieren können, dass solche Voraussagen möglich werden.

Hendrik: Vielen Dank für die sachkundige Antwort und bedachte Haltung. Das Thema ging mir schon eine Weile durch den Kopf.
Prof. Tjalf Ziemssen: Gerne geschehen!

Hanne: Hallo Herr Prof. Ziemssen! Ich habe Interesse, meine Sprache digital prüfen zu lassen und gehört, dass sie eine Erkennungsapp einsetzen. Wie kann ich da teilnehmen?
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Hanne, vielen Dank für die Nachfrage. Ja, wir verwenden die Sprache als wichtigen Biomarker. Die Sprache ist ein interessanter Parameter, weil man viele Dinge daraus lernen kann.
Den Gemütszustand, motorische Funktion, Müdigkeit wie die Fatigue, aber auch die Kognition kann man gut mit der Sprache messen. Wir versuchen in einem Projekt die Sprache zum einen vor Ort zu messen, aber auch die telemedizinische Erfassung von Sprache zu erfassen.
Wenn Sie daran teilnehmen wollen, geht es am besten über die E-Mail-Adresse an meine Kollegen, die das Sprachanalyse-Projekt durchführen. Hier ist mehr Info über unsere Projekte: www.msz.uniklinikum-dresden.de/studien/sprachanalyse

Hanne: Danke für Ihre Antwort, Prof. Ziemssen. Wissen Sie, ob es ähnliche Sprachanalysen auch an anderen Orten gibt? Ich müsste ja vor Ort sein und Dresden ist mir leider zu weit im Moment.
Prof. Tjalf Ziemssen: Leider eher nicht. Da die Sprache aber im Prinzip nicht an die Präsenz gebunden ist, nehmen Sie doch Kontakt mit uns auf. Wir haben da mehrere Projekte auch in Zukunft, die dann auch telemedizinisch funktionieren sollten.

Ylva: Hallo Herr Professor,
wie sieht es da bei Ganganalysen unterstützt durch KI aus? Müssen diese standardisiert vor Ort z. B. auf dem Laufband durchgeführt werden oder wird es dafür vielleicht auch eine App geben?
Welche Arten von krankhaft veränderten Gangbildern kann man damit genauer beurteilen?
Vielen Dank und liebe Grüße.
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Ylva, vielen Dank für die Frage. Natürlich ist es unser Traum, dass wir das passive Monitoring bei der Multiplen Sklerose bei jedem Patienten durchführen können. Das heißt, man muss nicht extra ins Zentrum kommen, um unterschiedlichste Daten zur Multiplen Sklerose zu erfassen. Leider ist das noch eine Zukunftsvision. Man muss dieses passive Monitoring erst entwickeln und validieren.
Dafür ist es notwendig, dass man unter kontrollierten Bedingungen im Zentrum Daten erhebt. Diese kann man dann in Bezug setzen zu den passiven Daten, die man im Alltag aufzeichnet. Das bei uns zum Beispiel verwendete Instrumentarium für die Ganganalyse ist extrem teuer und spezialisiert. Natürlich ist unser Traum, dass wir damit ein Alltagsequipment wie z.B. ein Smartphone anlernen können, die Analysen, die aktuell nur mit hochwertigem, sehr speziellem Equipment möglich sind, mit einfachen Möglichkeiten zu ermöglichen. Aber da ist noch viel Pionierarbeit zu erledigen, um wirklich valide Punkte zu haben.
Grundsätzlich ist es ähnlich aufwendig, einen digitalen Biomarker zu validieren, wie Medikamente zu entwickeln. Grundsätzlich kann man mit so einer Technologie jede Art von auch kleinster Ganganomalie erkennen. Das System ist wesentlich empfindlicher als unser menschliches Auge. Auch gerade die Quantifizierung ist dadurch viel besser möglich, als das uns Menschen möglich ist. Wir verwenden z.B. die Sprunganalyse mit Equipment aus dem Leistungssport. Das kann uns sehr empfindlich kleinste Auffälligkeiten und Veränderungen zeigen.
Wir benutzen die Ganganalyse zum Beispiel auch dafür, um vorauszusagen, wie hoch das individuelle Sturzrisiko ist. Auch das ist dem menschlichen Auge eher nur erschwert möglich. Ich denke, dass solche Verfahren in Zukunft zu größerer Präzision und auch personalisierterem Training führen können. Aber es ist noch viel Entwicklungsarbeit notwendig.

Steff: Hallo Herr Professor, kann KI meinen Verlauf irgendwann vorausberechnen, Vielen Dank
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Steff, danke für die Frage. Grundsätzlich ist es im Moment ja so, dass der Arzt mit seiner Erfahrung und mit Verweis auf Studien versucht, vorauszusagen, wie der MS-Verlauf sich darstellt und deswegen therapeutische Schritte einleitet zusammen mit dem Patienten. Da ist natürlich aktuell die Datenbasis sehr dünn und insbesondere der individuelle Erfahrungsstand des Neurologen entscheidend. Auch wird dort nicht objektiv, sondern vielfach subjektiv entschieden.
Unsere Vision rund um den digitalen MS Zwilling ist, dass durch eine sehr hochqualitative Datensammlung das Modell so gut trainiert werden kann, dass sehr valide Voraussagen möglich sind, die dann eine personalisierte Therapie zulassen. Das bedeutet allerdings, dass man diese qualitativen Daten erst einmal erheben muss bei vielen Patienten, um sie dann nutzen zu können für die Vorhersage. Und da ist es noch ein weiter Weg dahin.

Hanne: Dann melde ich mich da, danke. Noch eine Frage: Gibt es Apps für die MS, die Sie schon heute empfehlen können?
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Hanne, die Frage ist, was sie mit den Apps tun möchten.

Mic40: Guten Abend Herr Professor, es wäre schön wenn sie eine Frage off topic beantworten würden. Diagnose aktive Ms, mit welchem Medikament würden sie starten, Cladribin oder Kesimpta/Ocrevus. Gibt es den „typischen“ Patienten für eine dieser Substanzen in einer Welt wo niemand Angst vor Spritzen hat? Herzlichen Dank!
Prof. Tjalf Ziemssen: Lieber Mic40, das ist sehr schwierig, im Chat zu beantworten. Da muss man den individuellen Verlauf und die Details kennen, um dort eine Empfehlung abzugeben. Das sagt sogar die natürliche Intelligenz von Professor Ziemssen😎

Uwe: Hallo nochmal, wird eigentlich jetzt schon daran gedacht, wenn in ein paar Jahren Voraussagen von Krankheitsverläufen recht präzise werden könnten, was diese Kenntnis bei MS-Betroffenen auslöst? Je nach Ergebnis könnte man sich ja zurücklehnen oder eine schwere Depression entwickeln. Dann ist der Neurologe wohl außer als Therapieimpulsgeber auch als Psychologe gefragt. Übrigens: Die Sprache als wichtigen Biomarker finde ich äußerst spannend.
Prof. Tjalf Ziemssen: Lieber Uwe, danke für den extrem guten Kommentar. Das ist gerade für uns ein sehr wichtiger Punkt. Gerade deswegen wird es auch weiter menschliche Ärzte geben und nicht allein die künstliche Intelligenz, die mit dem Patienten direkt interagiert. Wir können uns das ungefähr so vorstellen wie die Innovation des MRT, als sie in das MS-Management hineingekommen ist. Damals hat man auch gesagt, möchte man das wissen, wie das MRT aussieht, das macht dem Patienten Angst, man soll sich lieber nicht damit näher beschäftigen.
Je mehr Werkzeuge man hat, die die MS beschreiben können, desto mehr werden auch Therapien und das Management optimiert werden können. Sehr wichtig ist, dass man sich darüber im Klaren ist, was das Ganze bedeutet und dass man das integriert in ein gutes menschliches Management der Erkrankung im Arzt Patienten Tandem.
Für mich ist ein grosser Vorteil, dass die Nutzung von solchen objektiven Werkzeugen bedeutet, dass ich mehr Qualitätszeit mit meinem Patienten verbringen kann und mich mit den Problemen beschäftigen kann. Und ich habe objektive Parameter, die ich in Entscheidungen einbeziehen kann. Aber das ist natürlich nicht selbstverständlich und muss beachtet werden. Ein sehr wichtiger Punkt, der uns Neurologen aber die Zukunft sichert und das Gespann Neurologe-Patient in Zukunft beeinflussen wird.

Ylva: Vielen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Das klingt alles richtig gut. Ich hoffe sehr, dass Ihr Team da dranbleibt und sich viele Probanden finden. Gerade beim Gang lässt sich durch gezieltes Training viel erreichen und somit viel Lebensqualität zurückgewinnen.
Leider sind Sie momentan zu weit weg, aber wer weiß, wo es Sie noch hin verschlägt:-))
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Ylva, das ist völlig richtig. Und ich Weiss auch nicht, ob ich noch längere Zeit in Dresden bleiben werde. Das Leben kann manchmal Richtung Süden weisen...

Patricia Fleischmann: Liebe Chatterinnen und Chatter, noch zehn Minuten - Zeit für Ihre allerletzte Frage :-)

Hanne: Ich habe von Apps bei Depressionen gehört. Ich bin etwas misstrauisch, schließlich sind das ja sehr persönliche Dinge. Eine App ist nur schneller zu bekommen als Therapieplätze. Und dann der Einsatz zur Dokumentation. Verschreiben Sie Apss an MS-Patienten?
Prof. Tjalf Ziemssen: Liebe Hanne, ja das tun wir. Ich darf auf unseren schönen Podcast im November verweisen: www.youtu.be/WQvGPXv2YUU?si=o_X3uFl36pEgGo_5. Sie beziehen sich auf die sogenannten digitalen Gesundheitsanwendungen. Die können zum Beispiel bei Depressionen, aber auch Fatigue als auch bei Schlafstörungen helfen. Diese Apps sind offiziell getestet und zugelassen. Hier muss man eigentlich keine Angst haben bezüglich Datenschutzproblemen. Schwierig ist es, wenn man dort nicht zugelassene Anwendungen verwendet. Hier hängt es davon ab, wie man als Patient tickt. Es gibt manche Patienten, die kommen gut mit digitalen Gesundheitsanwendungen klar. Dann gibt es Patienten, die suchen eher das persönliche Gespräch. Hier muss man einfach austesten, wie es funktioniert. Es gibt nicht die 100-Prozent-Lösung für jeden.
Aber gerade bei Therapeuten- und Ärztemangel glaube ich schon, dass solche digitalen Gesundheitsanwendungen sinnvoll unterstützen können. Unser Traum ist - und auch Entwicklungsziel in Dresden - , dass wir sogenannte hybride Anwendungen entwickeln. Also die persönliche Vorstellung beim Arzt und parallel eine App, die den Patienten in der Ferne unterstützen kann. Dadurch, dass beide Systeme miteinander reden, der reale Arzt und das hybride Patientenbegleitsystem in der Ferne, hoffen wir, das Management der Erkrankung zu verbessern.

Patricia Fleischmann: Liebe Chatterinnen und Chatter, noch zehn Minuten - Zeit für Ihre allerletzte Frage :-)
Prof. Tjalf Ziemssen: Absolut. Wobei ich auch offline über tjalf.ziemssen@ukdd.de erreichbar bleibe...

Ylva: Ich kann Sie nur bestärken, hier ist es richtig schön und lebenswert!!!
Prof. Tjalf Ziemssen: Ja, das stimmt. Meine Schwiegereltern sind am Bodensee, meine Schwägerin und Schwager in Stuttgart.

Prof. Tjalf Ziemssen: Danke für das grosse Interesse. Bei Innovationen ist es extrem wichtig, dass man als Patient dabei ist. Genau wie wir Ärzte auch bei Innovationen immer beteiligt sein müssen. Einen schönen Abend.

Patricia Fleischmann: Liebe Chatterinnen und Chatter, haben Sie vielen Dank für Ihre interessanten und interessierten Fragen heute Abend!
Ein riesiges DANKE geht an Prof. Tjalf Ziemssen, der sich die Zeit genommen hat, hier und heute zum Thema KI in der MS-Diagnose und -Therapie zu antworten! 💐
Weiter geht es im Expertenchat zur Multiplen Sklerose am 3. Dienstag im April, dem 16.4.2024. Jederzeit am AMSEL-Dienstag warten andere Angebote auf Sie: Webseminare, Couchgespräche etc.
Allen miteinander wünsche ich einen schönen restlichen Abend 👋

Redaktion: AMSEL e.V., 19.03.2024