Als ich vor gut 23 Jahren die Diagnose bekam, war “Zuwarten” noch eine ganz gängige Herangehensweise an die MS und m.E. nicht die Schlechteste. Man schaute erstmal um was für eine Art MS es sich beim jeweiligen Patienten handelte und wurde erst medikamentös tätig, wenn es rasant weiterging. Wenn nicht … weiter abwarten und Tee trinken und das Leben genießen. So mancher Patient wusste wohl noch nicht mal von Anfang an Bescheid.

Das heutige Hit hard und early ist ja noch relativ neu. Wie gut sich das bewährt, wird man dann sehen und Leitlinien immer wieder neu anpassen müssen. Vielleicht kehrt man irgendwann, wenn die XXXXXL Keulen die Leute förmlich umhauen, ja sogar wieder ein bissel zurück zu den Wurzeln? Wer weiß das schon, was alles noch so kommt. Sehen tut man meist nur die Härtefälle, früher, wie heute. Genauso wie in Statistiken halt auch nur die Fälle auftauchen, die erfasst werden können. Wieviele da putzmunter beschwerdefrei und langjährig durch die Gegend hüpfen, ohne dass wer was davon mitbekommt, bleibt ein Geheimnis.

Und welcher Umgang mit der MS oder irgendeiner anderen Erkrankung richtig war, weiß man immer erst hinterher.

1 „Gefällt mir“

Moin zusammen,

bei mir war es ähnlich wie bei Bluna.
Meine ersten Symptome waren auch Sensibilitätsstörungen der linken Hand, die sich von alleine zurück
gebildet haben. Nach Untersuchungen beim Neurologen und einer LP dann die Diagnose im Januar 1993.
Der behandelnde Neurologe war auch für erstmal abwarten, was sich bei mir auch als richtig rausstellte. Ich hatte nach der Sensibilitätsstörung weit über 10 Jahre keine weiteren Probleme und war einfach nur einmal im Jahr zu einer Kontrolle im KH. So wurden mir praktisch mehr als zehn Jahre ohne Behandlung geschenkt.

Dann kam eine Sehnerventzündung und es gab die erste Kortisonbehandlung für 5 Tage. Jetzt erst stellte sich die Frage einer Basistherapie. Die verfügbaren Medis waren damals noch beschränkt.
So entschied ich mich für Avonex. Einmal die Woche spritzen erschien mir als beste Lösung.
Was sich als Irrtum herausstellte , das intermuskuläre Spritzen mit dem “Bolzenschussgerät” habe ich leicht unterschätzt und die NWs waren auch nicht ohne. Nach anderthalb Jahren konnte ich den Auslöser für das Spritzen nicht mehr drücken und so wurde ich auf Rebif 22 umgestellt. Das spritzte ich mir mit dem Rebismart dann fast 4 Jahre ohne NWs.
Dann kam Tecfidera auf den Markt und ich wollte weg vom Spritzen. So stellte ich 2014 um auf Tec.
Klar habe ich dann schnell den Normalbereich der Lymphozyten verlassen und habe seitdem eine Lymphopenie immer so um 800 µl, dass wird aber durch meine Neurologin regelmäßig kontrolliert und beobachtet.

So genug jetzt, ich glaub das war schon ein wenig ausschweifend. Hoffe aber es hilft ein wenig weiter.

3 „Gefällt mir“

Hallo,
durch ein eigenverantwortliches Handeln zeigt man, dass man auch persönlich hinter einer Therapie entscheidung steht. Nach meinem Reha-Doc ist dies dann auch günstig für dir Wirkung eines Medikaments.

M.E. gibt es stand heute nicht DIE EINE Lösung bei MS. Neben Schulmedizin gibt es auch viele andere Ansätze. Damit muss Du Dich für Deinen Weg bei der Behandlung Deiner MS entscheiden.

Nachdem ein Wechsel der Therapie bei mir angezeigt war, hat mir mein Neuro einige Medis aus dem Blumenstrauß der verfügbaren Medis aufgezeigt.

Ich habe mich bei dem Entscheid für ein anderes Medi von

  • Der Wirkweise des Medikament
  • von meinem Alter
  • den möglichen Nebenwirkungen

leiten und überzeugen lassen.

Basis war für mich neben den von @Mark696 bereits geposteten Leitlinien,
die gut aufbereitete Übersicht zu den Medis von dem Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose auf

Jedes Medikament ist verständlich in Patientenaufklärungen beschrieben.

Bei der Amsel findest Du auch einiges an Info-Material.
Multiple Sklerose Therapie 2022 – Welches Therapiekonzept passt zu mir? - Multiple Sklerose Videos und Podcast - AMSEL e.V.

MS behandeln - AMSEL e.V.

Liebe Grüße

1 „Gefällt mir“

Was ich noch einwerfen will zum Stichwort Leitlinien und Ärzte … Ich hatte zuvor einen Neuro, da gaben sich die Vertreter zunehmend die Klinke in die Hand und es wurde immer schwieriger, mit ihm klarzukommen. Er gab dann auch selber Schulungen, obwohl in der Praxis dringend gebraucht. Ärzte werden “fortgebildet” und beworben. Die einen sind empfänglicher als die anderen und sie geben ihre Informationen weiter. Das kann auch mal in eine unerfreuliche Richtung gehen.

Für Patienten ist es Fluch und Segen zugleich, sich in der heutigen Zeit, noch zusätzlich Infos einholen zu können.

1 „Gefällt mir“

Hallo Marius,

schwieriges Thema und schlecht zu raten. Ich empfehle Dir auch, ganz in Ruhe Informationen und Statistiken zu sichten und dann für Dich zu entscheiden. Ich hatte 1987 meinen „Start“ MS mit einer Trigeminusneuralgie, dann einige Jahre immer wieder mal Phasen von Schwindel und Gangunsicherheit. Ein Herd war Anfang der 90iger schon im CT zu sehen, es wurde aber nicht weiter diagnostiziert. Dann viele Jahre Ruhe und 2008 als Zufallsdiagnose im Rahmen einer anderen Untersuchung MS, dann schon mit nahezu 20 Herden. Ich habe mich bewusst gegen eine Therapie entschieden auf Grund von Sorgen vor Langzeitfolgen runtergefahrener Immunsysteme. Und auch die Statistiken von wenigen verhinderten Schüben auf viele Patientenjahre gerechnet haben mich nicht überzeugt.
Leider muss man eine Entscheidung treffen, die man eigentlich erst rückwirkend treffen kann. Ich bin jetzt 58, voll berufstätig, schon etwas eingeschränkt durch Fatigue und Gangunsicherheiten, aber sicherlich hätten mir Neben- und Langzeitwirkungen mgl. Therapien mehr zugesetzt. Für mich war meine Entscheidung richtig. Aber die Chance war 50/50, dass sie auch hätte falsch sein können.
Will sagen, wirklich raten kann Dir niemand seriös. Informier Dich und geh nach Deinem Gefühl und Abwägen des für/wider.
Alles Gute für Dich und im besten Fall einen blanden Verlauf, von denen es jede Menge gibt.

5 „Gefällt mir“

Hallo Danke_Marius!

Das ist keine einfache Entscheidung und ich wünsche dir da alles Gute! Ist ja immer sehr individuell und leider kann ja noch keiner vorhersagen, welche Therapie bei wem am Besten hilft. Finde es eine gute Idee, dass du dich da ein bisschen umhörst, um die Entscheidung für dich persönlich besser treffen zu können. Für mich war es vor allem auch hilfreich, dass ich einen sehr guten Eindruck von meinem Neurologen und den Ärzten in der Reha-Klinik hatte (fachlich, persönlich, individuell, neutral - vor allem Bauchgefühl natürlich - als Laie kann man das ja nicht wirklich beurteilen :wink: ) und diese unabhängig voneinander das Gleiche für mich empfohlen hatten und anderen Patienten wiederum anderes mit für mich plausibler Begründung.

Meine Symptome waren bei meiner Diagnose vor knapp 3 Jahren recht ähnlich wie bei dir - wobei das ja auch nicht unbedingt was heißen muss. Anzahl und Lokalisation der Läsionen und überhaupt der MS-Verlauf sind ja doch immer recht individuell.

Mir wurde damals empfohlen mindestens gleich mit einer Basis-Therapie (Kategorie 1) zu starten und dann Copaxone oder eventuell auch gleich mit Kategorie 2 und dann Gilenya. Zeposia hatte das Krankenhaus als Alternative innerhalb der damals laufenden Studie empfohlen - dem Neurologen war das damals aber noch zu neu und wollte das nicht riskieren und wenn dann lieber auf das schon bekanntere Gilenya setzen. Aber ob man das jetzt immer noch wo empfehlen würde? Die Tendenz geht ja inzwischen eher zu “hit hard and early”.

Sowohl der Neurologe, als auch die Reha-Klinik haben mich genau dazwischen gesehen, also zwischen Kategorie1 und 2. Es war also letztendlich ein Abwägen, ob gleich schon eine etwas höhere Wirkung, aber auch ein höheres Nebenwirkungsrisiko oder erst mal Basistherapie mit geringeren Nebenwirkungen.

Hatte mich dann vor allem auf Grund der potentiellen Nebenwirkungen erst mal für Copaxone entschieden. Das ging auch 2,5 Jahre gut und hätte eventuell auch noch länger gut gehen können - allerdings weiß man ja auch nicht, wie es ohne Copaxone gewesen wäre :wink:

Nachdem ich gesundheitsbedingt das regelmäßige Spritzen von Copaxone nicht mehr sicherstellen konnte und dann eine neue Läsion in kritischer Lage hatte, wurde mir Kesimpta empfohlen (natürlich auch in Abhängigkeit einiger weiterer individueller Faktoren) und habe die Therapie damit nun nach längerem Überlegen und Beraten lassen gestartet. Finde die nur noch monatlichen Injektionen sehr entspannt, wirkt aber natürlich nun deutlich stärker auf den Körper ein. Bin gespannt wie es mir damit jetzt dann weiter geht.

Was die Hand angeht: Weißt du schon, dass es bei den Ergotherapeuten auch speziell ausgebildete Handtherapeuten gibt? Das wurde mir in der Reha-Klinik nach dem ersten Schub empfohlen - hat mir sehr gut getan. Konnte erst auch nicht mehr schreiben und hab das dann langsam immer mehr gesteigert, bis ich da keine Einschränkungen mehr gemerkt habe. Auch mit den Sensibilitätsstörungen haben sie mir sehr gut helfen können.

Ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute bei deiner Entscheidung!

Viele Grüße!

1 „Gefällt mir“

Ich habe direkt mit Tysabri angefangen und fahre damit sehr gut. Keine Nebenwirkungen und seitdem (jetzt dreieinhalb Jahre) auch keine Schübe oder Verschlechterungen. So ganz allgemein sind die am besten wirksamsten MS-Medikamente auch die verträglichsten - nur mit höherem Risiko von schweren Nebenwirkungen verbunden. Wer sich mit den Risiken anfreunden kann, sollte meiner Meinung nach auch nichts schwächeres nehmen.

3 „Gefällt mir“

Die Patientenhandbücher, die Infos der Amsel, die hier auch schon erwähnt wurden und sich in die Studien und Statistiken einzulesen, fand ich für mich auch ganz hilfreich, um mir ein möglichst gutes Bild zu machen. Vor allem, wenn man dann Neurologen, auf deren Fachwissen man vertraut, noch offene Fragen stellen kann. Muss man aber natürlich auch die Muse zu haben.

In den letzten Tagen habe ich mich tatsächlich dazu entschlossen, genau diesen Weg einzuschlagen, den ich meinem Neurologen vorschlagen werde. Obwohl ich nicht uneingeschränkt von der Wirkung von Copaxone überzeugt bin, finde ich den Ansatz der Hyposensibilisierung interessant. Die Bestandteile sind im Grunde natürliche Aminosäuren, was zu geringen Nebenwirkungen führt und gut zu meinem Lebensstil passt. Ich bin bereits sehr engagiert in meinem Streben nach positiven Veränderungen. Mein Plan ist es, den Verlauf im nächsten Jahr weiterhin aufmerksam zu beobachten und neue Erkenntnisse zu sammeln. Anschließend könnte der nächste Schritt hin zu Kesimpta oder Zeposia führen.

@Danke_Marius

Ja, so ging es mir auch. Fand den Ansatz ganz interessant und bin nur ungern von Copaxone weitergewechselt. Aber auf Grund der Umstände war es jetzt so dann besser.

Bin gespannt für was du dich dann entscheidest und wie es bei dir weiter geht. Lass mal wieder von dir hören.

Hey,

habe meine Diagnose 2018 bekommen und habe mit Rebif gestartet. Davon hatte ich jedoch quasi immer Erkältungssymptome in der Nacht nach dem Spritzen und am nächsten Morgen (Fieber, Schüttelfrost, Gliederschmerzen, Erschöpfung). Mit dem Spritzen bin ich auch so nicht gut klargekommen, weil die Stellen angeschwollen, rot und schmerzempfindlich geworden sind. Eine Zeit lang habe ich es dann ohne Medikamente probiert, habe jedoch Läsionen im Kopf bekommen.

Daher wurde ich Anfang 2022 auf Aubagio umgestellt (Tabletten). Bis auf starken Haarausfall (anfangs typisch für das Medikament) hatte ich keine Nebenwirkungen bis heute. Die Haare wachsen auch alle wieder nach. Neue Läsionen habe ich bisher nicht. Die Leberwerte müssen bei dem Medikament regelmäßig kontrolliert werden, sind aber bei mir auch bisher immer gleich geblieben. Wenn man als Frau plant schwanger zu werden, muss man das Medikament vorher absetzen.

Ich bin sehr zufrieden mit Aubagio, für mich eine gute Alternative zum Spritzen. Ist aber sicher nicht für jeden, da es die Leber stark belasten kann.

Alles Gute und einen hoffentlich milden Krankheitsverlauf!

Kira

1 „Gefällt mir“

Letztendlich bleibt es ein Probieren und Anpassen. Meine Schwester hatte nur den Diagnoseschub, spritz Avonex und hatte seitdem keine Schübe mehr, genauso eine Freundin.
Eine Kollegin, ebenfalls Diagnoseschub und Tecfidera, seit 10 Jahren nix passiert.
Ich bin bei Medikament Nr. 6, anfangs gab es auch noch nicht sehr viel Auswahl, orale Therapie schon gar nicht.
Es ist gut sich schlau zu machen, zu fragen und selbst zu einer Entscheidung zu kommen.
Die Beratung der Neurologen ist manchmal dürftig, einige (z.B. Uni) wollte unbedingt nur ein Medikament, weil es damit noch nicht viel Erfahrungen gab und Forschungen liefen.
Man weiß nie, zu welcher Gruppe man gehört. Fortschritt mit Medikation, Stillstand unter leichter Medikation…
Gruß Anne

3 „Gefällt mir“

Nun, dass die ersten Jahre nach dem Diagnoseschub gut schubfrei sein können, muss nicht mal der Verdienst irgendeiner Medikation sein. Genau das war damals ja der Hintergrund des gern praktizierten Zuwartens. :older_adult: