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Gerinnungsfaktoren schädigen Nervensystem

Wissenschaftler weisen Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem und dem Entstehen von MS nach.

Was löst die MS aus? Diese Frage steht im Zentrum zahlreicher Untersuchungen. Wissenschaftler der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben nun eine mögliche Antwort gefunden. In Zusammenarbeit mit Kollegen der Universitäten Münster und Würzburg konnten sie einen Zusammenhang zwischen dem Blutgerinnungssystem und dem Entstehen von MS beim Menschen nachweisen.

Erst im Mai hatte die Forschergruppe die Rolle des Gerinnungsfaktors XII im Mausmodell der MS beschrieben (amsel.de hat berichtet). Und jetzt konnten sie zeigen: "Auch bei erkrankten Menschen sind diese und andere Gerinnungsfaktoren offenbar sehr bedeutend. Mit hoher Wahrscheinlichkeit sind sie die entscheidenden Motoren des schädlichen Entzündungsprozesses, der nach und nach das zentrale Nervensystem der Betroffenen angreift und zerstört", fasst Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz, Direktor der Neurologischen Klinik der Medizinischen Fakultät der UDE am Universitätsklinikum Essen zusammen.

Gerinnungsfaktoren im Fokus

"Wir haben untersucht, wie sich gesunde Menschen und Patienten mit neuroimmunologischen Krankheiten bei verschiedenen Gerinnungsfaktoren unterscheiden", so Dr. Kerstin Göbel von der Universitätsklinik für Allgemeine Neurologie in Münster. Im Experiment stellte sich heraus: Dort, wo Entzündungsprozesse stattfinden, ist nicht nur der Faktor XII erhöht. Auch der Spiegel der beiden Gerinnungsfaktoren Prothrombin und FX ist im Blut von Patienten mit schubförmiger MS höher als bei Gesunden. Verläuft die MS jedoch primär progredient oder leiden Patienten an der Erkrankung Neuromyelitis optica, so sind die Gerinnungsfaktoren unauffällig.

"Unsere Untersuchung legt nahe, dass Gerinnungsfaktoren die Entzündungsprozesse bei neurologischen Krankheiten maßgeblich vorantreiben", erläutert der Münsteraner Forschungsgruppenleiter Prof. Dr. Dr. Sven Meuth, der 2010 mit dem von AMSEL in Kooperation mit der Sobek-Stiftung verliehenen Sobek-Nachwuchspreis ausgezeichnet wurde. "Und dies macht sie zu idealen Zielen, die mögliche künftige Therapien aufgreifen könnten", ergänzt Prof. Dr. Christoph Kleinschnitz. Bereits vor einigen Monaten setzte die Arbeitsgruppe erstmals erfolgreich den Wirkstoff Infestin bei Mäusen ein, um den Gerinnungsfaktor XII zu blockieren. Mit ihrer jüngsten Veröffentlichung haben sie bewiesen, dass Gerinnungsfaktoren sich auch beim Menschen als Zielstruktur für MS-Therapien eignen könnten. Wie rasch die Entwicklung von hier an weitergeht, ist jedoch schwer vorauszusagen.

Quelle: Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen vom 18.11.16

Redaktion: AMSEL e.V., 23.11.2016