Hallo
War ne Woche in der Neuro, weil ich nen Schub hatte. Linke Gesichthälfte taub und bissi \\\“gelähmt\\\” - Facialesparese. Das Ohr ist auch super geräuschempfindlich. Dabei hat alles ganz harmlos mit Kopfschmerzen angefangen. Bin dann zur Sicherheit doch in die Klinik und über Nacht ist alles viel schlimmer geworden.
Habe dort 5 Tage Kortison (1000 mg) bekommen, ist aber nicht besser geworden. Bin dann am Montag heim. Jetzt will mir mein Neuro nochmal 3 Tage Kortison geben, diesmal 2000 mg (stimmen die einheiten? ich weiß es grad nicht so genau)…
was meint ihr?
muss ich dazu nochmal in die klinik?
besser wäre es, oder ?ach ja, ich spritze copaxone, hatte bisher erst einen schub (das war 2003) und es ist alles wieder weggegangen. jetzt mach ich mir narülich sorgen, das diesmal irgendwas zurückeibt
und… falls jemand aus dem raum karlsrhe komme… war schon jemand in langensteinbach in der neuro?
danke

Hallo Kati,

die Einheiten stimmen: 5 Tage lang 1 Gramm ist Standard, danach kann man es auch noch einmal mit 2 Gramm versuchen, auch bis zu 5 Tage lang. Eine dritte Stoßtherapie wird teilweise auch noch unternommen, wenn die zweite auch nichts bewirkt.

Die Studien zum Thema besagen, dass Cortison die Symptome nur schneller abklingen lässt - wenn es denn funktioniert. Der Effekt ist nur von kurzfristiger Bedeutung, innerhalb der ersten 3 bis 4 Monate nachweisbar. Danach ist es statistisch unerheblich, ob du Cortison genommen hast oder nicht. Mit anderen Worten: Was du für Symptome in einem halben Jahr haben wirst oder nicht haben wirst, ändert sich (vermutlich) kein bißchen durch das Cortison. Was du für Symptome in zwei bis 16 Wochen hast aber vielleicht schon - wenn du Glück hast.
Bedenkt man, dass Cortison auch nicht ganz ohne ist, sondern gerade in diesen Dosen eine ganz schöne Dröhnung darstellt, und dass durchaus öfters mal ziemlich viele Haare ein paar Monate nach einer Stoßtherapie ausfallen, sollte man da meines Erachtens schon abwägen. Wenn du deine jetzigen Symptome als eine empfindliche Einschränkung deiner Lebensqualität empfindest, würde ich dir zu einer weiteren Stoßtherapie raten. Kannst du mit den Symptomen aber einigermaßen so weiterleben wie gehabt, würde ich an deiner Stelle auf die Belastung durch eine Cortison-Therapie verzichten. Ich bin allerdings kein Arzt und nicht einmal direkt Betroffener, sondern nur Angehöriger. Mein Rat mag insofern nicht so viel wiegen. Dass deine Linke Gesichtshälfte ein “bissi gelähmt” ist und das Ohr “super geräuschempfindlich” klingt für mich schon so, dass es dich ziemlich stark belastet und daher Cortison einen Versuch wert wäre.

Eine Plasmapherese wäre sonst vielleicht auch eine Überlegung wert. Ist zwar experimentell, wirkt aber wohl bei gar nicht so wenigen MSlern, bei denen Cortison nichts bringt. Ist aber auch etwas invasiver: du bekommst einen Schlauch in eine der großen Blutgefäße, entweden in den Hals oder in die Leiste, damit dein Blut ausgewechselt werden kann.

Falls es dich interessiert - ich hatte mich mal etwas ausführlicher mit dem Thema Cortison in diesem Thread befasst: http://www.amsel.de/foren/index.php?kategorie=msforen&kategorie2=forum&tnr=1&mnr=15782&beitragnr=15782&aktpos_nav=0&thread_aktpos_nav=0&thread_showtheme=15782&archiv_flag=-1

Ich wünsche dir gute Besserung.

Hallo Bert,

vielen Dank für den Link auf Deinen Beitrag vom 22.8. Ich habe ihn gerade mit großem Interesse verschlungen! Seit meiner ersten Sehnerventzündung (2004, fast totaler Gesichtsfeldausfall, 7x1000 mg Corti, bis heute nur 60% Sehkraft zurück, inzwischen zweite Sehnerventzündung und klinisch gesicherte MS) rätsele ich daran herum, ob Corti nun wirklich das Mittel der Wahl ist. Im Blick auf die heftigen Nebenwirkungen zweifele ich daran mehr und mehr und die Studien scheinen das ja zu bestätigen. Ich tendiere inzwischen sogar dazu, Wolfgang Weihe zu \\\\\\\“glauben\\\\\\\”, dass Corti zwar die Sehkraft schneller zurück bringt (bei mir ab dem 5. Tag der Infusionen), aber u.U. mit einer schlechteren Narbenbildung erkauft wird. Ich habe immer mal Tage, an denen es NOCH schlechter ist als üblich und Phasen, in denen es wie eine neue SNE aussieht. Wie geht es Deiner Freundin inzwischen damit?

Bist Du zufällig bei Deinen Recherchen auch auf Studien gestoßen, die die Wirkung von Corti auf die sekundär-progrediente Verlaufsform von MS untersuchen? Ich scheine da drin zu sein (ich war schon 45, als es das Elend anfing) und frage mich angesichts der Ergebnisse in Bezug auf die Reduktion des Behinderungsgrades bei halbjährlicher Corti-Stoßtherapie, ob ich mir das antun sollte.

Viele Grüße
von
Joyce

Hallo Joyce,

an Ergebnisse zu sekundär-progredientem Verlauf kann ich mich nicht mehr erinnern, sorry. Ich denke aber, dass die auf jeden Fall nicht besser sein werden als die anderen Studienergebnisse. Wäre zumindest merkwürdig, wenn doch.

Bei meiner Freundin hat sich in Bezug auf die Seheinschränkung überhaupt nichts getan. Beim Kontroll-MRT im August war ein neuer kleiner Herd zu sehen, womit die Diagnose gesichert ist. Diese Woche soll nochmal ein MRT gemacht werden. Basistherapie möchte sie erst einmal nicht.

Es gab eine Studie, an die ich mich leider nur noch sehr dunkel erinnere, die eine regelmäßige Abgabe von Cortison untersucht hat und zumindest leichte Erfolge damit verzeichnete. Also keine Stoßtherapie, sondern quasi Basistherapie mit Cortison. Insofern bin ich mir nicht so sicher, ob Cortison wirklich nur schlecht ist. Aber ich würde auch nicht ausschließen, dass Weihe mit der Narbenbildung vielleicht recht hat.

Auf jeden Fall ist Cortison eigentlich nur eine Verlegenheitslösung der Ärzte - damit sie überhaupt etwas tun können. Und ich denke, dass so etwas bei einem Erstschub auch ok ist: Wenn du dich noch nie mit MS befasst hast und plötzlich ein massives Symptom bekommst, ins Krankenhaus gehst und die Ärzte dort nur sagen: “Tja, wir können für Sie nichts tun, was ihnen wirklich helfen wird. Warten Sie ab, vielleicht haben Sie Glück und es wird schon wieder.” - das wäre psychosozial schon eine echte Katastrophe.

Aber aufgeklärte Patienten sollten meines Erachtens Cortison wirklich nur dann nehmen, wenn sie heftige Einschränkungen haben, gute Erfahrungen mit Cortison gemacht haben und/oder wissen, dass sie davon keine heftigen Nebenwirkungen bekommen.

Dir auch alles Gute, Joyce!

Hallo Bert,

danke für Deine schnelle Antwort. Ich bin völlig einverstanden mit dem, was Du über die psychosoziale Funktion von Cortison schreibst. Aber im Verlauf der MS wird umgekehrt auch ein Schuh daraus. Seit ich nicht mehr denke, dass ich bei jedem neuen Symptom sofort zum Neurologen muss, damit nur ja rechtzeitig mit Cortison Schlimmeres verhindert wird, kann ich mit der MS viel entspannter umgehen.

Dass Deine Freundin erst einmal keine Basistherapie will, kann ich gut nachvollziehen. Ich habe nach der ersten Sehnerventzündung auch erst einmal ganz klar Nein dazu gesagt und bin bis heute dabei geblieben. Sich diese furchtbare Spritzerei anzutun und nie zu wissen, ob die MS nicht auch ohne BT ganz friedlich verlaufen wäre, das ist nicht mein Ding. Und die Studien zu den Wirkungen der diversen BTs sind ja nicht gerade ermutigend. M.E. stehen die nachweisbaren Wirkungen und die tatsächlichen Nebenwirkungen in keinem vernünftigen Verhältnis. Im Grunde scheint mir das ganz ähnlich wie bei dem Cortison zu sein: Es sind Behandlungen, die den Patienten das Gefühl geben, etwas aktiv zu tun gegen eine Krankheit, bei der sie sich sehr passiv und ohnmächtig erleben.

Es tut mir leid, dass es mit der Seheinschränkung immer noch so schlimm ist. Das fühlt sich an wie das Ende der Welt, wirklich furchtbar! Aber es kann sich auch nach vielen Monaten noch etwas verbessern. Bei mir war das jedenfalls so – und ich nehme mal, an dass deine Freundin ein paar Jahre jünger ist als ich und noch viel mehr Kräfte zur Regeneration in sich hat.

Weiterhin alles Gute
wünscht
Joyce

Danke für dein Mitgefühl.

Ja, schnell bei jedem kleinen Symptom zum Neuro zu rennen, macht überhaupt keinen Sinn. Das zu wissen hat auf jeden Fall etwas Entspannendes. Aber es ist halt auch ein ziemlich fatalistisches Wissen. Mir wäre es lieber, wenn die Ärzte tatsächlich ein wirksames Medi in der Hand hätten.

Was die Basistherapie angeht: Ich würde es eigentlich lieber sehen, wenn sie Tysabri nehmen würde. Es ist nicht ganz klar, ob wir da rankommen würden, weil sie halt noch keine anderen Medis genommen hat. Aber wenn wir es drauf anlegen würden, würde sich wohl schon ein Arzt finden lassen. Das Problem ist das Langzeitrisiko von Tysabri, das einfach niemand abschätzen kann. Aber andererseits schläft die MS auch nicht. Und wenn die Studien zu Tysabri nur halbwegs der Wahrheit entsprechen, ist das Zeug ziemlich effektiv. Keine Heilung, aber fast ein vollständiger Stopp der Enzündungsaktivitäten.

Es ist letztlich ihre Entscheidung und die kann ich auch gut verstehen. Ich würde mich trotzdem besser fühlen, wenn sie Tysabri nehmen und vertragen würde. Ich habe vor der Krankheit größere Angst als vor dem Medi. Aber vielleicht würde ich das anders sehen, wenn ich in ihrer Haut stecken würde.

Interferone kommen nicht in die Tüte. Und Cop ist auch nicht so richtig überzeugend. Ihre Neurologin hat uns von Tysabri abgeraten (wegen der PML-Fälle, was ich als Argument obsolet finde) und uns stattdessen Hoffnung darauf gemacht, dass Fingolimod vielleicht nächstes Jahr verfügbar ist. Ich nehme an, dass das aber doch noch ein bißchen länger dauern wird und mir ist auch nicht klar, was der Vorteil von Fingolimod gegenüber Tysabri sein soll, außer vielleicht dass eine Tablette vom Setting her netter als eine Infusion ist. Das Langzeitrisiko ist jedenfalls genauso unklar.

Naja, das Thema wird uns sicherlich weiter beschäftigen. Mal sehen was die MRT-Bilder sagen …

Alles Gute,

Bert

Hallo Kati,
ich hatte Mitte September auch eine Facialesparese, allerdings nicht sehr stark, Auswirkungen gab es hauptsächlich aufs Sprechen. Ich habe Kortisoninfusionen beim Neurologen bekommen (5x500mg) und dann noch mit Tabletten ausgeschlichen. Die Symptome waren danach nicht wirklich besser, aber inzwischen, ungefähr seit Ende Oktober habe ich keine Beeinträchtigungen mehr. Für das Sprechen habe ich noch logopädische Übungen verordnet bekommen, die auch deutlich geholfen haben. Für mich war das jetzt auch der zweite Schub nach 5 Jahren.
In Langensteinbach in der Neurologie war ich beim ersten Schub, ist also schon etwas länger her. Mein Eindruck damals: Arbeiten fachlich sehr gut, meine Diagnose habe ich auch extrem schnell bekommen, wenn man nur zur Schubbehandlung da ist, kümmert sich allerdings keiner um einen, man bekommt morgens um 5.00 Uhr seine Infusion und damit hat sich’s. Trotzdem würde ich wohl wieder nach Langensteinbach gehen, wenn es notwendig würde.
Wünsche dir alles Gute!
Ilka