Liebe Alle,

ich habe bereits seit einigen Monaten das Forum gelesen, aber bisher nichts geschrieben. Kurz zu mir: Mitte 30, weiblich, PPMS diagnostiziert im Herbst 2021. Gehen fällt mir nicht leicht. Ich nutze im Alltag Nordic-Walking-Stöcke, um mehr Stabilität zu haben.

Jetzt habe ich eine sehr blöde Situation mit meinem Arbeitgeber und würde gerne Ihren/Euren Rat holen.

In meiner aktuellen Firma arbeite ich seit 2 Jahren. Bis heute haben wir aufgrund der Pandemie komplett in Home-Office gearbeitet. Erst gegen Ende des Jahres soll das ändern. Meinen Kolleg:innen, die ich bis heute nur ein paar Mal in Präsenz gesehen habe, habe ich damals gesagt, dass ich Rückenprobleme habe.

Für nächste Woche ist aber ein wichtiger Vor-Ort-Termin geplant, wo meine Anwesenheit notwendig ist. Das Gebäude ist aber nicht klimatisiert und dort wird es an den sonnigen Tagen sehr heiß. Laut der Wettervorhersage sollen es an dem Tag 30 Grad sein. An solchen Tagen schaffe ich nur mit einem mobilen Klima-Gerät zu arbeiten. Wenn im Raum über 25 Grad, kann ich nur ganz kurz dort aufhalten. Sehr schnell wird mir ganz schlecht. Ich kann gar nicht mehr gehen, Kopf ist schwer etc. Und unsere Veranstaltung ist von 10 bis 16 Uhr geplant. Das werde ich nicht schaffen.

Gestern habe ich ohne viel Nachzudenken mit einer Person aus der Geschäftsführung nach einem gemeinsamen Online-Termin spontan gesprochen und gesagt, dass ich möglicherweise nicht teilnehmen kann, da ich aus den gesundheitlichen Gründen Probleme mit der Hitze habe und ohne Klima nicht lange aufhalten kann. Ich habe dann auch erwähnt, dass ich eine chronische Erkrankung habe. Diese Person meinte, sie wird sich überlegen, ob man evtl. etwas organisieren könnte – dass ich z.B. nur am Vormittag anwesend bin etc.

Ganz schnell danach hat sich bei mir aber unserer Personalverantwortlicher und Geschäftsführer per E-Mail gemeldet und mit viel Ärger geschrieben, ich sollte mich mit solchen Fragen direkt an ihn wenden. Da meine Erkrankung mich „in der Arbeit insofern einschränkt, als dass“ ich nicht an dem Treffen teilnehmen kann, will er, dass ich ihm „eine Attestierung zusende, auch im Sinne der Anwendung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes“.

Jetzt habe ich eine leichte Panik, ob ich nicht eventuell einen Fehler gemacht habe – dadurch, dass ich dieses Thema in meinem Job so schnell und ohne richtige Vorbereitung angesprochen habe. Das ist zwar ÖD, aber ich mache mir jetzt Sorgen, ob jetzt nicht irgendwelche Nachteile auf mich kommen. Vor allem, weil der Ton der E-Mail sehr ärgerlich war.

Deswegen meine Frage: Habt Ihr/Haben Sie Tipps für mich, wie ich mich am besten verhalten soll? Und was ist das genau für eine Attestierung? Kann ich das einfach bei meinem Hausarzt holen? Wird die Diagnose dort reingeschrieben? Geht es um eine allgemeine Bestätigung einer chronischen Erkrankung oder soll das genau um den Tag des Treffens bezogen sein (wie AU?)

Ich wäre für jeden Tipp und jede Meinung sehr dankbar, da ich mich jetzt sehr verunsichert fühle…

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Hallo,
soll dein Arzt bescheinigen, dass du an dem Treffen nicht oder nur kurz, besonderen Vorkehrungen teilnehmen kannst, oder soll dein Arzt dir eine Bescheinigung über eine chronische Krankheit ausstellen?
Wahrscheinlich hast du keinen SBA beim Arbeitgeber vorgezeigt?
Aus datentechnischen Gründen, darf keine Diagnose auf dem Attest stehen.
Ob es gut oder schlecht ist, mit dem Arbeitgeber zu sprechen - da gibt es viele unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen.
Ich konnte meine Diagnose nicht geheim halten, arbeite im Krankenhaus und der erste Schub war so heftig. Meine Kollegen haben mich im KH besucht, sahen, dass ich kaum mehr laufen kann, dass ich auf der Neuro lag und einen Dialysekatheter hatte - da konnten sie sich schnell zusammenreimen was los ist, zudem war mein Abteilungschef ein guter Freund von mir.
Die oberen Abteilungen haben so erfahren was los ist, bevor ich was gesagt habe.
Es ist in massives Mobbing von den obersten Chefetagen gekommen und nach 20 Dienstjahren, war ich plötzlich nichts mehr wert - eine Belastung…
Ich drücke dir die Daumen. Wenn deine Erkrankung deine Arbeit nicht beeinträchtigt musst du deinen Chef nicht über die Diagnose in Kenntnis setzen. Wenn du krankheitsbedingt deine Leistung so nicht mehr bringen kannst, musst du deinen Chef informieren - wobei die genaue Diagnose nicht ausschlaggebend ist.
Alles Gute!
Anne

Hast du einen GdB? Eventuell ergibt sich daraus ein entsprechender Nachteilsausgleich.

Lg

Ich hatte mein “coming out” erst nach etlichen Jahren im Job, als meine Gehprobleme nicht mehr mit Ischias etc. zu erklären waren…

Hattest Du die gesicherte Diagnose bereits VOR Antritt der Stelle?
Wieviele Mitarbeiter hat die Firma?
Betriebsrat?

Meine ehrliche Einschätzung.
Wenn Deine Gangunsicherheit ohne die Stöcke sichtbar ist kommst Du nach Deiner Erwähnung “chronische Erkrankung” nicht mehr umhin, die Katze aus dem Sack zu lassen, sorry.

  • Der Arbeitgeber kommt bei solchen Sachen immer gerne mit seiner “Sorgfaltspflicht” um die Ecke.
    Spätestens dann ist es soweit die Karten auf den Tisch zu legen…

Das Ganze Thema ist jeweils höchst individuell zu betrachten.
Da kann jeder nur für sich sprechen.

Ich wünsche Dir weiter alles Gute in der Sache.

LG
Uwe

Vielleicht kann dir das Beratungsteam von Amsel weiterhelfen?

Habe selbst noch keinen Kontakt aufgenommen.
Auf jeden Fall viel Glück bei allem Weiteren.

Hallo Anne,

danke für deine Rückmeldung und freundliche Worte. Einen SBA habe ich nicht. Soweit ich weiß, erfülle ich nicht die Bedingungen dafür.

Ich habe es so verstanden, dass der Chef eine allgemeine Attestierung über die chronische Erkrankung braucht (Kann der Hausartzt so was geben?). Anscheinend glaubt er mir nicht. Es wäre schön, wenn dort keine Diagnose stehen muss. Andererseits, wenn der Artz zum Beispiel den Uhthoff-Phänomen anspricht, kann man evtl. schon nachvollziehen, worum es bei mir geht.

Ich kann sonst meine Aufgaben noch gut erfüllen. Es geht nur um diese Sache mit der Hitze, die ich nicht leider kann.

Hallo,

Bei uns würde ich mich an den Betriebsrat wenden. Am besten Schwerbehindertenvertretung. Mit dem habe ich am Anfang offen gesprochen und Schweigepflicht auflerlegt. So konnte ich einiges klären und Tipps ab

Ich hab eine Bescheinigung vom Neurologen wegen parken auf dem Gelände bekommen. Ohne Diagnose.

Mein Chef hat auch nicht gefragt. Also alles gut. Ich hätte auch ne Empfehlung für home Office haben können.

Brauch ich aber nicht da ich meinem vorgesetzten davon erzählt hab…

Grüße Anke

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Du schreibst oben “Gehen fällt mir nicht leicht” Ich vermute mal das ist unabhängig vom Wetter.

Wie willst Du das in Präsenz zukünftig den Kollegen immer wieder von neuem erklären?
Du hast Dich da leider in eine ungünstige Situation manövriert.

Eine “chronische Erkrankung” mit einhergehender Wärmeempfindlichkeit wird Dir so allgemein kein Arzt bescheinigen.

Mein Tipp
Als ich noch “anonym” unterwegs war, habe ich heiße Bürotage ohne Klimaanlage mit einem Kühlshirt überbrücken können. Lasst sich unbemerkt unter einem Hemd bzw. Bluse tragen und hält einen kompletten Arbeitstag.

Kühlshirt e-cooline

Konnte damit auf dem Niveau der andern mitjammern. :sunglasses:

So long
Uwe

Das klingt ein wenig nach internen Kabbeleien, wer da intern das Sagen hat. Ich würde mir da nicht so viel Gedanken drüber machen. Manche Personaler und Geschäftsführender nehmen sich furchtbar ernst und mögen es nicht wenn sie übergangen werden. Lege einfach eine Bescheinigung vor, es doch gut das er im Sinne des Gleichbehandlungsgesetzes handeln will.

Im Attest steht keine Diagnose, aber es gibt nicht so viele chronische Krankheiten bei denen man bei Hitze Probleme bekommt. Sehr wahrscheinlich ist die Katze jetzt aus dem Sack, aber was solls. Es ist ÖD, da ticken die Uhren ein wenig anders als in der freien Wirtschaft. Das er ärgerlich war, hatte sicherlich nichts mit dir zu tun. Du hast ja nichts falsch gemacht.

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Hi, wenn sich das 100% Home Office, so wie ich es verstanden habe, gegen Ende des Jahres ohnehin ändern soll, wirst du aber ja künftig öfter das Problem haben. Da reicht dir ein Attest für den einen Tag ja ohnehin nicht aus. Ich für meinen Teil würde die Wahrheit sagen. Kann aber auch Nachteile haben.

Finde es leider ehrlicherweise etwas schwierig. 6 Stunden Meeting sind nicht lang. Vllt kannst du ja versuchen die von Uwe vorgeschlagene Kühlweste oder so zu tragen. Zumindest künftig wenn solche Meetings anstehen. Ggfls kannst du dich auch dauerhaft von solchen Präsenzterminen befreien lassen, aber ich weiß aus Erfahrung von Kollegen, dass man damit leider schnell in so eine Außenseiterrolle gerät. Deshalb quäle ich mich selbst zu solchen „Events“, auch wenn ich oft innerlich Tode sterbe…

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Warum machst Du Dir diesen Stress? Du hast schon viel verraten und vielleicht ist man deshalb “beleidigt”.
Mach ein persönliches Gespräch. Was kann noch passieren? Auffallend ist Dein Gangbild scheinbar schon?
Ich arbeite im Krankenhaus auf einen Intensivstation und JEDER hatte Verständnis für mich. Bin aber weniger eingeschränkt. Meine Belastbarkeit nimmt ab. Das ist ein anderer Bereich, ich weiß. Es gibt nicht so viele Menschen, die so " Böse" sind.
Mach Dir ein gutes Konzept, wie Du das machst und warum erst jetzt ,
Ich wäre offen und ehrlich.

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Ohne Schwerbehindertenausweis und mind 30 % Gdb wird es schwer im Betrieb auf offene Ohren zu stossen . Ich arbeite auch im Homeoffice . Telefoniere für einen grossen Mobilfunkanbieter . Bis jetzt gab es für mich keine nachteile . Meine Leistung stimmt . Deshalb lässt mich mein Betrieb in ruhe . Wir haben mehrere Schwerbehinderte beschäftigt und eine Schwerbehindertenvertretung .
Ich sitze im Rollstuhl . Brauche zum glück nicht zum arbeiten in die Firma. Was mir sehr schwer fallen würde .
Der Tag kommt da wirst du dich deinem Betrieb offenbaren müssen . Da ist ein Gdb hilfreich .
Wenn du deine Leistung bringen kannst trotz deiner Einschränkung sind die Chancen gar nicht schlecht das du auf offene Ohren stösst .
Wenn nicht kann man da nichts vorhersagen .
Aber ohne was nachweisbares in der hand wird es schwer für dich .

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Du schreibst oben “Gehen fällt mir nicht leicht” Ich vermute mal das ist unabhängig vom Wetter.

Wie willst Du das in Präsenz zukünftig den Kollegen immer wieder von neuem erklären?
Du hast Dich da leider in eine ungünstige Situation manövriert.

Eine “chronische Erkrankung” mit einhergehender Wärmeempfindlichkeit wird Dir so allgemein kein Arzt bescheinigen.

Mein Tipp
Als ich noch “anonym” unterwegs war, habe ich heiße Bürotage ohne Klimaanlage mit einem Kühlshirt überbrücken können. Lasst sich unbemerkt unter einem Hemd bzw. Bluse tragen und hält einen kompletten Arbeitstag.

Kühlshirt e-cooline

Konnte damit auf dem Niveau der andern mitjammern. :sunglasses:

So long
Uwe

In der Tat
Nach meinem “coming out” waren meine Forderungen nach außertariflichen Gehaltserhöhungen plötzlich nicht mehr erfolgreich, trotz gleicher Leistung wie vorher…

Ich habe das geahnt und habe mich daher mit allerlei “Hilfsmitteln” jahrelang über Wasser gehalten.
Und das war für MICH gut so. :sunglasses:

So long
Uwe