Hey zunächst, zugegeben habe ich morgen Geburtstag und hatte mir in den letzten Jahren aus irgendeinem Grund angewöhnt über die vorhergehenden zwölf Monate nachzudenken. - Das war bereits bevor die MS mir mal gehörig reinrupfte und man lange damit zu kämpfen hatte.

Es blieben aber Fragen für mich stehen. Und will gerne mal wissen ob es anderen nur durch Ihre individuellen Einschränkungen, bestenfalls aber die des motorischen Ausfalls, ähnlich geht:

Glaubt Ihr, es hat euer tun und handeln im miteinander verändert?

Seit ihr umgänglicher, sozialer, geduldiger oder empathischer im miteinander geworden?

Würde sich es wieder ändern wenn es sich alles bessert oder verschwindet?

Wenn ich mich im Verlauf des Lebens so beobachte, stelle ich fest, daß ich empathischer und geduldiger geworden bin. Und tatsächlich scheint der Beginn der Erkrankung da eine Rolle gespielt zu haben.

Ich glaube aber nicht, daß bei mir die Einschränkungen oder motorische Ausfälle ausschlaggebend waren. Eher sehe ich das so:

Als mich in der Mitte des Lebens ein schwerer Schub aus allem heraushebelte, hatte ich viel Zeit, über mein bisheriges Leben nachzudenken und darüber, was schief gelaufen sein könnte. Sehr vieles wurde mir in dieser Zeit klar. Und ein Aspekt war die Erkenntnis, daß dieses Herumgehetze, die Ungeduld und damit verbunden auch mangelnde Empathie anderen gegenüber nichts bringt und ganz im Gegenteil nur schadet. Sogar der Gesundheit.

Es war einfach diese Erkenntnis. Und auch ein Gefühl. Und seither versuche ich das umzusetzen, Schritt für Schritt, nach und nach, und das auch zu üben.

Mit mehr Geduld und Empathie lebe ich nun viel angenehmer. Und auch das soziale Miteinander ist schöner und angenehmer. So daß ich dieses Verhalten nicht mehr ändern möchte, egal wie meine Gesundheit sich entwickelt.

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Finde ich richtig gut, das zu hören und kenne das. Was hat sich dann weitergehend bei dir verändert?

@Nalini: Bei ist es etwas anders, ich bin mittlerweile egoistischer geworden. Wenn mir etwas nicht gefällt, gehe ich. Das gilt beruflich oder auch privat. Ich war lange Zeit viel zu nachgiebig und habe mir viel gefallen lassen, auch war mein Selbstbewusstsein war sehr immer gering. Mittlerweile weiß ich wie stark ich bin und dass das Leben zu kurz ist für Blödsinn. Empathie habe ich noch, aber ich versuche mich damit zurückzuhalten. Geduld habe ich keine mehr, entweder alles oder gar nichts. Kein BS mehr, nur “real talk”.

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Ich habe / musste einiges ändern. Darüber könnte ich schon ein kleines Büchlein schreiben.

Mehr vielleicht irgendwann mal … Sei mir bitte nicht böse und nimm es nicht persönlich, aber für heute habe ich hier im öffentlichen Forum (gefühlt) genug aus dem privaten Nähkästchen geplaudert :face_with_open_eyes_and_hand_over_mouth:

Empathie und ein gesunder Egoismus müssen sich nicht ausschließen. Und Empathie bedeutet für mich auch nicht, zu nachgiebig zu sein und sich zu viel gefallen zu lassen. Empathisch zu sein bedeutet auch nicht, anderen keine Grenzen zu setzen, vor allem, wenn man Gefahr läuft, selbst zu Schaden zu kommen.

Und wenn du ungeduldig besser durchs Leben schreitest, dann ist das dein Weg und er sei dir gegönnt. Was gut tut, muss jeder selbst für sich herausfinden, wie auch hier im Forum immer wieder festgestellt wird.

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Erstmal happy Birthday und hab einen schönen Tag! :gift::tada:

Und zu deiner Frage: Anfangs, nach der Diagnose war ich sehr gereizt und unglücklich, was ich leider auch auf meine Mitmenschen übertragen habe. Ich dachte nämlich mein Leben wäre vorbei und ich würde in Zukunft nur noch vor mich hin vegetieren.
Etwas später habe ich aber Erfahrungen anderer gelesen, die positiv und voller Hoffnung in die Zukunft schauten, trotz MS.
Irgendwann habe ich wieder angefangen zu beten vor Hilflosigkeit, weil ich sonst nirgendwo Trost und Hoffnung finden konnte, denn das Wissen dass sich mein eigener Körper selbst zerstört, hat mich völlig fertig gemacht. Ich fand es viel zu früh mit 23 Jahren schon so krank zu sein und nicht zu wissen wie sich die Krankheit und mein Leben entwickeln werden. Diese Unwissenheit war das schlimmste für mich und mein seelischer und körperlicher Zustand verschlimmerten sich immer mehr. Dann habe ich meine Bibel gefunden, die ich mal geschenkt bekommen habe und weil ich zur Zeit meines zweiten Schubes nicht mehr arbeiten konnte, war mir langweilig und ich habe angefangen zu lesen. So oft ich Zeit hatte.
Um es kurz zu fassen: Ich genieße mein Leben jetzt mehr als vor meiner MS. Ich traue mich mehr Sachen zu machen und besitze viel mehr Empathie und Liebe als früher. Ich habe nämlich keine Angst mehr vor meiner Zukunft denn ich weiß dass mein Leben in der Hand meines Schöpfers liegt und inzwischen ist mir wichtiger wo ich meine Ewigkeit verbringe, als mit welcher Krankheit ich die kurze Zeit auf Erden verbringe.
Durch die Krankheit habe ich auch gelernt mehr auf mich selber und auf andere zu achten und viele Probleme in meinem Leben haben sich gelöst weil sich auch mein Verhalten zum positiven verändert hat.
Ich kann kaum glauben dass ich jetzt sowas sage, weil früher hätte ich Gott nur Vorwürfe gemacht, aber heute bin ich dankbar für meine Krankheit, denn ohne hätte ich wahrscheinlich niemals angefangen Bibel zu lesen und mein Leben wäre irgendwann sinnlos und trist zu Ende gegangen…

Jetzt ist mein Text viel zu lang geworden aber das musste ich einfach los werden weil ich mein Glück und meinen gefundenen Frieden am liebsten mit der ganzen Welt teilen möchte! 🫶
Ich wünsche mir für alle Betroffenen, dass keiner so trostlos mit seiner Krankheit leben muss wie ich am Anfang, sondern dass jeder weiß, dass wir nicht umsonst so wundervoll erschaffen wurden und dass so eine Krankheit die u.a. durch von uns Menschen verursachte Umweltschädigung entsteht (laut meinem Neurologen), unser Leben nicht negativ beeinflussen muss 🫶

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Voreilig, aber danke für deine zahlreichen lieben Worte. Mein Geburtstag ist erst morgen. :slight_smile: @Elli99

@FujurFujur @Nalini genau das ist das Problem, ich hab das Gefühl mich wieder zwischen den Stühlen zu befinden und die Karten seit wenigen Monaten nun völlig andere sind als die letzten Jahre davor.

Alle Gute zum Geburtstag!

Veränderungen. Ja, die finden Täglich statt, ob mit MS oder ohne. Man verändert sich laufend und in wiefern das nun der Fall war bezüglich der Krankheit, da müsste ich meine Umgebung fragen, wie die das empfindet. Ich glaube nicht, dass bei der Veränderung nun MS die erste Geige spielte. Da waren auch so viele andere Dinge. Es ist gut, dass jetzt jetzt ist. Ich würde nix zurückdrehen wollen. 2024 stehen wieder einige Veränderungen an. Es ist spannend.

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Mir ist nicht klar, wie du das jetzt meinst und sehe auch keinen Zusammenhang zum ursprünglichen thread-Thema (Empathie, Geduld).

Aber ist vielleicht heute nicht so wichtig. Heute ist dein persönlicher Feiertag. Ich wünsche dir alles Gute zum Geburtstag und hab schöne Stunden :birthday:

Nur weil du eine Krankheit hast, bedeutet das doch nicht dass sich deine Persönlichkeit komplett verändert. Du bist und bleibst der gleiche Mensch, dir werden nur in gewissen Abständen Steine und Gebirge in den Weg gelegt, die dich im Fortkommen verlangsamen. Ich glaube, du grübelst viel zu viel nach. Denke lieber daran, was du im Leben erreichen willst und lasse dich nicht durch die MS daran hindern. Man kann eine Krankheit auch zur Lebensaufgabe machen, ich finde das sehr hinderlich und kontraproduktiv.

Ich habe mich vor ein paar Wochen auf einen Job beworben, an den ich mich früher nie herangetraut hätte. Nun bin ich zu weiteren Interviews eingeladen, was mich sehr stolz macht. Der Job ist mit europaweiten Reisen verbunden - das war immer mein beruflicher Traum. Sollte ich den Job bekommen, wird das natürlich eine Herausforderung aber ich habe es immerhin versucht.

Die MS mag vielleicht die Kontrolle über deinen Körper haben, aber du hast die Kontrolle wie dein Leben verläuft. Solange du nicht im Koma liegst oder an Schläuchen hängst, kannst du fast alles machen wie die anderen auch. Also - was auch immer du vorhast: Just do it!

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Vielleicht ist es auch gerade eine Erkrankung oder auch ein anderes einschneidendes Ereignis, das die wahre Persönlichkeit formt und zeigt, jenseits von Maske und Theater. Alle Schwächen und Stärken haben da ihre Chance, gesehen zu werden.

Aber wie gesagt, man wird älter, man trifft jeden Tag zig kleinere und größere Entscheidungen, woher will man so genau wissen, welche Veränderungen nun genau nur von einem einzigen Ereignis kommen. Eine Erkrankung kann persönliche Probleme und Eigenheiten u.U. zuspitzen und Veränderungen beschleunigen. Der innere angelegte Kern muss da nicht verändert sein.

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Bin gerade auf dieses interessante Thema gestossen…
Ich glaube, das man sich mit dem altern eh verändert, und beim Lesen kam mir der Gedanke, ich bin froh, so “spät” die Diagnose erhalten zu haben.
Ich bin davor schon ruhiger geworden, Empathie spielte schon immer eine Rolle in meinem Leben, und auf meine persönlichen Bedürfnisse habe ich auch gelernt zu achten.
Jetzt, mit 51 und MS, bin ich immer noch ich, nur mein Körper schränkt mich etwas mehr ein. Es ist ein komisches Gefühl von: ich bin vorbereitet auf meine MS.

Ja sicherlich verändert man sich mit dem Alter.

Jedoch denke ich schon, dass eine Krankheit normals wesentlich dazu beiträgt.

Wenn man “immer” gesund und fit war, in den Bergen unterwegs, selbstständig war … und dann wird man quasi “aus dem Leben” gerissen - braucht jemanden, selbst für Kleinigkeiten, dann zermürbt das einfach und verändert nachhaltig den Charakter.

Andere, die herumtollen, Urlaubsreisen machen, schwimmen/wandern gehen…
Nicht mal dran denken…bei den Temperaturen auch nur irgendwas zu unternehmen…
Und wieder ein Sommer, der vorbeigeht…

Ich denke schon, dass das einen Menschen verändert.

Lg

Lg

In der Anfangszeit nach meiner Diagnose war ich positiv und motiviert, gesellig und interessiert.
Lediglich mein Partner fand mich egoistischer wie früher. Hab mir halt auch mal Auszeiten genommen.
Leider habe ich mich wahrscheinlich durch meine psychologische Verhaltenstherapie zum Negativen verändert. Diese endet nun nach 18 Monaten. Ich habe in dieser Zeit Freundschaften halbwegs ruiniert und meine Beziehung hat es auch nicht geschafft.

Mein Hausarzt war jahrelang dagegen, aber wenn von allen Seiten kommt bei einer chronische Erkrankung gehört es dazu:
-Selbstwahrnehmung, Achtsamkeitsübungen, Beziehungsanalyse…

Das Motto meines Psychologen war, achten Sie nur auf sich. Schieben Sie Probleme von anderen weg bzw belasten Sie sich damit nicht.
Die Folge: selbst ein einfaches " wie geht es dir?" Zu jemanden kam mir nicht mehr über die Lippen.

Bloss keine Probleme anderer aufladen.
Da verlernt man leider Emphatie völlig.
Leider habe ich dies erst vor 4 Wochen mit dem Ende der Beziehung nach 12 Jahren realisiert.

@Kotarich ja, der Körper spielt nicht mehr mit, ich war auch ein spring-ins-Feld, das ist schon manchmal ätzend, aber es hat mein Wesen nicht verändert, welches ruhiger geworden ist.
@Romy78 Romy, das tut mir leid, da hat wohl was gefehlt, in deiner Therapie …Ich habe gelernt, wenn ich stark genug bin, für andere da zu sein, aber wenn es nicht geht auch mal zu sagen, da habe ich gerade kein Kopf für. Ich bin gerne für dich da, aber heute geht es nicht. Ja, andere haben auch und schlimmere Probleme, aber wenn es mir schlecht geht, ist es egal, dann zähle nur ich. Diesen Weg für sich zu finden ist schwer, aber es geht. Ich habe erst in meiner Familie geübt, das ist jetzt fast 15 Jahre her

Ja, das ist schon hart und verändert einen. Früher habe ich immer gelacht. Ich habe oft Momente, in denen ich in ein Loch falle.

Dieses Gefühl, ganz klein und verletzlich zu sein… Ja, das kenne ich auch, hatte ich, seltener, auch vor der Diagnose. Ich wünsche allen so wunderbare Menschen an der Seite, wie ich sie habe :hugs:

Also heißt das im Umkehrschluss, du hast die Therapie bereut? Ich denke, das Credo jedes Psychologen ist wahrscheinlich, man soll mehr auf sich selber achten. Früher war ich auch sehr emphatisch, habe allen geholfen. Wenn es mir jetzt selber sehr schlecht geht, kann ich mich nicht mehr mit den Problemen der Anderen beschäftigen. Doch wenn es mir besser geht, kann ich auch besser zuhören und Trost spenden. Ich bin immer noch emphatisch, was ich wichtig finde, nur die Emphatie hat jetzt Grenzen. Ich wünsche dir alles Gute.

Genau das, ich war früher auch immer nur für andere da, egal, wie es mir ging. Mein Therapeut hat mich da raus geholt und mir ein gesundes Mittelmaß gezeigt. Es war schwer, dieses zu erlernen/umzusetzen, aber ich darf halt auch mal nein sagen. Und keiner nimmt es mir krumm. Seitdem erfahre ich mehr Verständnis, und kann tatsächlich auch intensiver für die Menschen da sein, die mir am Herzen liegen :blush: