Ich finde es merkwürdig, dass fast zeitgleich zu dieser Meldung eine Studie erschienen ist, die zu widerlegen scheint, dass es bei der Remyelinisierung um eine Aktivierung der Oligodendrozyten-Vorläuferzellen gehen dürfte.

Die Studie erschien hier:
https://www.cell.com/cell/abstract/S0092-8674(24)00400-8

Und hier der Artikel, über den ich auf die Studie gestoßen bin:
https://multiplesclerosisnewstoday.com/news-posts/2024/05/08/small-molecule-promotes-my…

Ich habe bei Sallys ausführlich dazu geschrieben. Dort müsste man meinen Beitrag lesen können:

Ich möchte nicht alles hier noch einmal reinkopieren.

Lustigerweise geht es in beiden Fällen um “kleine Moleküle”, die explizit mit diesem Begriff jeweils erwähnt werden.

Michael

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Hallo Michael

ich verstehe das anders und finde nicht, dass die beiden sich widersprechen, ev. übersehe ich etwas?

Beide sagen, dass die Oligendrozyten für die Remyelinisierung zuständig sind.

Aus deinem sallys Artikel geht hervor: die Oligendrozyten sind zwar in den Läsionen vorhanden aber sie werden ausgebremst und machen deshalb ihren Job nicht.
Diese Bremse kann durch ein kleines Molekül gelöst werden.

Auf der Progentos Homepage schreiben sie, dass sie die Oligendrozyten Vorläuferzellen ankurbeln wollen:
The myelin sheath is generated by specialized cells called oligodendrocytes. Progentos aims to develop novel, first in class small-molecule therapeutics to activate oligodendrocyte progenitor cells to regenerate oligodendrocytes and thus replace myelin lost to MS.

Die einen wollen das Bestehende optimieren und die anderen denken “mehr ist besser”. Aber beide arbeiten mit Oligendrozyten als Remyelinisierer.

Die kleinen Moleküle, die in beiden Fällen betont werden, sind zwei unterschiedliche, das erste entschärft die epigenetische Bremse und das zweite kurbelt die Zellteilung der Vorläuferzellen an. Beide müssen klein sein, damit sie die Blut-Hirn-Schranke überwinden können.

Soweit meine Interpretation. Übersehe ich etwas oder interpretiere es falsch?

LG
MO

Ich verstehe das Ganze wie folgt, die eine Studie Scheint es widerlegt zu haben dass:
Remyelination failure in diseases like multiple sclerosis (MS) was thought to involve suppressed maturation of oligodendrocyte precursors; however, oligodendrocytes are present in MS lesions yet lack myelin production. We found that oligodendrocytes in the lesions are epigenetically silenced.

Wenn man also mehr Vorläuferzellen aktiviert bzw. deren Produktion, erreicht man trotzdem keinen Effekt, denn diese werden nach wie vor “stumm” sein. So verstehe ich das. Also schraubt Progentos an der falschen Schraube - anscheinend. Das kann man sich so erklären, dass sie ihren Ansatz vor den oben verlinkten Erkenntnissen schon angefangen haben auszuarbeiten.
Aber vllt habe ich ja auch etwas missverstanden :slight_smile:

Falls die epigenetische Bremse nicht hundert Prozentig ist , dann würde eine Vermehrung der Vorläuferzellen durchaus Sinn machen. Mit den vorhandenen Info kann ich aber nicht beurteilen, ob die epigenetisch ausgebremsten Oligodendrozyten überhaupt nicht oder bloss zu wenig remyelinisieren.

In anderen Worten: wenn die Oligodendrozyten nur zu 5% remyeliniseren und darum das Gleichgewicht von Myelin Abbau und Aufbau sich zum Abbau (=MS Progredienz) hin verschiebt und du dann einfach 20 mal mehr Oligodendrozyten einsetzt, dann hättest du ja wieder 100% Myelinisierung.

Puh, das ist mir alles zu spekulativ. Geschweige denn, dass bis es tatsächlich bench-to-bedside schafft, wird dieser Geldhahn schon zugedreht.
Wie ich schon geschrieben habe, habe ich schon einige Studien (klinische) gelesen, wo man kleine Erfolge gefeiert hat (z.B. mit Gold Partikeln, repurposed drugs usw.) und Nichts davon ist bis dato in der Praxis. Ich denke das ist auch der Grund für die breite Skepsis in den Kommentaren :slight_smile:

Zu dieser Vermutung/Idee/Spekulation kann ich aus der Studie zitieren (sie ist zwar nur gegen Bezahlung komplett lesbar, aber der folgende Satz steht als erster unter “Summary”):

Remyelination failure in diseases like multiple sclerosis (MS) was thought to involve suppressed maturation of oligodendrocyte precursors; however, oligodendrocytes are present in MS lesions yet lack myelin production.

Also:
Man nahm an, dass das Versagen der Remyelinisierung bei Krankheiten wie Multipler Sklerose (MS) mit einer unterdrückten Reifung von Oligodendrozyten-Vorläufern zusammenhängt; Oligodendrozyten sind jedoch in MS-Läsionen vorhanden, produzieren aber kein Myelin.

Also null Myelin.

Michael

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Hallo Michael

ja leider hinter Bezahlschranke, aber dieser Artikel geht ein bisschen detaillierter auf das Paper ein.

LG
MO

Vielen Dank, MO37 !

Zumindest für mich war der Artikel frei zugänglich. Auch diese Besprechung ist ziemlich positiv, bzw. optimistisch. Es wird u.a. auch die mögliche Anwendbarkeit auf kognitive Alterungsprozesse angesprochen.

Zur Studie selbst heisst es (übersetzt) u.a.:
Es war ein komplexes Unterfangen, die genetischen Veränderungen und Signale zu bestimmen, die an der Unterdrückung des Reparaturprozesses beteiligt sind, und eine kleine Molekülverbindung zu finden, die die Unterdrückung rückgängig machen kann. An dem Projekt, das sich über fünf Jahre erstreckte, waren vier Co-Erstautoren und 29 Co-Autoren von Cincinnati Children’s, der University of Cincinnati und 14 weiteren Einrichtungen beteiligt, darunter Universitäten in Australien, China, Deutschland, Indien, Singapur und dem Vereinigten Königreich.

Ich bin nicht sicher, worauf du hier hinaus willst. Ist es verwunderlich, dass parallele Foschungsaktivität stattfindet um nach Katalysten zur verbesserten Differenzierung von Vorläuferzellen der Oligendrozyten zu suchen? Und daß diese nach Möglichkeit mit kleinen Mölekülen passieren sollte?

Die Ergebnisse von diversen Screenings werden eigentlich schon seit gut 10 Jahren periodisch publiziert. Mal gehen die Untersuchungen Richtung Histamin Rezeptor 3, mal Richtung Danazol oder Parbendazol, Substanzen die man lieber nicht in Eigenregie testen sollte…man kann wohl davon ausgehen, dass solche Ansätze nur als Leitsubstanzen dienen , von denen später mal nebenwirkungngsärmere Derivate entwickelt und getestet werden sollen.

Wenn wer nun vermutet, anhand einer epigentischen Barriere die Myelinproduktion in MS-Läsionen zu fördern, sollte auch mal überlegen, was denn sonst innerhalb der Zielzellen damit verändert wird. Bei der Epigenetik geht’s ja schließlich um “…externe Veränderungen, die sich auf die Art und Weise auswirken, wie Gene in einer Zelle funktionieren”, selbst wenn diese reversibel ist.

Also wenn dann in 10 Jahren klinische Studien hierzu mal tatsächlich stattfinden sollten, kann man ja auf die NW gespannt sein…

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Im Forum Sallys-MS-Cafe hat ein Forist namens Peter einen Beitrag zur Thematik geschrieben, auf den ich hier hinweisen möchte.

Ich finde diese Überlegungen interessant und auch plausibel. Vielleicht interessiert und inspiriert euch das auch:

Frage dazu:
Hat jemand nachweislich die Läsionsgrössen lt. MRT reduzieren können.
Konnten nachweislich bei jemanden die Anzahl der Läsionen im Schädel reduziert werden?
Wenn ja, wäre dies hochinteressant über den Lebensstil, Essen, trinken, Stress, und vor allen NEM’s, und Medikationen, Therapien etc…
VG

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Das ist generell nicht möglich. Die Läsionen verkleinern sich, nach dem die Entzündung abgeschwollen ist und das ist das, was viele dann berichten können - auch laut MRT. Das vernarbte Gewebe ist aber genau da, wo es war. Wenn die Axone etc sterben, gibt es gar Nichts mehr zu remyelinisieren.
Eine Remyelinisierung von den bereits vorhandenen Narben geschieht bei MS Patienten unzureichend bis gar nicht und ist ein höchst spontaner Prozess.
In ungefähr der Hälfte der Patienten geschieht dies zumindest teilweise:

Hallo Marc,

du bist da viel tiefer drin in den Themen und den Studien, die es im Umfeld MS gibt. Für mich war es ein zeitlicher Zufall, dass ich innerhalb weniger Tage 2 Meldungen gefunden habe, von denen eine den mir bekannten “klassischen” Ansatz (“man muss die Oligodendrozyten-Vorläuferzellen stärken”) betrifft (Progentos) und die andere sinngemäß sagt: “dieser Ansatz ist falsch; es geht um etwas Anderes, nämlich die Aktivierung der stillgelegten Oligodendrozyten”.

Das Andere empfand ich eher als Kuriosität: das Adjektiv “klein” in Zusammenhang mit Molekülen (dass man eben explizit betont, dass es sich um kleine Moleküle handelt) findet man nicht so häufig. Das dann in beiden Fällen zu finden, fand ich kurios.

Michael

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Das wäre dann der Schub der mit Cortison behandelt wird, oder?

Entzündungen können auch ganz von alleine abschwellen, wenn man dem Körper Zeit und Ruhe dafür lässt.

Ich schwör!

ja genau! Meine Läsion im Gehirn hat sich (ohne die Gabe von Cortisol) von 9 mm auf 4 mm von selbst verringert.

Ja die Entzündung schwellt halt ab. Die Entmarkung bleibt meist da wo sie ist. Cortison soll ja das beschleunigen. Nur beschleunigen und nicht wesentlich oder irgendwie verbessern. Info aus einem Vortrag von einem MS Prof. Die Cortison Dosen haben auch NWs.

In den black holes ist es wohl nicht mehr möglich dass eine Remyelinisierung stattfinden kann da sich der anatomische Raum mit Liquor füllt und keine Oligodendrozyten mehr vorhanden sind.
In meinen MRT T1,T2 Berichten wird von keinen BH berichtet.

Black Holes bedeutet,dass die Nerven gestorben sind!
Aber auch die vorhandenen Narben (Nerv nur geschädigt) lassen sich bei MS nicht mehr remyelinisieren. Und wenn, dann nur in geringem Maße. Wie gesagt sind diese Prozesse außerst spontan und nicht bewusst steuerbar.
P.S. black Holes habe ich jetzt anscheinend auch (noch) keine. Aber ich habe meine Bilder selbst nie angeschaut, nur Bericht gelesen. Ich will das auch nicht.

meinst du regenerieren?