Zunächst einmal, ich habe selbst Kesimpta in meinem Blutkreislauf.
Natürlich fährt es nicht das “gesamte Immunsystem” runter (ich weiß es). Der Ausdruck war sicherlich etwas plakativ gewählt. Aber es ändert Nichts an der Tatsache dass es:
a) Immunsuppressiva sind
b) die häufigsten NWs eben Infektionen sind.
Die B-Zellen sind ein wichtiges Teil des Immunsystems - sooo selektiv ist das auch wieder nicht. Siehe das Video:
Nicht alle B-Zellen sind “böse”. Dir Zukunft wird also sein, hier ein Subset zu finden… Vielleicht.
Auch Hypogammaglobulinämie als Folge von der längeren Exposition ggü Anti CD20 AKs ist bekannt. Passiert unter Rituxan, Ocrevus und wird wahrscheinlich auch unter Kesimpta passieren. Ob das als Immundefekt durchgeht - überlasse ich den Ärzten.
Bei Kesimpta fehlen m. E. jedoch die Daten - da nicht so lange auf dem Markt.
Was die memory B-Zellen und Plasmazellen betrifft. Offiziell ist die B-Zell Depletion unter allen genannten Medis reversibel. Aber eine klare Ansage diesbezüglich gibt es in der Tat nicht. Man weiß zum Beispiel, dass es lange Zeit nach dem Absetzen nur naive B-Zellen sind, die zurück kommen:
Der Ausschnitt:
Im Allgemeinen zeigen alle 3 Medikamente oft eine anhaltende B‑Zell-Depletion, noch bevor die geplante erneute Anwendung erfolgt [64]. Trotz einer Erholung der Gesamtzahl der B‑Zellen besteht das entsprechende B‑Zell-Kompartiment dann jedoch größtenteils aus naiven B‑Zellen, während B‑Gedächtniszellen im peripheren Blut noch Jahre nach der letzten Therapie nahezu abwesend sind [65]
Deswegen gibt es wohl oft keine genaue Aussage diesbezüglich Hier zum Beispiel aus einem Interview auf der Amsel:
Sally: Hallo Herr Prof Kleiter, meine Diagnose ist von 2001, meine Medikamentenkarriere verlief über Rebif, Tysabi, Dalizumab und seit 2018 Ocrelizumab. Ich bin unter Ocrevus erstmals stabil, meine Gehstrecke ist nicht tatsächlich eingeschränkt, leicht ataktischer Gang bei zu großer Belastung, leichte Fatigue, Macken von Sehnerventzündungen, prinzipiell bin ich aber bislang all die Jahre verhältnismäßig gut durchgekommen. Vor kurzem habe ich gelesen, dass man beim Absetzen von Ocrevus nicht prinzipiell davon ausgehen kann, dass die B-Zellen sich wieder erholen, wie es zunächst ja den Anschein hatte. Für mich war das in der Therapieentscheidung durchaus wichtig, dass die Depletion reversibel ist. Nicht, dass ich deswegen an meiner Situation deswegen etwas ändern könnte: ich wäre dennoch interessiert, ob Sie dazu etwas sagen können, wie sich der Körper nach einer zunehmenden Anzahl von Behandlungsjahren mit Depletion erfahrungsgemäß verhält. Unter Corona wurde bei mir der Turnus der Infusionen auf fast 10 Monate gestreckt, da waren im Blut keine Zellen belegbar. Wie hoch ist die Möglichkeit einer dauerhaften „Schädigung“, lässt sich das benennen?
Prof. Ingo Kleiter: Hallo Sally,
vielen Dank für diese interessante, aber schwierig zu beantwortende Frage. Man könnte es sich einfach machen und sagen wir wissen es nicht, dafür fehlen momentan die erforderlichen Langzeituntersuchungen, Ocrevus ist erst seit 2018 auf dem Markt. Wir gehen zudem aufgrund des Wirkmechanismus davon aus, dass Ocrevus hauptsächlich die B-Zellen im Blut und Lymphgeweben erreicht und zerstört, nicht jedoch die nachbildenden Zellen im Knochenmark. Andererseits wissen wir von einer ähnlichen, schon wesentlich länger verwendeten Substanz, Rituximab, dass es sehr wohl bei längerfristiger Anwendung über viele Jahre zu einem langsamen Abfall von Immunglobulinen (v.a. IgG, IgM), aber auch anderen Immunzellen als B-Zellen kommen kann und dass die Erholung von B-Zellen nach Absetzen manchmal sehr langsam vonstatten geht. In seltenen Fällen kann es sogar zu einer dauerhaften Depletion von B-Zellen kommen. Die Mechanismen hierfür sind bisher nicht geklärt, so dass auch eine Prävention oder Vorhersage, wer betroffen sein wird, nicht möglich ist. Zu beachten ist jedoch, dass viele dieser Befunde aus Patienten mit anderen Autoimmunerkrankungen kommen, also nicht zwangsläufig auf MS-Patienten unter B-Zell depletierender Therapie übertragen werden können.
Sally: Danke Ihnen für Ihre ehrliche Antwort"
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