Ich brauche dringend Ratschläge für den Alltag und den Umgang mit meiner MS in gewissen Situationen…

Kurz zu meiner MS: Ich hatte den Erstverdacht im Juli 2022 nachdem ich vermutlich im März 2022 meinen ersten Schub hatte. Die letztendliche Diagnose habe ich dann im März 2023 erhalten, nachdem ich erneut einen Schub hatte. Dieser wurde dann auch erstmalig mit Kortison behandelt und seither Spritze ich mich auch täglich mit Copaxone/Clift.
Leider habe ich vom Kortisonstoß eine ziemlich heftige Steroidpsychose davongetragen. Ich habe seither so starke kognitive Einschränkungen, dass ich mittlerweile gar nicht mehr weiß, wie es weitergehen soll.

Ich stecke mitten in einer Ausbildung, habe nächsten Sommer Prüfungen, habe einen eigenen Haushalt und nebenbei auch noch Freunde, für die ich gerne auch noch etwas Hirnschmalz übrig hätte.
Nur leider kriege ich nur noch ganz wenig von dem was um mich herum passiert mit. Konzentration ist ein Fremdwort geworden. Ich habe massive Gedächtnisstörungen und in Situationen, in denen ich früher irgendwas gefühlt hätte, ist mir mittlerweile alles egal. Ich weiß, dass ich auch depressiv bin. Ich bin deswegen seit über 2 Jahren in psychologischer Betreuung. Allerdings hat sich über die letzten Monate mein Zustand deutlich verschlechtert.
Dazu kommt halt, dass ich wahnsinnig mit Fatique zu kämpfen hab und eigentlich gar nicht mehr groß in der Lage bin, was zu tun nach der Arbeit. Meine Neurologin sagt, kognitive Störungen aufgrund der MS plus Folgen der Steroidpsychose plus Anpassungsstörung wegen der Diagnose. Sie hat eine Reha für mich beantragt weil ich einfach momentan kaum in der Lage bin meinen Alltag zu bewältigen. Das Ganze lief auch direkt über einen Eilantrag zur Krankenkasse. Nun teilt mir die Reha mit, dass die Wartezeit momentan 6 Monate beträgt. In 6 Monaten stecke ich mitten in der Prüfungsvorbereitung.
Wenn ich jetzt nicht langsam schaffe, wieder zu lernen werde ich meine Prüfungen einfach nicht schaffen. Lernen funktioniert aber in meinem momentanen Zustand nach täglich 8 Stunden Arbeit mal so gar nicht. Ich weiß schon nicht, wie ich das jeden Tag durchstehe. Ich bin mittlerweile 30 Stunden im Minus weil ich oftmals einfach die 8 Stunden Arbeit täglich nicht packe.
Mein Chef sagt, ich muss dringend Stunden aufbauen, ich weiß aber gar nicht, wie ich das machen soll, ich bin einfach schon nach 3-4 Stunden arbeiten am Ende. Die Reha war meine letzte Hoffnung… ich weiß absolut nicht, was ich jetzt machen soll. Krankschreiben lassen ist keine Option, da ich ansonsten aufgrund meiner vielen Fehltage nicht zur Prüfung zugelassen werde. Die Ausbildung wurde bereits um ein Jahr verlängert, daher fällt auch diese Option weg…

War Jemand schon mal in einer ähnlichen Situation?

Hallo Anna,

es tut mir leid, dass du in so einer belastenden Situation befindest und dich noch weiterem Druck wegen deiner Ausbildung ausgesetzt siehst.

Ich war in keiner ähnlichen Situation, aber eine Auszubildende bei meiner Arbeit mit mehreren chronischen Erkrankungen und psychischen Problemen.
Bei ihr wurde nach einer längeren Krankheitsphase die Arbeitszeit während der Ausbildung auf 5 Stunden täglich reduziert, aber sie hat es leider auch so nicht geschafft.
Für die Ausbildungsleiterin und uns Kolleginnen war es auch schwierig, dass sie nicht kommuniziert hat, worin ihre Probleme genau bestehen und wir nicht wussten, wie wir ihr helfen könnten.

Du kannst dich bei der Rehaabteilung der Arbeitsagentur beraten lassen, welche Möglichkeiten es für dich gibt, deine Ausbildung an deine Situation angepasst oder evtl. auch woanders, z.B. einem Berufsbildungswerk fortzuführen.

Und wenn das nicht klappen sollte, ist es nicht die große Katastrophe und das Ende. Es wird neue Möglichkeiten geben, du solltest dich wegen deiner Ausbildung nicht zu sehr unter Druck setzen. Bei Studenten wird ein Studienabbruch als normal angesehen, wenn sie merken, dass es nicht passt und du bist nun mal durch deine Erkrankung in einer Ausnahmesituation.
Ich denke, das Wichtigste ist, deine Gesundheit zu stabilisieren.

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Hi Anna,

meine Situation damals war nicht ganz so krass, aber ähnlich. Damals wusste ich gar nicht, dass ich einen Schub hatte und von heute auf morgen war bei mir absolutes Chaos angesagt. Ich habe damals studiert und habe dann eine Pause eingelegt und bin auf Reisen gegangen um den Kopf freizubekommen. Stress, Panikattacken und fehlender Schlaf war damals mein Hauptproblem.

So wie es bei dir aktuell aussieht, kann es ja nicht weitergehen. Hast du die Möglichkeit, dich an das HR/Ausbildungsleitung zu wenden? Sprich über deine Probleme, vielleicht findet man gemeinsam eine Lösung. Du bist krank und musst dich erst einmal erholen. Niemand kann von dir erwarten, dass du in deinem Zustand ,normal" agierst. Wenn du dich weiter so pusht, hast du neben der MS auch noch ein Burn out. Vielleicht ist auch Homeoffice und/oder Teilzeit eine Option? Ich kenne mich mit Ausbildungen leider nicht so aus.

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Sehe ich auch so. Ich habe mein Studium um vier Semester verlängert. Das interessiert jetzt niemanden mehr :slight_smile: Falls doch jemand fragt, sage ich das ich mir einfach eine Auszeit genommen habe. Ich arbeite übrigens im HR und ich habe absolut kein Problem damit, wenn jemand seine Ausbildung unterbrochen oder abgebrochen hat. Hilfreich ist für mich der Hinweis, dass dies aus gesundheitlichen/persönlichen Gründen geschehen ist. Die Arbeitswelt ist heutzutage nicht mehr so starr wie damals. Auszeiten, Sabbaticals etc. sind absolut normal.

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Hallo Anna,

Viele Punkte, die mir durch den Kopf gingen, als ich Deinen Thread gelesen habe, haben @tournesol und @FujurFujur schon angesprochen und ich kann dem allen nur zustimmen.

Ich war in einer ähnlichen Situation (nicht bzgl der Ausbildung, sondern dem Job an sich) und ich habe es genauso wie Du gehandhabt: Durchgekämpft, gepusht und mir eingeredet, alles geht so weiter, wie ich mir das vorstelle, wenn ich mich nur genug anstrenge. Hat nicht funktioniert…

Auch ich dachte unter anderem, wenn ich dann in die Reha gehe, bin ich danach wieder fit. Ich habe alle Hebel in Bewegung gesetzt, den Termin frühestmöglich zu bekommen und das hat auch geklappt. Nur fit war ich danach immer noch nicht - das war wirklich naiv von mir und das wurde mir von den Ärzten dort auch deutlich vermittelt. Deine Reha ist ein Schritt von vielen, aber sie wird Deine Verfassung nicht so verbessern, dass Du wieder völlig auf dem Damm bist.

Dagegen zu halten und sich nicht aufzugeben ist denke ich immer eine gute Sache. Aber man muss auch akzeptieren lernen, wenn man in einer Situation mit den bisherigen Strategien und den eigenen Kräften nicht mehr weit genug kommen kann.
Es klingt so, als wärest du genau an diesem Punkt angekommen.

Ich rede mich jetzt leicht, da ich es schon hinter mir habe - ich saß schon vor meinem Scherbenhaufen und habe inzwischen auch akzeptiert, dass ich keine Chance hatte, den zu verhindern. Aber ich kann Dir sagen, danach geht das Leben auch weiter. Die Lösungsansätze, die von den anderen schon vorgeschlagen wurden, um Deine Ausbildung irgendwann zu Ende zu machen, helfen Dir hoffentlich, dafür einen Weg zu finden.

Um es ganz deutlich zu sagen:
Höre auf Deinen Körper und gib ihm die Zeit, die er offenbar braucht. Hole Dir eine Krankmeldung, ruhe Dich aus und nutze dann einen Teil Deiner Kraft dafür, neue Wege für den Abschluss Deiner Ausbildung zu finden.

Ich weiß, es ist hart. Aber es ist nach meiner Erfahrung die einzige Möglichkeit, wie Du noch selbstwirksam sein kannst.

Alles Liebe

Sandra

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Hallo Anna,

Mache das mit der Reha und lasse den Antrag dazu weiter laufen. Du wirst in einer Reha viel Input bekommen!
Sorge Dich nicht so sehr wegen dem Terminkonflikt mit Deinen Prüfungen.

Ich hatte die Erfahrung mit der Genehmigung meiner Reha, die dann zu einem für mich beruflich ungünstigen Termin begonnen hätte. Ich habe dann in der Rehaklinik angerufen und konnte den Starttermin der Reha verschieben lassen.
Du könntest vermutlich ähnliches tun.

Wichtig ist aber zuerst, dass eine Reha auch bewilligt wird.

Liebe Grüße Schnuff

Hi Anna,

gibt es die Möglichkeit die Ausbildung zu unterbrechen? Oder ggfls., falls dein jetziger Betrieb nicht mitspielt, die restliche Ausbildungszeit in einem anderen Betrieb fortzusetzen?

Copaxone klingt zumindest danach, als ob sich deine MS (noch) nicht in heftiger Form bzw. fortgeschritten oder hochaktiv zeigt, so dass ich nicht davon ausgehen würde, dass dein Zustand sich nicht bald wieder stabilisieren wird.

Daher wäre mein Rat wieder fit zu werden und dann die Ausbildung fortzusetzen.

Viele Grüße

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Mein inzwischen erwachsenes Patenkind hat in der Ausbildung schwere Depressionen bekommen.
Er hatte die Möglichkeit, aufgrund der nicht gegebenen Belastbarkeit, die Ausbildung in Teilzeit weiter zu machen. Natürlich hat die Ausbildung so wesentlich länger gedauert, aber er hat es geschafft.
Ich arbeite in einem Ausbildungsbetrieb und manchmal geht es aufgrund der Fehlzeiten und die Zeiten die zur Rehabilitation/Gesundung benötigt werden nicht, die Ausbildung fristgerecht zu beenden. Von daher wird es manchmal so gehandhabt, dass man ein Jahr “zurückversetzt” wird ein Jahr wiederholt oder die Ausbildung später von vorne beginnt. Natürlich ist das ein Weg den man erst einmal nicht möchte, der aber eine Chance ermöglicht Zeit zur Genesung zu haben.
Die Reha ist ein Stein von vielen, aber davon wird man nicht gesund.
Ich leide “nur” unter starker Fatigue mit kognitiven Einschränkungen, Konzentrationsproblemen, nicht filtern können und alles gleichzeitig wahrnehmen. Dieser Zustand ist für mich schwer zu akzeptieren und ich kenne mich ganz anders. Aber auch das Akzeptieren gehört für mich inzwischen hinzu, aber ich bin wesentlich älter als du.
Mit Ergotherapie habe ich kaum Erfahrungen (nur in der Reha), gibt es da vielleicht die Möglichkeit Strategien zu erlernen dich besser zu organisieren, aufnahmefähiger zu machen?
Hast du schon einmal Medikamente zur Verbesserung der Kognition, gegen die Fatigue ausprobiert? Modafinil, Amantadin, vielleicht ein Ritalinprodukt (falls das nicht kontraindiziert ist)?
Alles Gute Anne

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Hi Anna,

Ich war in einer ähnlichen Situatiom - hatte dir darum auch schon mal eine PN geschrieben. Antworte mir gerne da :slight_smile:
Die Kurzfassung ist: 1 Jahr nach MS-Beginn die Psychose und dann 2 Jahre alle erdenklichen Negativsymptome mit diversen Klinikaufenthalten und auch Reha.
Ich hab meine Ausbildung abgebrochen, verzweifelt nach Alternativen gesucht und keine gesehen. Irgendwie hab ich mit Unterstützung am Ende doch die Ausbildung geschafft, die Psychopharmaka größtenteils ausgeschlichen und einen tollen neuen Job gefunden. Mein Kopf funktioniert wieder so wie früher vor der MS :slight_smile:
Mir wurde oft gesagt, dass eine Psychose Schwerstarbeit fürs Gehirn ist und es darum sehr lange dauert, sich davon zu erholen. Ich drücke dir auch die Daumen für eine gute und möglichst schnelle Besserung!

Viele Grüße
Gabi

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