Hallo,

ich bin neu hier und hoffe auf hilfreiche Tipps von Gleichgesinnten…

Die MS fing bei mir im Jahr 2019 mit einer Sehnerventzündung an, konnte aber zu dem Zeitpunkt nicht als “Schub” bestätigt werden. Als es sich auf demselben Auge im darauffolgenden Jahr erneut verschlechterte, konnten dann entsprechende Marker im Liquor nachgewiesen werden und nun hatte ich die Diagnose. Im weiteren Verlauf hatte ich dann noch einmal kribbelnde Füße, mehr nicht.
Zwei Wochen nach der Diagnose musste ich zum Amtsarzt wegen meiner Lebenszeitverbeamtung. Dieses Gespräch stand unter einem absolut schlechten Stern, als ich dem Gutachten nicht meinen ganzen Lebenslauf auswendig runterbeten konnte - er war ja nur als neurologischer Gutachter eingesetzt und hatte nur darauf hingewiesen, dass ich vorliegende Arztberichte mitbringen sollte. Nun ja, es musste so kommen, wie es kommen musste: Ich erhielt ein negatives Gutachten.
Seitdem beschäftigen sich die Juristen vom VBE mit meiner Angelegenheit. Wie wir mittlerweile - nach Beantragung der Aktenansicht - erfahren haben, musste besagter Gutachter ein Ergänzungsgutachten anfertigen. Er schließt in diesem klar einen “benignen” Krankheitsverlauf aus (März 2022).
Im April 2022 war ich in Bochum im MS-Zentrum. Dort wurde im Arztbrief geschrieben:
“Bei aktuellem EDSS von 1,0 und fehlender Schubaktivität seit zwei Jahren ist prinzipiell hier von einem benignen Verlauf der Erkrankung auszugehen. Dafür spricht sowohl die Schubfreiheit seit 2 Jahren als auch der EDSS-Wert von 1,0 und fehlende pRNFLT-Strophie im non-RBN Auge linksseitig. Auch kernspintomographisch sind keine Myelonläsionen nachweisbar bei einzelnen periventrikulären Läsionen im cMRT, wir empfehlen hier auch radiologischerseits einen Vergleich mit Vorbildern durchzuführen.”
Dies ist erfolgt: Keine neuen Läsionen, gleicher Stand wie letztes Jahr. (Im Jahr 2020 waren die MRT-Bilder woanders aufgenommen worden).

Nun soll ich zum 31.März aus dem Beamtenverhältnis entlassen werden. Bis Januar kann ich Widerspruch einreichen, was ich gerne versuchen würde. Allerdings benötige ich dafür stichhaltige Argumente, da ich sonst bei Nicht- Erfolg meine Festanstellung wahrscheinlich verspielen würde. Laut Jurist benötige ich ein ärztliches Gutachten, dass sich mit dem Ergänzungsgutachten auseinandersetzt und darlegen kann, dass der Gutachter sich relevant irrt, d.h. falsche Diagnosen erstellt oder eine Prognoseentscheidung trifft, die nicht dem medizinischen Meinungsstand entspricht.

Mein Neurologe wird mir dies wahrscheinlich wg Befangenheit nicht gewähren. Der andere Neurologe aus Bochum macht dies nur auf Anweisung von Versicherung/ Gericht. Wie kann ich vorgehen? Habt ihr Ideen, was ich noch in Gang setzen kann?

Uff, langer Text. Danke fürs Lesen.

LG

benign - gutartig, günstig, freundlich :wink:

Hallo Frakre,
ich kann dir nicht weiterhelfen, aber wenn du im Falle eines Nicht-Erfolges deine Festanstellung verspielen könntest, würde ich nicht weiter vorgehen.

Aber ich bin auch ein Schisser…

Hallo Frakre,

Nachdem ich Deinen Post gelesen habe gingen mir viele, sehr unterschiedliche Gedanken durch den Kopf, ich versuche mal, das halbwegs strukturiert loszuwerden:

Was Deine Frage nach „was kann ich noch tun“ betrifft: Du hast ja schon einen Arztbrief, der von einer gutartigen Prognose spricht. Wenn Du noch ein Gutachten drauf setzen willst, würde ich an Deiner Stelle in die Schweiz gehen, z.B. an das Unispital Basel.

Die sind sicher bereit, für einen Obulus ihre Meinung abzugeben. Kontakt kannst Du da telefonisch aufnehmen und wenn es gut läuft, reicht sogar der elektronische Austausch von Daten, dann musst Du nicht mal vorbeikommen.

Ich komme deswegen auf Schweiz, weil ich das selbst bzgl eines anderen Themas mal gemacht habe. Im Gegensatz zu deutschen Ärzten brauchst Du da erst mal nur Deinen Geldbeutel, keine Kassenaktion oder ähnliches.

Jetzt zu meinen anderen Gedanken: Ich würde mir an Deiner Stelle gut überlegen, ob Dir ein Widerspruch tatsächlich hilft, sprich: Ob Du mit einer Verbeamtung tatsächlich besser gestellt bist.

Ich nehme mal an, Du bist momentan im öffentlichen Dienst angestellt. Das heißt, Du hast da sowieso schon Einiges an Absicherung. Mit einer Verbeamtung wäre ja auf jeden Fall auch eine private Krankenversicherung verbunden. Und die würde ich an Deiner Stelle vermeiden.

Ich denke, es klingt schon durch, worauf ich hinaus will: Auch wenn ein Gutachten sagen würde, dass es gut für Dich laufen könnte, würde ich trotzdem damit rechnen, dass es das nicht tut. Und dann bist Du mit einer privaten Krankenversicherung auf Dauer schlechter gestellt.

Ich kenne mich jetzt mit den weiteren Vorteilen der Verbeamtung nicht aus. Klar, ich weiß, Du sparst Dir Einiges an Sozialversicherungsbeiträgen und die Pension ist auch nicht zu verachten. Aber das sind alles keine Aspekte, die Dir, falls es mit der MS doch schlecht laufen sollte, wirklich helfen. Falls es noch weitere Vorteile gibt, von denen ich nichts weiß, sieht es vielleicht anders aus.

Fazit: Überlege Dir gut, ob Du Widerspruch einlegen willst (Beamter werden möchtest). Falls ja, würde ich wie gesagt über die Schweiz gehen und versuchen, dort ein Gutachten zu bekommen.

Ergänzung:
Theoretisch könntest Du die Meinung aus der Schweiz auch als Zweitmeinung bei der Kasse abrechnen.
Das ist aber mehr Formalkram und ich vermute dafür reicht die Zeit nicht mehr wenn Du im Januar schon Widerspruch einlegen müsstest.

Danke für den Tipp mit der Schweiz. Ich habe morgen ein Telefontermin mit meinem Anwalt. Mal schauen, was er rät.

Hi,

ich bin in einer ähnlichen Situation. Habe während meiner Verbeamtung auf Probe die Diagnose erhalten. Das Versorgungsamt wurde beauftragt meine Dienstfähigkeit zu untersuchen. Ergebnis: bei mir würde es sich um eine chronisch fortschreitende Erkrankung ohne zu erwartende Besserung handeln. Habe einen EDSS von 3.5.

Lösung: habe mich an die Schwerbehindertenvertretung gewandt. Die haben mir empfohlen einen Gdb zu beantragen. Habe 60% erhalten. Damit kann ich, wenn ich unter Kesimpta stabil bleibe verbeamtet werden (behindertenquote).

Am Ende ist es mir egal. Eine Festanstellung im öffentlichen Dienst ist auch nicht verkehrt. Tatsächlich nervt mich die privatversicherung. Bleibe immer auf einem Teil der Kosten sitzen.

Liebe Grüße

Ist dein Anwalt auf solche Fälle spezialisiert? Grundsätzlich hat sich hier in den letzten Jahren durch geänderte Rechtsprechung die Beweislast zugunsten der Bewerber verändert und die Chancen stehen grds nicht schlecht, vor Gericht Recht zu bekommen.

Aus welchem Grund hast du nur die Option Widerspruch oder Festanstellung? Das leuchtet mir nicht wirklich ein. Ggf. wäre hier auch der Personalrat oder die Gewerkschaft ein sinnvoller Ansprechpartner.

Ich weiß ja nicht, was deine Qualifikation ist und um was für eine Stelle es geht, aber grundsätzlich herrscht auch im öffentlichen Dienst heutzutage Fachkräftemangel und vieles wird weniger streng beurteilt als auch schon, um geeignete Personen nicht zu verlieren.

Ich drücke die Daumen!
LG
kes

MMn hast du aktuell (nach deiner Beschreibung) nicht die Krankheitssymptome/-beeinträchtigungen für eine Berentung! Da wird auch kein anderer Gutachter was anderes sagen.

Würde deinen Arbeitsplatz damit nicht gefährden!

Das Problem ist folgendes: als Beamter muss man sich gesundheitlich und fachlich eignen.
Wenn die gesundheitliche Eignung nicht vorliegt aber die fachliche ( weist man nach indem man die 3 Jährige Probezeit hinter sich bringt), wird man nicht auf Lebenszeit verbeamtet. Allerdings wird man fristlos in den öffentlichen Dienst übernommen.

Zumindest ist es so bei Lehrerinnen und Lehrern.
Die Androhung ohne etwas da zu stehen ist haltlos!

Kann auch nur empfehlen Kontakt mit dem Personalrat und der Schwerbehindertenvertretung aufzunehmen. Letzteres ist auch ohne Schwerbehinderung beratend tätig.

Ist denn deine Probezeit beendet?

Wenn man bereits auf Lebenszeit verbeamtet ist, entscheidet über die Dienstfähigkeit das Versorgungsamt. In der Regel schicken die keine jungen Menschen in Pension, sondern in die Teildienstfähigkeit!

Liebe Grüße

Ich verstehe nicht so Recht, warum du unbedingt verbeamtet werden willst. Ich würde mich nicht auf juristische Auseinandersetzungen über meinen Gesundheitszustand einlassen, wenn du sonst eine Festanstellung als Angestellte(r) bekommst.

Ich arbeite seit Jahren als Angestellte im ÖD, wo es auch Beamte mit den gleichen Tätigkeiten gibt und wenn ich die Wahl hätte, würde ich mich dafür entscheiden, schon wegen der Krankenversicherung und auch wegen mehr Flexibilität, was Reduzierung der Arbeitszeit, Beurlaubung betrifft.

Ich kenne mich allerdings nicht damit aus, welche Vorteile, außer evtl. finanzielle ich als Beamtin hätte.

Ich verstehe sowieso nicht, warum es in vielen Bereichen, wo Beamte und Angestellte die gleiche Arbeit machen, überhaupt noch Beamte gibt.

Vielleicht verlässt du dich da selbst noch zu sehr auf das Urteil “milde”

Meiner Meinung nach sollte man im Bezug auf die Finanzielle Seite immer von einem schlechteren Verlauf ausgehen, da sich der Verlauf ändern kann.

Im schlimmsten Fall hast du dann “zu gut” vorgesorgt

Ich finde, du bist noch zu kurz diagnostiziert, als dass man ernsthaft von milde sprechen kann.

Ich startete auch mit “milde”. Wurde auch mindestens 10jahre lang so bezeichnet. Dann kam "aktiver Verlauf " und inzwischen hat man sich auf “hochaktiv” geeinigt