Hallo Erni,
um darauf eine brauchbare Antwort zu geben, müsste erst mal geklärt werden, was du unter “Homöopathie” verstehst, damit man nicht aneinander vorbeiredet! Viele gebrauchen diesen Begriff gleichbedeutend mit “Naturheilkunde”, und genau das ist die Homöopathie im engeren Sinne eigentlich nicht - eher das Gegenteil.
Ein Naturgesetz ist z.B.: Je höher die Konzentration eines Stoffs in einer Lösung, desto stärker wirkt er. Das weiß jeder aus eigenem Erleben, vom Salz in der Suppe bis zum Whisky-Soda: Je mehr Salz, desto salziger die Suppe, je mehr Soda, desto schwächer der Whisky.
Die klassische Homöopathie leugnet die Naturgesetze und ersetzt sie durch Glaubenssätze wie diesen: Je weniger von einem Stoff in einer Lösung enthalten ist, und je häufiger sie verdünnt und verschüttelt wurde, desto stärker die Wirkung des Stoffs.
Die Suppe schmeckt also nicht dann salziger, wenn man mehr Salz hineingibt, sondern wenn man sie in mehrern “Potenzierungsschritten” mit Wasser verdünnt und verschüttelt, bis von der Ur-Suppe nur noch eine Menge in der Lösung enthalten ist, die einem Tropfen im Atlantik entspricht.
Wenn das wahr wäre, könnten Abermillionen Kranke in den armen Ländern der Welt, wo teure Medikamente fehlen, durch den Großen Homöopathischen Schüttelzauber mit Medizin versorgt werden. Man bräuchte nur Wasser und fleißige Schüttler dazu. Oder eine Potenziermaschine:
http://www.leonardo-apo.de/mittel/korsakoff_maschine.html
Damit ließen sich Malaria- oder Tuberkulosemittel für Afrika kostensparend vervielfältigen … oder vielleicht doch nicht?
Dass man durch Verdünnen und Schütteln weder mehr Promille in den Whisky-Soda noch mehr Salz in die Suppe hineinbringt, noch dadurch Medikamente vervielfältigen kann, sagt einem der gesunde Menschenverstand.
Allerdings, den Placebo-Effekt bei Homöopathika leugnet auch ein Naturwissenschaftler nicht, der ist messbar. Placebos können wirken, wenn man an sie glaubt. Es sollen schon Leute vor Schreck Herzattacken bekommen haben, denen man erzählt hat, das Zuckerkügelchen, das sie gerade gelutscht haben, habe ein Gift enthalten, das zum Herztod führe.
Meinst du also mit “Homöopathie” die klassische Hahnemann-Homöopathie, bei der Mittel eingesetzt werden, die keine real existierenden Wirkstoffe mehr enthalten, sondern nur “geistartige Kräfte”, oder meinst du damit Methoden aus der Volksmedizin, wie Kräutertees, Wassertreten, usw., und dazu vielleicht noch ein paar Mode-Nahrungsergänzungmittel wie Aloe oder Selen? Das müsste vorab geklärt werden, damit man nicht aneinander vorbeiredet.
Der homöopathische Ansatz verlangt eine “Erstverschlimmerung” als Zeichen dafür, dass der Körper auf das Mittel anspricht. Das Problem ist, dass viele von uns durch eine Verschlimmerung ihrer MS, ein Aufflammen der Entzündung, Schäden an Nervenbahnen davontragen würden, die sich nicht mehr zurückbilden, wenn die Entzündung abgeklungen ist oder mit Cortison gestoppt wurde.
Es werden sich also wohl nur wenige finden lassen, die sich voll auf die Homöopathie eingelassen und den “Erstverschlimmerungs”-Schub billigend in Kauf genommen haben, und jetzt berichten können, wie es ihnen geht.
Könntest du bitte mal genauer beschreiben, welche “schulmedizinischen Mittel”, d.h. welche Medikamente der Wissenschaftsmedizin - ein "Schul"abschluss reicht beileibe nicht für einen Arzt, nur für einen Heilpraktiker - bei welchen Symptomen keine spürbaren Erleichterungen bei dir bewirkt haben? Mit einer so pauschalen Aussage lässt sich nicht viel anfangen.
Bei mir hat auch schon vieles nicht gewirkt, vom Prednisolon bis zum Paracetamol. MS-Symptome gibt es bekanntlich wie Sand am Meer, von Schmerzen, Schwindel, Tremor, über Inkontinenz bis zu Spastik, und gegen jedes sind viele Medikamente in Gebrauch.
Oft ist es so, dass man zusammen mit seinem Arzt ein paar durchprobieren muss, bis man das Passende gefunden hat, und dass man sich dann auch noch individuell an die optimale Dosis herantasten muss. Das ist bei unserer 1000-Gesichter-Krankheit eher die Regel als die Ausnahme.
Manche Medikamente sind “Spezialisten” nur für ein Symptom. Wie Schlüssel, die nur in 1 Schlüsselloch passen, setzen sie nur an einem ganz bestimmten Rezeptor an. Dann muss man mehrere auf einmal nehmen - das leuchtet ja auch ein. Mir wäre es schließlich auch nicht geheuer, wenn ein Klempner oder Elektriker, der bei mir etwas reparieren müsste, nur ein einziges Werkzeug dabei hätte. Das wäre ja Steinzeit!
Die klassische Homöopathie kennt diesen Gedanken - für jede Störung das passende Werkzeug - nicht. Bei ihr wird ein Mittel nicht nach der Indikation ausgesucht, wie in der Medizin, sondern es wird aufgrund unterschiedlichster Leitsymptome und Persönlichkeitsmerkmale (bis hin zur Lieblingsfarbe) ein einzelnes Mittel herausgesucht, das die Gesamtpersönlichkeit umstimmen soll. (die kommerziell besonders erfolgreichen “Komplexmittel” sind keine klassische Homöopathie.)
Oft ist hierfür ein geduldiges Ausprobieren nötig, das man sich mit einer rasch verlaufenden Krankheit kaum leisten kann. Bis der Homöopath nach ein paar Jahren mal herausgefunden hat, dass der MS-Patient auf eine Nosode aus einem Zahnwurzelgranulom in der Verdünnung D 1000 anspricht, ist kostbare Zeit vergangen und viele Nervenzellen sind den Bach runter.
(Doch, doch, eine Zahnwurzelgranulomnosode gibt es, hier: http://www.odilien-apotheke.de/Hahnemann/TZ_Nosoden.htm )
Ich würde nicht ausschließen, dass auch für dich symptomatische Therapien gefunden werden können, durch die du eine Linderung verschiedener Symptome erfährst, nur müsstest du dich dafür ein bisschen präzisieren. Was nimmst du bis jetzt, wie lang nimmst du es schon, und in welcher Dosis?
Liebe Grüße
Renate