Ich bin jetzt seit ein paar Monaten hier im Forum unterwegs und habe festgestellt, dass es zwar eher selten, aber doch immer wieder Leute gibt, die sich, wie ich, mit einer Krebsdiagnose zusätzlich zur schon bestehende MS-Diagnose auseinandersetzen mussten.
Ich denke, das Vorgehen ist wie bei allem recht individuell (welcher Krebs, welche Therapie, welche sonstigen Vorerkrankungen etc). Aber trotzdem dachte ich mir, ich teile hier zumindest mal zwei Punkte explizit mit, die vielleicht anderen weiterhelfen, wenn sie in die Situation kommen:
Nachdem bei mir klar war, dass eine Chemotherapie ansteht, habe ich die Ärzte gefragt: Und was ist mit der MS? Was löst das aus?
Antwort: Keine Sorge, Sie sitzen ja nicht im Rollstuhl.
Ich habe dann nur noch entgegnet: Ja, und ich hätte auch gerne, dass das so bleibt …
Deswegen habe ich mich dann selber schlau gemacht und Folgendes gelernt:
Die Chemotherapie an sich ist für die MS kein Problem. Im Gegenteil, manche Medikamente wirken auch gegen die MS, z.B. Ciclophosphamid.
Was aber ein Problem sein kann, sind die zusätzlichen Medikamente, die während der Chemo gegeben werden. Die Chemo führt ja dazu, dass Dein Immunsystem herunter gefahren wird. Deswegen wird zwischen den Zyklen gerne ein Immunstimulanz gegeben, um die Blutwerte wieder halbwegs ins Lot zu kriegen.
Und dieses Immunstimulanz kann ein Problem für MS sein und einen Schub auslösen:
Severe exacerbation of relapsing-remitting multiple sclerosis after G-CSF therapy
Klar, das ist jetzt nur ein Fallbericht, keine Studie. Aber Studien dazu wird es aus ethischen Gründen nie geben, daher kann man nur auf einzelne Erfahrungswerte zurückgreifen. Mein Fazit aus diesem Fallbericht und der Rücksprache mit einigen Fachärzten war, die Chemo-Zyklen so anzupassen dass keine Gabe von Immunstimulanzien notwendig war. Das reduziert zwar den Chemo-Effekt ein wenig, aber für mich war das das kleinere Übel.
Das zweite, was ich leider erst durch „Praxiserfahrung“ gelernt habe, ist, dass Taxane (auch eine Chemo-Substanz) und MS keine Freunde sind …
Taxane führen auch bei Nicht-MS-Patienten häufig zu Missempfindungen / Taubheit in Händen und/oder Füßen. Als ich das hörte, dachte ich nur: Das macht nix, habe ich ja eh schon
Ich habe dann aber darauf sehr extrem reagiert. Ich hatte (nicht nur in Händen und Füßen) massive Schmerzen, zum einen Neuralgien (heftige, einschiessende Schmerzen) an diversen Stellen, zum anderen einen dauerhaften Schmerz in den Beinen der sich bis zum Po hochzog. Der Onkologe meinte, das wäre schon ne extreme Reaktion und wäre vermutlich auf die MS zurückzuführen. Nachdem es nach jeder Gabe noch schlimmer wurde, hat er dann die Chemo komplett abgebrochen. Aus seiner Sicht war der therapeutische Nutzen im Vergleich zum Risiko dauerhafter ernster Schäden nicht mehr gegeben. Ich denke, das war richtig so.
Ich sage jetzt nicht, dass alle MS-Patienten auf Taxane so reagieren, aber vielleicht ist es gut, wenn man schon mal davon gelesen hat, dass das passieren kann.
Die Schmerzen haben sich übrigens teilweise nach Absetzen der Taxane wieder gelegt, teilweise aber bis heute nicht.
So - das waren jetzt die Infos, die ich mal loswerden wollte.
Vielleicht hilft es ja irgendjemandem mal weiter.