Klar, es ist immer eine individuelle Abwägung. Die jeder für sich treffen muss.
Beim schubförmigen Verlauf scheint das Nutzen-Risiko-Verhältnis relativ günstiger zu sein. Wie günstig, vermag ich an dieser Stelle nicht zu sagen. Aber auf jeden Fall wohl günstiger als beI PPMS.
Für den Fall von PPMS schreibt die MS-Stiftung Trier:
Zugelassen wurde Ocrevus dann zur „Behandlung erwachsener Patienten mit schubförmiger Multipler Sklerose (RMS) mit aktiver Erkrankung, definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung“ und zur „Behandlung erwachsener Patienten mit früher primär progredienter Multipler Sklerose (PPMS), charakterisiert anhand der Krankheitsdauer und dem Grad der Behinderung, sowie mit Bildgebungsmerkmalen, die typisch für eine Entzündungsaktivität sind“.
Ich wiederhole noch einmal: … zur Behandlung früher PPMS, mit Bildgebungsmerkmalen, die typisch für eine Entzündungsaktivität sind.
Und an späterer Stelle schreibt die MS-Stiftung Trier:
Aber schon bei der europäischen Zulassung kam Enttäuschung auf, denn die Behandlung ist nur für Betroffene mit früher PPMS-Erkrankung, die eine hohe Entzündungsaktivität aufweisen, vorgesehen. Die meisten Betroffenen mit chronisch progredienter MS werden also von diesem Medikament gar nicht profitieren, eine Tatsache, die in der Werbung für Ocrevus® aber kaum erwähnt wurde.
Meines Wissens ist die PPMS häufig nicht entzündlich, laut MS-Stiftung Trier vor allem in späteren Stadien nicht. B-Zell-Depletion soll aber vor allem dazu dienen, Entzündungsaktivität einzudämmen. Von daher ist für mich logisch, daß Ocrelizumab bei (einer häufig nicht entzündlichen) PPMS nur sehr begrenzt oder auch gar nicht wirkt.
Ähnlich schreibt es auch das UKE in ihrer Broschüre aus dem Jahr 2021:
Wenn, dann profitieren Patienten in der Frühphase der Erkrankung mit eindeutig entzündlicher Krankheitsaktivität.
Daher frage ich mich:
Ist ein vertretbares Risiko-Nutzen-Profil noch gegeben, wenn PPMS vor allem in späteren Krankheitsstadien nicht mehr entzündlich ist?