Studie: Psoriasismedikament bei multipler Sklerose wirksam
Montag, 27. Oktober 2008

Basel – Ein zur oralen Behandlung der Schuppenflechte (Psoriasis vulgaris) zugelassenes Medikament könnte auch bei der multiplen Sklerose wirksam sein.

In einer Phase-II-Studie im Lancet (2008; 372: 1463-72) senkte der Fumarsäureester die Krankheitsaktivität in der Kernspintomografie erheblich.

Sein klinischer Stellenwert wird aber erst nach dem Abschluss der laufenden Phase-III-Studie bekannt sein.

Dimethylfumarat, ein Ester der Fumarsäure, wurde 1995 in Deutschland (als Fumaderm®) zur Behandlung der Psoriasis vulgaris zugelassen. Anfangs ein wenig belächelt, ist es heute ein anerkanntes und kostengünstiges Antipsoriatikum.

Die Beliebtheit des „natürlichen“ Medikaments – Fumarsäure ist Zwischenprodukt im Zitronensäurezyklus und Nebenprodukt im Harnsäurezyklus – wird allerdings durch häufige gastrointestinale Beschwerden eingeschränkt.

Sie dürften dem Einsatz bei der multiplen Sklerose nicht notwendigerweise im Wege stehen, wenn sich die Ergebnisse der jetzigen Studie bestätigen sollten.

Es handelt sich um eine Dosisfindungsstudie an 257 Patienten im Alter von 18 bis 55 Jahren mit schubförmig verlaufender multipler Sklerose. Diese erhielten über 24 Wochen Placebo oder BG00012, eine orale Formulierung von Dimethylfumarat, in einer Tagesdosis zwischen 120 mg und 720 mg.

In der höchsten Dosierung verringerte sich ab der 12. bis zur 24. Woche die mittlere Gesamtzahl neuer GdE-Läsionen (primärer Endpunkt der Studie) im Vergleich zu Placebo (1,4 vs. 4,5) um 69 Prozent. Auch die Anzahl neuer oder sich vergrößernder T2-hyperintenser und T1-hypointenser Läsionen (sekundäre Endpunkte) wurde reduziert.

Der Rückgang der jährlichen Rezidivrate um 32 Prozent (0,44 gegenüber 0,65 für Placebo) verfehlte allerdings das Signifikanzniveau.

Die Studie war aber auch nicht mit Blick auf diesen klinischen Endpunkt hin konzipiert worden, berichtet die Gruppe um Ludwig Kappos vom Universitätsspital Basel.

Die Editorialisten Prof. Per Soelberg Sørensen und Dr. Finn Sellebjerg vom dänischen MS-Forschungszentrum an der Universitätsklinik Rigshospitalet in Kopenhagen sehen in der oralen Verfügbarkeit einen Vorteil der Fumarsäure gegenüber den derzeitigen Medikamenten.

Für die Akzeptanz bei den Patienten dürfte aber die Frage der Verträglichkeit von ebenso großer Bedeutung sein.

In der derzeitigen Studie klagten in der höchsten Dosierung 40 Prozent der Patienten über Hautreaktionen (“Flushing”), 21 Prozent über Kopfschmerzen und 16 Prozent über Nausea.

Der nächste Schritt besteht in einem direkten Vergleich mit etablierten Therapien. Seit Juni 2007 läuft bereits eine Phase III-Vergleichsstudie gegen Glatirameracetat. Die Ergebnisse werden erst im November 2010 vorliegen.

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