Interessante Zusammenfassung
zur Beachtung der MS auf Reisen

Vortrag von Dr. Martin Rösener
entnommen aus
Amsel aktuell Mitgliederversammlung

vom

  1. Juli 2019

Schübe halten sich nicht an Reisepläne

“Schübe sind unvorhersehbar und halten sich nicht an Reisepläne”, weiß Doktor Rösener. Je nach Land sei es sinnvoll, eine orale Stand-by-Medikation mitzunehmen. Voraussetzung sei, dass der Patient Erfahrung mit Schüben hat und Rücksprache mit seinem Arzt halten kann. Er selbst habe bereits mit Patienten kommuniziert, die fereinhalber in den USA und Ägypten weilten. Nicht in allen Ländern zahlt die gesetzliche Krankenversicherung und Reiseversicherungen übernehmen in der Regel keine Kosten für bereits vorbestehende Erkrankungen, die sich am Urlaubsort verschlechtern. Das sollte man unbedingt vor Reiseantritt klären. Weil grippale Infekte Schübe auslösen können, sollte man gerade beim Hin und Her zwischen draußen und klimatisierten Räumen aufpassen.

Die immunmodulatorische Therapie sollten Patienten auf gar keinen Fall unterbrechen, auch wenn das scheinbar einiges erleichrten würde: Man will ja im Urlaub keinen Schub haben. Auch hier gilt es, sich gut vorzubereiten, denn Spritzen am wackligen Campingtisch ist schwieriger als zu Hause. Auf Hygiene ist besonders zu achten.

Die Medikamente gehören beim Fliegen unbedingt ins Handgepäck, an Bord von der Kühltasche in den Kühlschrank, wegen der Spritzen mit einer entsprechenden Zollbescheinigung darüber und im Hotel oder Apartment wieder von der Kühltasche in den Kühlschrank. Was viele nicht wissen: Die Minibar wird vom Hotelpersonal bis auf die hoteleigenen Angebote oft geräumt. Das kann teuer werden, wenn hier MS-Medikamente entsorgt werden. Daher unbedingt vorher klären, dass diese Medikamente nicht weggeworfen werden.

Lagerungsbedingungen:
Betaferon®: unter 25°C
Extavia®: unter 25°C
Avonex® Fertigspritze: 2 - 8°C
Plegridy®: 2 - 8°C, 30 Tage unter 25°C
Rebif®: 2 - 8°C, 14 Tage unter 25°C
Copaxone®: 2 - 8°C, 30 Tage 15 - 25°C
Clift®: 2 - 8°C, 30 Tage 15 - 25°C

Ein schier endloses Thema, das Doktor Rösener in seinem Vortrag umrissen hat, sind die Symptome.

Fatigue: Wer unter Fatigue leidet, sollte besonders viel Wert auf Planung legen. “In Rom nicht jeden alten Stein besuchen,” scherzt Dr. Martin Rösener. Zwischendurch lieber einen ganzen Pausentag im klimatisierten Hotel einplanen. Typische Studienreisen mit “rein in den Bus, raus aus dem Bus” seien für MS-Betroffene mit Fatigue nichts.

Uhthoff: Gerade in heißen Urlaubsländern zeigt sich bei vielen Patienten mit Multipler Sklerose die Wärmeintoleranz. Vorsicht ist hier vor allen Dingen bei Pseudoschüben geboten. Diese darf man nicht mit Cortison behandeln. Sie klingen von alleine ab und hinterlassen keine bleibenden Schäden. Tropische und subtropische Regionen seien zu meiden. Ebenso direkte Sonneneinstrahlung. Zu achten ist aber umso mehr auf das Kühlen, sei es durch Kühlwesten oder kalte Getränke.

Spastik: Spastik bei Multipler Sklerose wird unter anderem mit Nabiximols, einem Cannabisextrakt (Präparat Sativex) behandelt. Dies ist ein Betäubungsmittel. Daher muss man hier für Schengen-Staaten eine Genehmigung mit sich führen. Diese bekommt man von einer Beglaubigungsstelle. In Baden-Württemberg sind dies die Gesundheitsämter und eine Beglaubigung kostet ca. 30 €. Für Nicht-Schengen-Länder ist das Suchtstoffkontrollamt zuständig. Hier sollte man sich unbedingt vorher informieren, da man Betäubungsmittel in manche Länder gar nicht einführen darf und mit hohen Strafen rechnen muss. Orientierung bietet der Leitfaden für Reisende des Internationalen Suchtstoffkontrollamtes (www.incb.org).

Blasensstörungen: Weniger zu trinken ist gar keine Lösung, da dies zu Blasensinfektionen führen kann. Unbedingt sollte man mit seinem Arzt über Inkontinenz sprechen. Es gibt einige Hilfsmittel, die das Reisen mit Blasenstörungen erleichtern. Neben den bekannten Einlagen gibt es zum Beispiel die Einmalurinflasche für Männer (www.roadbag.de) wie für Frauen (www.ladybag.de). Ein Kondomurinal mit Beinbeutel ist nützlich bei langen Reisen, hilft häufige Gänge zur Toilette zu vermeiden. Dies gibt es mittlerweile sogar für Frauen, wegen der umständlicheren Handhabung sollte diese Lösung eher nur für ganz spezielle Situationen eingesetzt werde, zum Beispiel die eigene Hochzeit, scherzt Doktor Rösener (www.she-p.com). Wichtig außerdem: Diese Hilfsmittel enthalten einen Anti-Riech-Stoff. Damit ist es möglich, sich trotz Blasenstörungen in Gesellschaft weiter wohl zu fühlen. Bei vielen dieser Hilfsmittel kommt es außerdem zu einem psychologischen Effekt: “Wenn Sie wissen, Sie haben das dabei, dann müssen Sie schon gar nicht so oft,” erklärt Rösener. Last, not least hilft auch der Behinderten-WC-Schlüssel (http://www.cbf-da.de), dass man unterwegs ein sauberes, weil verschlossenes Behindertenklo vorfindet.

Auch an allgemeinen reisemedizinischen Hinweisen mangelt es nicht. Am wichtigsten vielleicht: Lebendimpfungen sind bei Multipler Sklerose nicht geeignet. Die Gelbfieberimpfung gehört dazu, weswegen Doktor Martin Rösener davon abrät, zum Beispiel den Zentralkongo zu bereisen. Sitzsportübungen helfen, langes Sitzen gerade auf Langstreckenflügen gut zu überstehen. MS-Betroffene sollten mehr noch als Gesunde darauf achten, keinen Durchfall zu bekommen, weil dann ihre Medikamente weniger stark wirken. Gute Nachricht: Malariamittel sind ohne Wechselwirkung mit MS-Medikamenten nutzbar. Den passenden Stromstecker-Adapter braucht man in manchen Ländern, zum Beispiel in England, um den Elektrorollstuhl aufzuladen. Weil die üblicherweise dünnen Reifen eines Rollstuhls im Sand versinken, gibt es an vielen Küsten Strandrollstühle mit breiten Reifen. Manche Patienten hätten ihm freudestrahlend davon berichtet, wie beglückend es für sie war, nach langer Zeit wieder bis an die Wasserkante heranfahren zu können, schließt Dr. med Martin Rösener.

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Der Beitrag ist zwar schon einige Zeit her, aber echt hilfreich. Vielen Dank!

Danke. Ich wusste u. a. nicht, dass man im Flugzeug die Möglichkeit hat, Medikamente in den Kühlschrank zu geben. Dachte schon, ich bräuchte eine Art akkubetriebene Mini-Kühlbox (falls es sowas gibt).

Was ist orale Standby-Medikation?

Gute Frage, aber ich vermute Kortison-Tabletten

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Kein Wort über Pflegebetten mit Galgen und verstellbarer Matratze…
Der Mann hat wirklich Ahnung worauf es ankommt… :sunglasses:

Uwe
:man_running:

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Hey Cosmo,
Leider nicht so einfach bei jeder Airline. Müsste man vorab gut abklären.
Ich habe mir eine geniale medizinische Tasche besorgt die hält 60 Stunden bei maximal 8 grad kühl. Einmal teuer aber nie wieder Stress beim reisen!
Bin über die Afiliate Partner und Lufthansa hat auch schon nach Bildern und Berichten gefragt. Ich mach’s gern mir hilft die echt.
Über den link bekomm ich eine Provision aber auf meiner Homepage sieht man ja,dass ich sie selber nutze. Also keine blinde Werbung mache.

https://www.alte-pfade-verlassen.com/know-how

Lieber Gruß und gutes Reisen

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Verstehe ich das richtig, dass ich Copaxone max. 30 Tage bei 15-25 Grad lagern kann? Denke an Urlaub von wenigen Tagen außerhalb des Hochsommers. Das wäre eine Erleichterung, sich da um Kühlung keine Sorgen machen zu müssen.

Ja der Hersteller schreibt, dass man die einmalig bis Max 25 grad lagern kann. Danach muss man sie verbraucht haben.
Ansonsten zwischen 2-8 grad in der Kühlung lagern. Ist eigentlich bei allen spritzen so der Temperaturbereich.

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Mega. Danke dir!

Ich werde nach Asien verreisen und fragte meinen Neuro nach Notfallmedikamenten in Tablettenform, falls es zu einem Schub kommt. Er lehnte mit dem Hinweis, dass heutzutage Kortison in den Kliniken gut zugänglich ist und im Notfall eine Rückreise sinnvoller ist, ab. - Kennt jemand von euch solche Tabletten, z. B. Kortison als Tabletten und falls ja, wie heissen sie?

Dexamethason
Wenn du danach suchst wirst du auch hier recht viel finden. Wichtig bei Dexamethason braucht es maximal 40mg im Schub evtl sogar weniger.
Frag am Besten deinen Hausarzt danach

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Vielen Dank! Werde nochmals einen Anlauf nehmen