Hallo alle zusammen,

mein Name ist Laura, ich bin 28 Jahre alt und habe vor kurzem meine Diagnose MS bekommen. Folgend werde ich Euch etwas von mir erzählen und im Anschluss Fragen stellen, Die mich im Moment plagen. Nichts, was ich hier schreibe, schreibe ich um zu zeigen wie toll ich bin oder was ich schon alles mitgenommen habe, sondern weil ich überhaupt keine Ahnung habe, was in meiner Geschichte für Therapien, Medizin oder irgendwas anderes wichtig sein könnte oder nicht.

Meine Vorgeschichte (kann übersprungen werden):

Seit kleinster Kindheit habe ich Allergien, die sich in Asthma, Neurodermitis und Heuschnupfen ausdrücken. Außerdem habe ich Migräne und einen trägen Magen (das Ergebnis einer lang anhaltenden, aber nicht chronischen Magen-Schleimhaut-Entzündung). Aufgrund dieser bunten Mischung von Humbug, den keiner braucht, wurde ich als Kind nur teilweise geimpft und nicht gegen alles voll immunisiert.

Mein Weg zur Diagnose (kann auch übersprungen werden):

Ende letzten Jahres war ich wegen einem Taubheitsgefühl im linken Arm (wie eingeschlafen + ziehende Schmerzen in der dazugehörenden Schulter) bei meiner Hausarztpraxis. Refelxe und neurologische Grunduntersuchung unauffällig. Verdacht: Irgendwas eingeklemmt, verlegen, gezerrt. Ab zur KG. Kurze Zeit später stellte sich Besserung ein, bis zu dem Punkt, an dem das Taubheitsgefühl komplett weg war. Yay.

Ein Donnerstag ende Mai, nach einem sehr langen Arbeitstag am PC, dachte ich, mein Hintern sei eingeschlafen. Meh, eher blöd, aber nicht tragisch. Am nächsten morgen hatte sich das eingeschlafene Gefühl komplett bis in meine Füße ausgebreitet. Nach einem echt wackligen Wochenende und einem Treppensturz wars wieder Zeit für die Hausarztpraxis. Dieses mal wurde der Ton der Ärztin ernster. Direkte Überweisung zur Neurologin plus von Ihr erzwungenen Termin am nächsten Tag (ein Hoch auf meine penetrante Hausärztin!). Der Termin bei der Neurologin war schnell und Schmerzfrei. Blutabnahme, Nervenleitunstest(?), MRT mit und ohne Kontrastmittel und Gespräch. Überweisung in die Klinik gab’s gratis dazu. Die hatten allerdings erst ende der Woche wieder was frei und ich weigerte mich, Freitags in der Klinik einzuchecken. Wart ihr schonmal übers Wochenende im Krankenhaus? Effizient ist anders. Also hab ich die Zeit genutzt und meinen Kram organisiert. “Wer füttert meine Fische wenn ich in der Klinik bin” und so. Ich schweif ab, entschuldigung. Anfang der folgenden Woche gings ab in die Klinik und los mit den tollen Tests, die Ihr sicher auch kennt (Punktion und so). Kortsion gabs auch und den nettesten Nachtdienst aller Zeiten. Tag für Tag wurden einige Krankheiten ausgeschlossen aber nie eine eindeutige Aussage gemacht. Donnerstag war es dann soweit, der Oberarzt äußerte sich das erste mal über den Verdacht auf MS (RRMS um genau zu sein, denn das Taubheitsgefühl war schon vor der Kortisongabe von alleine zurück gegangen und das Kortison schlug auch gut an) und bestätigte diesen quasi gleich. Aber nur so zu 90% weil die Ergebnisse vom Liqor noch nicht da waren. Dazu sei gesagt, dass es sich jeder in meinem direkten Umfeld, mich eingeschlossen, schon gedacht hatte, nachdem Borreliose ausgeschlossen war. Ich erzählte es meiner Familie, meinem Freund und meinem besten Kumpel. Sagte aber auch, dass ich nicht möchte, dass sie mit irgendwem außer den bisher eingeweihten darüber reden. Freitag ging es nach Hause und Samstag auf den runden Geburtstag einer guten Freundin. Die vielleicht letzte Party für eine lange Zeit, auf der mich keine mitleidigen Blicke trafen und die Leute mit mir umgingen wie immer.

Seit der Diagnose:

Die Woche direkt nach der Diagnose verbrachte ich erstmal damit, die Situation zu verdauen. Leute einzuweihen und mir zu überlegen, welches der drei Medikamente, die mir meine Neurologin aufgeschrieben hatte, wohl die beste Wahl wäre. Lustigerweise musste ich mehr andere trösten, als selbst getröstet zu werden. Ich bin Optimistin mit einem ganz furchtbaren Hang zu Ironie. Nicht alle können sich mit mir drüber freuen, dass es auch ein Tumor in meinem Kopf hätte sein können aber stattdessen nur mein eigenes Immunsystem Amok läuft.

Alle Ärzte meinten, ich solle meinen normalen Alltag leben, also ging ich in der folgenden Woche wieder arbeiten. Da fingen die guten Ratschläge dann an, die ich so sehr versucht haate, zu vermeiden…

“Der Cousin vom Hund meiner Nachbarin hat auch MS, aber seit er jeden morgen Kieselsteine kaut, gehts ihm besser” wäre unter den tausend Aussagen meiner Kollegen nicht aufgefallen. Mein persönlicher Favorit war aber ein Kollege, der mich privat null kennt und mich noch nie etwas hat essen sehen:“Laura! was Du als aller erstes machen musst: deine Ernährung umstellen!” Cool. Hauptsache umstellen, oder wie? Was wenn ich mich schon gesund ernähre? Auf Burger King zum Frühstück umschweifen? Naja seis drum.

Seither sind einige Wochen vergangen. Ich bin wieder im Alltag angekommen und habe mich mit Hilfe meiner bezaubernden Neurologin entschieden, Tecfidera zu nehmen. Nun kam allerdings meine vorher erwähnte, penetrante (nicht negativ auslegen!) Hausärztin in Spiel, der auffiel, dass ich noch Impfungen brauche, die in meiner Kindheit aufgrund von akutem anderem Kram nicht gemacht wurden. Die Liste lautete wie folgt:

Pneumokocken, Hepatitis A und B und FSME

Meine Situation ist die folgende: Ende September gehe ich mit meinem Freund nach Teneriffa in den Urlaub, vom auswertigen Amt empfohlen wäre hier die Hep. A Impfung (wobei ich dann gleich A und B gemeinsam machen würde). Allerdings ist geplant, dass ich nächste Woche mit Tecfidera anfange, was ja mindestens mal 4 Wochen braucht, um die volle Dosis zu nehmen. Länger möchte ich eigentlich nicht warten, da ich zu besagtem Urlaub gerne gut auf das Medikament eingestellt sein will. Meine Neurologin sagt, ihr ist nichts bekannt, was impfen während der Einnahme von Tecfidera widersprechen würde, allerdings hätte Sie persönlich auch noch nie mitbekommen, dass ein Patient sich währenddessen hätte impfen lassen. In der Patienteninformation zu Tecfidera (dmsg) steht, man solle VOR der Therapie alle für MS empfohlene Impfungen machen. Aber davon mal abgesehen, müssen auch diese ja irgendwann aufgefrischt werden (Tetanus und co). Wenn ich jetzt erst noch die Impfungen mache, und dann erst die Therapie anfange, kommt das mit dem Urlaub nicht gut hin…

Und so kommen wir zu meiner wichtigsten Frage:

Hat von Euch jemand Erfahrungen mit Impfungen während der Medikation mit Tecfidera gemacht? Gibts es Probleme oder eine abgeschwächte Wirkung der Impfung und gegen was habt Ihr Euch impfen lassen?

Wenn sich jemand wirklich die Zeit genommen hat, meinen Roman zu lesen ohne sich schwallartig zu übergeben oder mich unbekannterweise zu hassen, glückwunsch und Danke für die Geduld!

Und Danke im Voraus für eventuelle Antworten.

Liebe Grüße,

Laura

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Also bei Impfungen in Zusammenhang MS würde ich eher kritisch gegenüberstehen. Also nur das machen was sein muss.

Jede Impfung bedeutet eine Aktivierung vom Immunsystem und kann daher auch ein Schubauslöser sein.

Da finde ich die Sorgfalt deiner Hausärztin etwas unüberlegt!!

Hallo Laura,

mal eine ganz andere Frage: Warum Tecfidera, eine immunsuppresive Therapie, weil es so schön bequeme Tabletten sind?

Ich würde das nicht machen, die Ersttherapie sollte nicht gleich ein Immunsuppresivum sein. Es gibt MS Medikamente bei denen das später eine Rolle spielen könnte und vielleicht das Risiko für Nebenwirkungen erhöhen kann.

Das muss aber nicht so kommen.

Ich musste vorm Lemtrada eine ganze Latte an Impfungen machen und mit der zweiten Masern sogar einen Lebendimpfstoff und es ist überhaupt nichts passiert.

Ja müssen ist bei uns eh nie oder? :wink:

Hallo nochmal,

erstmal Danke für die schnellen Antworten.

Meine Neurologin hat mir zu Tecfidera geraten, da es wohl doch sehr viel einfach ist, es wieder abzusetzen um ggf etwas anderes zu probieren, wenn ich es nicht vertrage. Tecfidera hat mit 6 Stunden die kürzeste Halbwertszeit aller MS Medikamente und muss nicht ausgewaschen werden bzw muss keine so lange Zeit zwischen zwei Therapien liegen, wie bei anderen Medikamenten. Außerdem zeigte das MRT einige zurückliegende Läsionen, weshalb sie die milderen Medikamente für nicht ausreichend hält.

In wie fern kann sich das Tecfidera auf künftige Therapien negativ auswirken?

Wegen den möglichen Schüben zwecks den Impfungen sind wir auch am überlegen, was tatsächlich notwendig oder sinnvoll wäre. Deshalb habe ich auch speziell Hepatitis angesprochen, da es wie gesagt, vom auswertigen Amt empfohlen wird.

Im Moment bin ich insgesamt auch ehrlich gesagt , ein bisschen überfordert mit dem ganzen.

In wie fern kann sich das Tecfidera auf künftige Therapien negativ auswirken?

Es kann die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen erhöhen.

Würde ein JCV Antikörpertest gemacht? Wurde bewusst Tysabri als Therapie ausgeschlossenen?

Bzgl. Impfungen:
Was nicht sein muss würde ich halt lassen. Schutzimpfungen wenn man in ein fremdes Land fährt würde ich schon machen.

Hallo Laura,

schwierige Frage und auch leider nicht wirklich beantwortbar.

MS ist keine Allerweltskrankheit mit festen Regeln. Es gab mal den schönen Spruch, alles kann und nichts muss. Das trifft es relativ gut.

Du kannst alle Impfungen machen, Tec einwerfen und trotzdem mit einem Schub im Urlaub flach liegen. Als Krönung verweigert dir dann auch noch deine Versicherung den Rücktransport weil die Erkrankung bei Reisenantritt ja schon bekannt war. Da helfen dir auch keine Erfahrungen von anderen Patienten.

Aber das sind alles nur “Möglichkeiten”, ähnlich wahrscheinlich wie der dritte Weltkrieg. Also lass dir nicht den Urlaub versauen. Der einzige Unterschied zwischen dir und den angeblich “Gesunden” ist, du hast Grund dich auf den Urlaub zu freuen und ihn zu genießen.

Ärzte sind auch nur Fachidioten die kluge Sprüche klopfen. Ihr Geld bekommen sie in jedem Fall, unabhängig vom Erfolg.

Man kann jede Therapie auch wieder absetzen, hab ich mit Copaxone und Tecfidera auch schon gemacht, evtl. mittelfristig auch mit Plegridy

Zu Impfungen kann ich nichts sagen, lasse mich nicht mehr impfen. aber wenn ich in exotische Gegenden ginge, würde ich mir ggf die entsprechenden Impfungen schon machen lassen. Ich bevorzuge aber Europa

Der Spruch “alles kann - nichts muss” trifft es wunderbar in Sachen MS. Jede MS ist anders und bei jedem wirkt jedes Medikament anders. nichts genaues weiß man nicht, auch was die individuelle wirkung dieser prophylaktika angeht.

Na da hat die Neurologin mal wieder den typischen Medikamentenblödsinn erzählt.

Tecfidera ist nicht wirksamer als die milden Medikamente, es ist nur risikoreicher und wird von den Neurologen auch noch schlecht überwacht. Aubagio welches ausgewaschen werden muss, würde ich niemanden empfehlen.

Hält sie jetzt schon die angeblich milden Medikamente für nicht ausreichend, dann ist die Wahl von Tecfidera noch schlechter. Sollte das nämlich nicht wirken, dann wurdest du mit einem Immunsuppresivum vorbehandelt und das kann bei Tysabri (Natalizumab) zu einem höheren Risiko für eine progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) führen.

Sollte die MS mehr Aktivität entwickeln, dann hat man mit Tysabri mittlerweile gute Erfahrungen gesammelt. Viele MSler sind darunter lange Zeit schubfrei und die MS gut behandelt. Den JC Virus, welcher die PML versucht, kann man jeder Zeit bekommen. Man weiß immer noch nicht wie man sich damit infiziert und ohne Medikamente ist dieses Virus kein Problem. Je älter wir werden umso mehr Leute haben ihn im Körper ohne jemals etwas davon zu merken.

Man kann auch unter Tecfidera eine PML bekommen, nämlich dann wenn die Neurologen die Therapie nicht gut überwachen und die Lymphozyten zu tief sinken. Allerdings kommen beim Tysabri mehr PML Fälle vor, je wirksamer umso höher auch die möglichen Risiken.

In der Uniklinik Hamburg Eppendorf wurde eine Broschüre zur Wirkung der MS Therapien erstellt und nicht nur die bunten Pharmaheftchen, die einem in die Hand gedrückt werden.

http://www.dmsg-hamburg.de/wp-content/uploads/2015/08/ISDIMS_Immuntherapien-MS_Neufassung_Maerz_2013.pdf