Hallo zusammen,

eine Freundin hat mir das Forum empfohlen und ich wollte mal eine Frage in die Runde werfen.
Erst mal zu meinem, noch jungen, Krankheitsverlauf:
Ende März sind meine Beine eingeschlafen. Innerhalb von 2 Tagen zog es sich hoch bis zur Hüfte. Nicht komplett gefühllos… wie eingeschlafen eben.
Nachdem dann in den nächsten 2 Wochen alles durchgecheckt wurde (MRT der kompletten Wirbelsäule und Kopf, Nervenwasser, Blut und Urin glaub ich auch… weiss nicht mehr) wurden 3 Entzündungsherde gefunden. Einer in der Wirbelsaule und 2 im Kopf.
Dann waren die Aussage alle etwas vorsichtig aber erstmal gabs 3x1000ml Cortisoninfusion mit ausschleichen über 10 Tage.
Das eingeschlafene Gefühl hat sich dann auch innerhalb von 2 Wochen ziemlich zurückgezogen bis zum Knie. Alles Abwärts des Knies war noch eingeschlafen.
Seit dem, also ca. Anfang Mai, hat sich wenig getan. Es sind noch ca. die hälfte des Unterschenkels und die Füsse betroffen.

Jetzt stehe ich gerade vor der Frage ob ich mir noch mal 3x1000ml verpassen lassen soll. Ich habe gestern schon einen Termin für Montag gemacht aber bin am zweifeln.

Bin ich zu ungeduldig? Sind ja immerhin schon fast 3 Monate ohne wirklichen Fortschritt.
Ich weiss die Verläufe sind extrem individuell aber ich würde mich über einen Austausch freuen. Ich mach das ganze Thema z.Zt. ziemlich mit mir alleine aus und stoß langsam an meine Grenzen.

Vielen lieben Dank schon mal,
Jonas

Hallo Jonas,
bei mir ist die Diagnose auch noch nicht so lange her. Im Januar wurde es festgestellt aber eigentlich hätte das schon vor einem Jahr passieren sollen. Der Neurologe hat ein bisschen gepennt.
Ich hatte ähnliche Symptome nur ging es bei mir bis zum Hals hoch und auch in die Hände. Da ich in einer Uniklinik Patient bin habe ich wechselnde Ärzte. Bisher hat jeder gesagt das man bis zu sechs Monate Spaß an den Symptomen hat und das es eben dauert bis alles wieder normal ist. Meine Schwester (die auch MS hat) sagte mir das ihr Neurologe das anders sieht und solange Cortison gibt bis alles verschwunden ist.
Vill fragst du einfach mal einen anderen Arzt um seine Meinung? Ich habe mir nach meinem Krankenhausaufenthalt noch drei andere angesehen und nach Meinungen und Informationen gefragt. Das war sehr hilfreich auch andere Sichtweisen zu hören.

Bei mir hat sich nach ca. 5 Monaten alles zurückgebildet. Bis auf meine Hände. Die sind bis heute taub. Aber das ist ok und man lernt damit umzugehen.

LG
Melanie

Hallo Jonas,

willkommen im Klub, auch wenn niemand hier gerne Mitglied sein möchte!

Ich schätze mal, dass deine tauben Füße von dem Herd im Rückenmark kommen. Rückenmarksherde sprechen auf Cortison oft nur schlecht an. Da kann es schon mal ein halbes oder ganzes Jahr dauern, bis sich so was zurückgebildet hat.

Ein Nachschlag mit Cortison kann sinnvoll sein, wenn die Entzündung trotz des ersten Cortisonstoßes noch aktiv ist. Das könnte man am ehesten im MRT mit Kontrastmittel feststellen, aber das wäre zu teuer.

Normalerweise macht man so einen “Nachschlag” innerhalb von zwei, drei Wochen nach dem ersten Stoß; danach ist er meist wenig sinnvoll. Da bei deinen Beschwerden nichts Neues hinzugekommen ist, sondern alles schon vor dem ersten Cortisonstoß da war, dürfte es zu keiner neuen Schrankenstörung gekommen sein. Dann kann Cortison höchstens ein bisschen aufputschen, aber langfristig schadet es mehr, als es nützt.

Dasselbe gilt übrigens fürs Ausschleichen; früher, als man mit Cortisonen noch nicht richtig umgehen konnte, hat man oft doppelt so lange ausgeschlichen, wie die eigentliche Behandlung dauerte. Nach einem fünftägigen Stoß hat man zwei Wochen lang ausgeschlichen, so etwa.

Neuros, die auf dem aktuellen Stand sind, schleichen nicht mehr aus. Nach einer nur wenige Tage dauernden Stoßtherapie ist das nicht nötig. Das Ausschleichen führt paradoxerweise den Zustand, in dem ausgeschlichen werden muss, erst herbei.

Durch die Zufuhr des Cortisons von außen über mehr als 5 - 7 Tage fahren die Nebennierenrinden ihre eigene Produktion herunter, und damit sie sie wieder aufnehmen, muss man mit der Zufuhr von außen langsam runtergehen.

Das Ausschleichen, das von älteren Neuros noch gemacht wird, hatte oft verheerende Folgen: viele MS-Patienten, die häufig Stoßtherapien mit Ausschleichen gemacht haben, haben heute kaputte Knochen und kaputte Augen.

Neurologen plus Cortison ist leider oft eine gefährliche Kombination; das habe ich bei meinem Diagnose-Schub gemerkt, als mich die Stoßtherapie mit Prednisolon fast auf die Intensivstation gebracht hätte.

Ich habe meine ersten Cortisonerfahrungen vor 40 Jahren beim Allergologen gemacht, und kann mit diesen Stoffen umgehen. Mein Neuro hat das inzwischen auch akzeptiert und verschreibt mir die Cortisonsorte, die ich vertrage (Dexamethason). Die Dexamethason-Standarddosis bei der Stoßtherapie ist 40 mg/d an fünf aufeinanderfolgenen Tagen; mir reichen 24 oder 32 mg.

Meine Füße sind übrigens seit meinem Diagnose-Schub 2005 taub geblieben; da kam der Cortisonstoß schon zu spät. Seit der Diagnose, bei der ich schon schwerbehindert war, spritze ich Beta-Interferon und habe damit sehr gute Erfahrungen gemacht.

Liebe Grüße
Renate

Danke euch zwei. Das sind ja schon mal ne menge Infos. Ich muss mir das noch mal durch den Kopf gehen lassen, tendiere aber dann doch dazu noch mal abzuwarten. Ungeduld ist wohl fehl am Platz, aber fällt schwer

und danke auch noch mal für die ganzen Infos zu Cortison! Wusste gar nicht das es diverse varianten gibt und auch die Darreichungsform so abweicht

ich werde mich in meinem urlaub jetzt endlich mal mit dem thema auseinandersetzen. Während der Arbeit hatte ich die Befürchtung das es mich evtl. bissl aus der Bahn wirft und das kann ich gerade nicht so brauchen.

Hallo aerga,

ja, es gibt eine ganze Reihe Glucocorticoide (“Cortisone”) mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften, unterschiedlicher Wirkung und unterschiedlichen Nebenwirkungen. Neurologen sind da oft total unterbelichtet.

Meiner hat anfänglich auch gesagt: “Für mich ist Cortison Cortison.” Das ist leider bei Neurologen die Regel! Ich musste ihn dann erst mal mit ein paar Informationen versorgen, damit er wenigstens die wichtigsten Unterschiede verinnerlichen konnte.

Für den Einstieg, wenn du mal Zeit hast, würde ich dir (und jedem, der dies hier sonst noch liest) erst mal diese Wiki-Seite empfehlen: http://de.wikipedia.org/wiki/Glucocorticoide

Die Tabelle in der Seitenmitte listet die wichtigsten Glucocorticoide auf und man sieht schon, wenn man die biologische Halbwertszeit und die Wirkungsstärke vergleicht, dass sie sehr verschieden sind.

Wenn du die einzelnen Glucocorticoide dann anklickst, kannst du dazu noch einiges mehr lesen.

Ich nehme nur Dexamethason, da ich auch noch Herzrhythmusstörungen und Vorhofflimmern habe und die Glucocorticoide mit mineralocorticoiden Nebenwirkungen nicht vertrage. Nicht nur ich - aber leider sind gerade diese Glucocorticoide (Prednisolon, Methylprednisolon) in der Schubbehandlung seit 20 Jahren Standard.

Wenn du dann mal Zeit für das Thema hast und noch Fragen hast, dann stelle sie; ich lese fast jeden Tag hier.

Liebe Grüße
Renate

Hallo Renate,
das ist ja interessant, was Du da schreibst. Ich bin kein Arzt oder Fachmann, aber als MS-Betroffene weiss ich, dass bei mir im KH die Stosstherapie immer mit Solumedrol (Wirkstoff: Methylprednisolone) durchgeführt wird. Weisst Du etwas über Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen Kortison-Produkten, die eventuell auch in Frage kämen??
Ich frage dies, da meine Leber und eigentlich mein ganzer Körper Solumedrol ganz schlecht verträgt.
Danke!
LaLeLu

Hallo Renate,

Danke nochmals für die Infos. Ich war heute noch mal beim doc und habe die Behandlung abgesagt. Die Erfahrungen vieler anderer raten dann doch recht geschlossen zur Geduld und das ohne neue Symptome eine erneute stoßtherapie nichts bringt.
Meine bisherige war mit Methylprednisolon. Ich werde mich die tage mal etwas intensiver einlesen. Ich habe mich noch kaum mit der Krankheit auseinandergesetzt. Ist alles irgendwie unwirklich.

Hab jetzt den ganzen August frei und fahre nach Italien! Viel barfuß laufen und wandern. Ich trampel die Taubheit einfach raus :wink:
Danke,
Jonas

Hallo Jonas,

dann wünsche ich dir schöne Ferien! Gute Besserung beim Wandern und bei la dolce vita! Ich halte das auch für eine weit bessere Kur als nochmal Cortison reinzupumpen.

Es ist ein segensreicher Stoff, der zweifellos schon vielen das Leben gerettet hat, aber bei dem Unfug, den gerade die Neurologenbranche mit Cortison oft anstellt, kann man manchmal wirklich nur sagen: Rette sich, wer kann!

Genieße deinen Urlaub und lass es dir gut gehen! Kommt Zeit, kommt Rat; im September ist es noch früh genug, um über Therapieoptionen nachzudenken!

Liebe Grüße
Renate

Hallo LaLeLu, „nur der Mann im Mond schaut zu …“ träller

ich bin doch auch kein Arzt, auch sonst nicht vom Fach - bin aber Allergikerin seit über 40 Jahren. Seither habe ich manches Cortison am eigenen Leibe erlebt, die meisten oral, manche auch inhaliert oder als Salbe angewendet. In meiner Verwandtschaft gab/gibt es noch mehr Allergiker; schon mein Vater wurde mal mit Cortison bei einer Anaphylaxie dem Tod gerade nochmal von der Schippe geholt.

Bei meinem Diagnose-Schub erhielt ich Infusionen mit Prednisolon - 500 mg an vier (geplant: fünf) aufeinanderfolgenden Tagen; dann hatte ich solches Herzrasen, dass die Infusionsserie abgebrochen werden musste und ich um ein Haar auf die Intensivstation verlegt worden wäre.

Ich hatte im Langzeit-EKG einen Ruhepuls von 220; ab 200 besteht Lebensgefahr. Ich wurde daraufhin mit einem Betablocker behandelt, und musste an meinen schubbedingten Klinikaufenthalt noch eine Woche dranhängen lassen, weil die Kardiologen mich nicht entlassen wollten.

Leider hatte ich im KH keinen Internetzugang, sodass ich erst zu Hause recherchieren konnte, was bei mir falsch gelaufen war. Ich hatte Prednisolon bekommen, das sehr starke mineralocorticoide Nebenwirkungen hat, d.h. es hemmt die Natriumausscheidung und verstärkt die Kaliumausscheidung. Daher steht in der Fachinformation zu Prednisolon auch ausdrücklich, dass der Serumkaliumspiegel zu überwachen ist

Das hat man bei mir nicht gemacht, und ich glaube, das wird generell nicht regelmäßig gemacht: „Wir lesen keine Fachinformation, wir können’s so!“, oder: „Das ist nur nötig bei einer Langzeittherapie, aber doch nicht bei einem kurzen Stoß!“, oder: „Bei einer kurzen Stoßtherapie spielen die mineralocorticoiden Nebenwirkungen doch keine Rolle!“

Das ist die herrschende Auffassung in Neurologenkreisen. Bei mir HABEN diese NW aber eine Rolle gespielt, und wenn ich ein gefügiges Lämmlein von Patientin wäre und keine renitente alte Kuh, dann hätten die es fertiggebracht, mir auch die fünfte Ladung noch reinzupumpen, und ich wäre womöglich wirklich auf der Intensivstation gelandet!

Wer sich nicht gegen solche Neurologen wehrt, lebt verkehrt! Muss es denn wirklich erst zu Prozessen wegen Behandlungsfehlern kommen, bevor diese Herrschaften geruhen, sich mal weiterzubilden?

Dabei sind diese Nebenwirkungen seit Jahrzehnten bekannt, und auch die Risiken einer Hypokaliämie (die bis zum Herzversagen reichen können). Ich glaube, diese Wurstigkeit hat sich nur deswegen so breit machen können, weil wir MS-PatientInnen uns zu wenig wehren. Der Patriarch im Weißkittel ist inzwischen aber ein Auslaufmodell!

Ich habe jedenfalls seit meiner Kardio-Krise beim Diagnose-Schub kein nicht-fluoriertes Glucocorticoid wie Prednisolon mehr in meinen Körper gelassen. Nur noch fluorierte, ohne Herzrisiko, wie Betamethason, Dexamethason, Triamcinolon. Als ich 2007 meinen Spritzpausen-Schub hatte, wollte mein Neuro mich an die Prednisolon-Tanke hängen, aber ich habe mich geweigert.

Ich hatte noch Dexamethason-Tabletten vom Zahnarzt, die habe ich dann genommen, und als ich bei meinem Spritzpausen-Schub meinem Hausarzt meine Probleme mit dem Prednisolon schilderte, hat er mir aus seinem Fundus „verwaister“ Medikamente gleich mal eine Packung Dexamethason-Tabletten zur Selbstmedikation geschenkt. Ohne mir dazu groß einen Vortrag zu halten - er wusste ja, dass ich damit umgehen kann. Er gehört schon der Ärztegeneration an, die mit „mündigen Patienten“ gut zurechtkommt.

Die Glucocorticoide Prednisolon und vor allem Methylprednisolon, die seit Anfang der 90er Jahre in der Therapie des akuten MS-Schubs Standard sind, sind nicht fluorierte, kurz wirkende Glucocorticoide mit mineralocorticoiden Nebenwirkungen, wobei diese NW bei Prednisolon noch deutlich stärker sind als bei Methylprednisolon.

Wenn es schon eines von diesen sein muss, dann ist auf jeden Fall der Serumkaliumspiegel im Auge zu behalten und man sollte zur Verringerung der Wassereinlagerungen möglichst natriumarm essen. Sich dazu ein Kaliumpräparat verschreiben zu lassen („zur Hypokaliämieprophylaxe unter Glucocorticoidstoß“) ist auch empfehlenswert.

Das Problem bei der Schubtherapie im Krankenhaus ist, dass der Klinikbetrieb es meist nicht erlaubt, das Cortison im Einklang mit dem zirkadianen Rhythmus der körpereigenen Cortisolproduktion in den Nebennierenrinden zu verabreichen. Die körpereigene Produktion erreicht zwischen 6 und 8 Uhr morgens ihren Höhepunkt, und zu dieser Tageszeit sollte es auch eingenommen werden.

Ich habe aber im KH die Infusionen zwischen 11.00 und 12.30 Uhr bekommen (z.Teil sogar nach dem Mittagessen!). Eine frühmorgendliche Verabreichung ist aber auch nicht realisierbar, wenn man sich die Infusionen beim Hausarzt geben lässt. Da muss man ja erst mal hinkommen, und die Praxis muss erst mal aufmachen, und dann wird es eigentlich auch schon zu spät.

Da oral verabreichtes Cortison, wie sich längst bestätigt hat, ebenso gut wirkt wie infundiertes, kann man eine Schubtherapie ebenso gut mit Tabletten machen, die man frühmorgens zu Hause einnimmt. Außerdem halte ich die Overkill-Dosen, die seit der hirnrissigen Optikusneuritis-Studie von Beck et al. verabreicht werden, für unnötig. Ich glaube, dass diese Hammerdosen mehr schaden als nützen, nicht nur den Knochen, sondern z.B. auch der Leber.

Einen Stoff, von dem unser Körper täglich in den Nebennierenrinden eine Dosis produziert, die 7,5 mg Prednisolon äquivalent ist, muss man nicht grammweise reinpumpen. Dass man an so hohen Dosen nicht stirbt, heißt nicht, dass sie nötig sind.

Ich bevorzuge daher die Schubtherapie, wie man sie bis Anfang der 90er Jahre gemacht hat (und an manchen Kliniken noch heute durchführt), auch wenn manche Neurologen sie als „veraltet“ bezeichnen: mit Dexamethason oral.

Ich vertrage es sehr gut, da es keine mineralocorticoiden Nebenwirkungen hat. Als Standarddosis für eine orale Stoßtherapie mit Dexamethason gilt 40 mg pro Tag, das sind beim üblichen Tablettenkaliber fünf Tabletten à 8 mg.

40 mg Dexamethason sind auch die Standarddosis bei Anaphylaxie. In diesem Kaliber gibt es Fertigspritzen; die hat der Notarzt im Koffer, und der Radiologe hat sie auch griffbereit, falls mal jemand das Kontrastmittel nicht verträgt.

Es gibt übrigens auch noch eine 100-mg-Dexamethason-Spritze; das ist aber eine Dosis, die nur ganz ausnahmsweise bei schweren Schockzuständen und stationärer Behandlung gebraucht wird. Schon 40 mg Dexamethason sind eine hohe Dosis; sie ist dem Vierzigfachen der körpereigenen Tagesproduktion an Cortisol in den Nebennierenrinden äquivalent!

Für eine Cortisontherapie gibt es nur eine Regel, auf die man sich in den vergangenen Jahrzehnten geeinigt hat, seit es diese Stoffe gibt: Die Glucocorticoidtherapie wird empirisch und individualisiert durchgeführt, um eine effektive Behandlung mit der niedrigst möglichen Dosis zu erreichen und die Nebenwirkungen gering zu halten.

Das bedeutet, dass für jede Indikation innerhalb eines allgemein empfohlenen „Dosierungsfensters“ eine individuelle Dosis für jeden Patienten gefunden werden muss. Daher ist es selbstverständlich auch erlaubt, weniger zu nehmen, wenn man weniger braucht.

Beim Dexamethason reicht das „Dosierungsfenster“ bis 40 mg/Tag. Ich brauche weniger, mir reichen 24 oder ausnahmsweise mal 32 mg. Meist gehe ich nach drei Tagen mit der Dosis runter, auch, weil sich das Dexa dann auf meine Spastik auswirkt und die soweit abschwächt, dass ich Puddingbeine bekomme und nicht mehr stehen kann.

Ich muss ohnehin jeden Monat zum Blut-Abnehmen, wegen meiner Marcumarisierung, und nehme außer Betaferon noch ein paar Medikamente, lasse vierteljährlich die Leberwerte checken, aber meine Leber verträgt alles gut.

Vielleicht sind es nur die hohen Dosen, die deine Leber nicht mag? Nach meiner Überzeugung sind die unnötig. Eine so riesige Cortisondosis kann im akuten Schub nach meiner Überzeugung nicht mehr bewirken als die Dosis, die zur Behandlung eines anaphylaktischen Schocks ausreichen würde.

Cortison im akuten Schub hat die Aufgabe, die Blut-Hirn-Schranke zu schließen, um das Eindringen weiterer Entzündungszellen in den Liquorraum zu stoppen. Es kann kein Myelin flicken, nichts reparieren oder heilen. Das kann nur der Körper selbst!

Die „Blut-Hirn-Schranke“ wird hauptsächlich vom Endothel – der innersten Zellschicht der kleinsten Hirngefäße – gebildet und stellt die Barriere zwischen dem Blut- und dem Liquorraum dar.
http://de.wikipedia.org/wiki/Endothel

Die Zwischenräume zwischen den Zellen des Endothels werden von sogenannten Tight Junctions gebildet, „dichten Verbindungen“, das sind schmale Bänder aus Proteinen, die die Zellen des Endothels miteinander verbinden und dadurch dessen Durchlässigkeit regulieren.
http://de.wikipedia.org/wiki/Tight_Junction

Dies geschieht durch das Transmembranprotein Occludin, das von den Endothelzellen gebildet wird.
http://de.wikipedia.org/wiki/Occludin

Glucocorticoide fördern die Ausschüttung von Occludin, machen also die Blut-Hirn-Schranke dichter. Schon seit den 1970er Jahren werden sie darum bei Erkrankungen mit geschädigter Blut-Hirn-Schranke erfolgreich eingesetzt.
http://opus.bibliothek.uni-wuerzburg.de/frontdoor.php?source_opus=5668&la=de

Wieder ein Beispiel, dass man schon weiß, DASS ein Medikament wirkt, lange bevor man erklären kann, WIE es wirkt.

Occludin (eigentlich gibt es mehrere Occludine) wurde aber erst 1993 von einer japanischen Forschergruppe erstmals beschrieben. Gut möglich, dass ältere Neurologen nichts davon mitbekommen haben und daher nicht erklären könnten, wie Cortison im akuten Schub wirkt.

Ich bin davon überzeugt, dass die Cortisondosen, die man bis Anfang der 90er Jahre zur Schubbehandlung verabreicht hat, zur Abdichtung der Blut-Hirn-Schranke völlig ausgereicht haben, und dass die irrsinnigen Hammerdosen, die seit der Beck-Studie Standard sind, unnötig und schädlich sind. Vor allem, wenn dann auch noch ausgeschlichen wird. Ich habe den Eindruck, dass Gelenkkopfnekrosen und Augenschäden bei den MS-lern seither häufiger geworden sind!

Der einzige Vorteil, den Methylprednisolon gegenüber Dexamethason hat, ist, dass es nicht plazentagängig ist. Eine Schubbehandlung mit Dexamethason kommt in der Schwangerschaft nicht in Frage. Aber die Cortison-Analphabeten unter den Neurologen wüssten wahrscheinlich nicht einmal das.

Sehr gute Informationen zur Schubtherapie enthält die Broschüre des UKE:
http://www.gesundheit.uni-hamburg.de/upload/Schubtherapie_der_MultiplenSklerose.pdf
(Stand vom Juni 2011)

Liebe Grüße
Renate