Hallo Zusammen,

bei mir wurde vor knapp 2 Monaten die Diagnose MS an den Kopf geworfen…jetzt soll ich mich entscheiden, wie ich meine ms behandeln möchte…mein Neuologe sagt, dass ich mir Avonex/Betaterferon spritzen sollte…der Oberarzt in der Uniklinik rät mir jedoch zu Tysabri…
Natürlich ist Tysabri wahrscheinlich das potenteste Mittel auf dem Markt und viele andere raten mir auch dazu, aber ich fühle mich total unsicher und weiß nicht was ich machen soll. Was ist, wenn ich eine von 1000 bin die an PML erkranken? Oder wenn sich in 5 Jahren andere Krankheiten entwicklen? Soweit ist das Medi ja noch nicht erforscht…

Hat jemand von euch auch derartige Erfahrungen gemacht? Mache ich mir vielleicht um sonst soviel Panik?

Über jede Hilfe würde ich mich sehr freuen!!!

Liebe Grüße,

Miri

Hallo Miri,

das Medikament mit den längsten Langzeiterfahrungen ist Betaferon (seit 1988, also fast 19 Jahre). http://www.schering.at/scripts/de/30_presse_medien/31_presse_news/050415_betaferonltfaandt.php

Ich würde es erst mal mit einem Interferon probieren. Tysabri soll man erst bekommen, wenn die herkömmlichen Basistherapien nichts gebracht haben.

LG Birgit

Hallo Birgit,

danke für deine schnelle Antwort!

Gibt es denn noch andere Gründe die nicht dafür sprechen mit Tysabri als Ersttherapie zu beginnen?

LG

Hallo Miri,

Wie alt bist du? Was hast du für Beschwerden?

ich habe im Dez 05 die Diagnose MS bekommen. Mir wurde damals erst noch keine Therapie empfohlen, außer dass ich halt Kortison bekommen habe.
Meine Beschwerden haben sich nur kurzfristig leicht gebessert.

Ich habe dann erst mal eine medizinische Reha beantragt und war dann von Februar bis März 6 Wochen in Reha. Von meinem behandelnden Neurologen wurde im Bericht an die Reha ein weiterer Kortisonstoß empfohlen, da ich erneute Beschwerden bekommen habe. Der Oberarzt der Reha lehnte dies ab, mit der Begründung es gibt keinen Grund dazu (naja seh ich nicht so, da ja was neues dazu kam! Gut, damals hatte ich überhaupt keine Ahnung und nahm es einfach so hin). Während der Reha hatte ich wieder einen Schub (die Ärztin dort lies mich einfach sitzen, trotz, dass ich fast nicht laufen konnte und der Oberartz meinte es sei bloß Überanstrengung). Ich bestand nach meiner Reha auf ein MRT und wie sich bewies, hatte ich einige neue Herde…

Dann wurde mir die Therapie mit Betaferon empfolen (ich stimmte natürlich zu, weil ohne irgendwas zu nehmen, sah mein Verlauf richtig schlecht aus, zumal die Ärzte sich schon auf die 2. Verlaufsform “sekundär-progredierend” festlegten.). Also begann ich mit den Spritzen, während ich erneut im Krankenhaus zur Kortisonstoßtherapie war.
Da sich bis Juni noch immer nichts besserte, sollte ich wieder zur Kortisonstoßtherapie ins Krankenhaus. Nur dieses Mal nicht wie sonst 5 Tage mit jeweils 1000mg Kortison, sondern 5 Tage mit jeweils 2000mg Kortison.
Auch dies half immernoch nicht wirklich. Zudem stellte sich raus (nachdem ich einfach aus heiterem Himmel offene Wunden am Bauch vom spritzen bekam), dass ich Betaferon überhaupt nicht vertrage. Copaxone (das spritzt man jeden Tag, viele haben auch damit sehr gute Erfahrungen gemacht) kam nicht in Frage, da dies nur für die 1. Verlaufsform ist.

Nun war der Stand so, dass das Tysabri im Juli 06 erneut auf dem MArkt kam…mein Arzt war dem Medi noch etwas skeptisch gegenüber und wollte eigentlich mindestens 6 Monate warten, bis er mehr über die jetzigen Wirkungen und Erfahrungen mit Tysabri erfuhr…

Da ich auch ziemlich respekt vor der Infusion hatte, verblieb mein Neurologe und ich so, dass wir jetzt wieder etwas warten und wenn wieder eine Verschlechterung auftritt, dass ich dann wieder zum MRT gehe und wenn auch dort wieder neue Herde auftreten, dass ich dann direkt ins Krankenhaus soll um erneut Kortison zu bekommen…

Mein Neurologe klärte mich auch ausführlich über das Tysabri auf.

Naja…war ja klar…also war ich dann im September wieder im Krankenhaus, bekam wieder das leckere Zeug und nun überlegten die Ärtze, ob sie für meinem Verlauf “nur” den sekundär-progredierenden Verlauf oder sogar den primär-progredierenden Verlauf zuordnen.

Also ich machte meinen Ärtzen dann absolut klar, dass es mir egal ist, was sie dem Kind nun für einen Namen zuteilen, ich will nur ein Medikament haben, was mehr ERfolgversprechend ist…
Also viele Gepräche hin und her, auch um das Tysabri und nun nehme ich seit okt. 06 alle 4 Wochen das Medi und hatte endlich fast einen kompletten Stillstand.

Ich konnte nur jetzt am 13.07. meine Infusion wegen einer starken Erkältung nicht nehmen…werde es aber jetzt hoffentlich am 27.07. nehmen können.

ICh sollte auch im April/Mai 06 vom Medizinischen Dienst der Krankenkasse erneut eine Reha beantragen…ganz klar, die wurde abgelehnt, weil ich ja erst eine hatte. Habe dann mit der VDK einen Widerspruch eingeleitet…musste dann im Nov zum Gutachter und somit war ich dann im Mai zur Belastungserprobung in Reha (diese war 6 Wochen genehmigt, wurde aber nach der 5 Woche von den Ärzten abgebrochen, da die Empfehlung feststand…volle Erwerbsminderung auf Zeit, weil mein Körper halt im letzen Jahr sehr viel mitgemacht hat, ist auch mein Kopf ziemlich langsam und wenig belastbar. Aber wir gehen davon aus, dass sich das zumindest mit Ergotherapie wieder erholt und ich dann in ca 1 Jahr wieder einen Antrag zur Belastungserprobung stellen kann und dann auch wieder arbeiten gehen kann).

Nachdem das Tysabri bei mir so gut wirkte (und es soll laut den Ärtzen etc. auch das erfolgversprechendste Medi sein), verabreichte mein Neurologe einer weiteren Patientin Tysabri. Bei ihr entwickelten sich Antikörper und sie nimmt natürlich kein Tysabri mehr (in welcher Form oder Art und Weise sich das bei ihr äußerte, weiß ich nicht, darf er mir ja nicht sagen. Aber ich weiß so viel, dass es ihr, bis auf die MS, gut geht).

So, was ich dir mit meiner langen und ausführlichen Schilderung mitteilen möchte:

Du wirst immer viele Meinungen hören, keiner kann dir wirklich sgaen, welches Medi am Besten für dich ist (Ärzte und Apotheker, die beurteilen meist nach Statistiken, klar natürlich auch nach ein paar Meinungen von Betroffenen).
Ich persönlich rate dir, probier Intaferon / Betaferon aus oder sprich Copaxone bei deinem Neurologen an (wenn du dich dafür entscheidest, frag auch gleich wie du Paracetamol oder Ibuprofen einnehmen sollst. Die Tabletten sind für/gegen Nebenwirkungen wie Grippeähnliche Symptome. Die Tabletteneinnahme muss man auch selbst für sich herausfinden, manche nehmen eine vorm spritzen, manche eine nach dem spritzen, manche nehmen eine davor und eine danach…also das kommt auch auf die Reaktion deines Körpers an)
Zu Tysabri würd ich erst greifen, wenn du mehrere Schübe hast und die Spritzen nicht mehr in Frage kommen.

Aber eins brauchst du echt nicht haben: Angst vor den Medikamenten!!! Weißt du, der eine verträgt das, der andere wiederum das…

Auch das Tysabri ist zwar mir Vorsicht zu genießen, aber auch davor braucht man keine Angst!!! Die Ärtze kontrollieren einem regelmäßig das Blut…und wenn sie´s nicht von sich aus machen, gehst du halt selbst zum Arzt und lässt dein Blut konrollieren.

Ich hoffe ich konnte dir etwas helfen.

Kannst mich immer gerne anschreiben (auch per email). Wirst aber auch bestimmt noch einige netten Kommentare und Hilfen von anderen / erfahreneren erhalten.

Ich wünsche dir viel Kraft und Mut!!!

Liebe Grüße und alles Gute!

Jasmin

Hallo Miri,

als Ersttherapie ist Tysabri nur in USA zugelassen. In der EU kriegt man es leider nur bei schubformiger MS mit einem hochaktiven Verlauf trotz Behandlung mit einem Interferon beta. Da jede Infusion 2300 Euro kostet, sind die Neuros mit Tysabri auch dann nicht so großzügig.

LG Birgit

Hallo Jasmin!

Vielen Dank für deinen ausführlichen Beitrag! Werde mich mal heute Abend bei dir per mail melden, ok?

LG

Bitte, keine Ursache! :slight_smile:

Klar, kannst dich gerne melden.

Bis dann ! LG

Wie hier im Forum schon öfter betont wurde: Die Zahl zu PML ist veraltet. Die Wahrscheinlichkeit von 1:1.000 war die bei den ursprünglichen Studien. Mittlerweile wird Tysabri aber weltweit wohl an 10 bis 20 Tausend Menschen vergeben. Es wurden keine weiteren Fälle berichtet, weswegen man wohl heute eher von einer Wahrscheinlichkeit von 1:10.000 ausgehen muss (Interessanter wären hier ohnehin die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von PML im Verhältnis zu Patientenjahren, finde ich. Aber dazu habe ich keine Infos). Außerdem waren die PML-Fälle in Kombinationstherapie mit Avonex aufgetreten, was deswegen heute nicht mehr gemacht wird. Daher ist gar nicht gesagt, ob es PML überhaupt jemals unter Behandlung mit nur Tysabri geben wird. Bisher ist da zumindest die Wahrscheinlichkeit bei Null.

Was spricht gegen Tysabri? So viel ich weiß Folgendes:
<ul type=“circle”>
<li>Ungeklärtes Sicherheitsrisiko. Das betrifft theoretisch nicht nur PML, sondern alle möglichen Viren, die ins ZNS gelangen. Tysabri unterbindet schließlich, dass das Immunsystem ins ZNS gelangt. D. h. es kann dort auch nicht mehr aufräumen. Allerdings scheint es bis jetzt nur die bekannten Probleme mit PML gegeben zu haben. Aber wer weiß, was in 5 Jahren ist?</li>
<li>Laut einem Uniklinik-Arzt, mit dem wir gesprochen haben, ist die Zunahme der Behinderung (also das Merkmal, auf das es wirklich ankommt, mehr noch als die Anzahl der Läsionen oder Herde) unter Tysabri nicht deutlich niedriger als unter den anderen Basismedikamenten. Ich kann gerade nicht beurteilen, ob diese Info stimmt. Außerdem gibt es keinerlei Langzeitdaten dazu, da Tysabri ja erst seit ein paar wenigen Jahren abgegeben wird.</li>
<li>Laut des selben Arztes ist Tysabri noch ein halbes Jahr nach Absetzen des Medikaments im Körper in relevanten Dosen nachweisbar. D. h.: Wenn es tatsächlich zu PML oder anderen sog. opportunistischen Reaktionen kommt, bringt es auch nicht viel, das Medi abzusetzen, weil die Wirkung eh noch lange anhält. D. h. man kann nicht gut die Notbremse ziehen. Sollte man etwa Antikörper gegen Tysabri entwickeln, kann man dann wahrscheinlich auch nicht gut auf Interferon umsteigen, weil man ja sonst quasi in einer Kombinationstherapie wäre (Tysabri ist noch im Körper, Interferon wird neu gegeben) und damit ein erhöhtes PML-Risiko in Kauf nehmen würde.</li>
<li>Außerdem hatte der Arzt zu bedenken gegeben, dass es wohl nicht wirklich klar ist, welche Bedeutung die weißen Herde haben. Es gibt jedenfalls wohl keinen notwendigen Zusammenhang zwischen weißem Herd und Symptomen. Anders ist das wohl mit den schwarzen Herden. D. h. aber auch, dass nicht ganz klar ist, was von dem überzeugendsten Effekt von Tysabri zu halten ist, nämlich die überaus starke Reduzierung der Herdanzahl.</li>
</ul>

Was hast du denn für Symptome? Sind die geblieben oder nach Kortison wieder verschwunden?

Hach ja, die Eile …

Statt “mehr noch als die Anzahl der Läsionen oder Herde” wollte ich “mehr noch als die Anzahl der Läsionen oder Schübe” schreiben. Und die “opportunistischen Infektionen” kann man wohl auch nicht als Reaktionen bezeichnen …

Hallo, Bert,

dein Beitrag ist echt interessant!

Würdest du mir bitte noch erklären, was “opportunistische Infektionen” sind oder bedeuten?

DANKE!

LG

Sparexperte Karl Lauterbach und die KVen werden es zu verhindern wissen:
http://www.akdae.de/40/Natalizumab.pdf
http://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/index.php?kategorie=therapien&anr=1421

Soweit ich das verstanden habe, sind opportunistische Infektionen solche, die den Mechanismus eines Medikaments ausnutzen, um sich im Körper breit zu machen (siehe Duden: “Opportunismus - allzu bereitwillige Anpassung an die jeweilige Lage (um persönlicher Vorteile willen)”).
Siehe auch z. B. hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Opportunistische_Infektion.
Bei Tysabri wird ausgenutzt, dass bestimmte Immunsystemzellen nicht mehr ins ZNS vordringen können (das ist ja gerade der Wirkmechanismus von Tysabri, damit das Immunsystem nicht mehr die körpereigenen Zellen: Myelin, Oligodendrozyten und Axone angreifen kann). Viren, die es schaffen, über die Blut-Hirn-Schranke zu springen (was für die aber wohl auch nicht so leicht ist), können sich relativ ungehindert vom Immunsystem im ZNS breit machen.

Mir ist bislang abgesehen vom JC-Virus, der für PML verantwortlich ist, noch kein Hinweis begegnet, <b>welche</b weiteren opportunistischen Erreger es bei Tysabri gegeben hat. <b>Dass</b> es welche gegeben hat, ist allerdings den Produktinformationen zu Tysabri bei der EMeA zu entnehmen, siehe: http://www.emea.europa.eu/humandocs/PDFs/EPAR/tysabri/H-603-PI-de.pdf

Dort heißt es auf Seite 4 nach einer längeren Diskussion zu PML:
"<i><u>Sonstige opportunistische Infektionen</u>

Unter der Anwendung von TYSABRI wurde über sonstige opportunistische Infektionen berichtet, vorwiegend bei Patienten mit Morbus Crohn, bei Patienten, die immungeschwächt waren oder bei denen eine relevante Komorbidität vorlag. Jedoch kann ein erhöhtes Risiko für sonstige opportunistische Infektionen unter der Anwendung von TYSABRI bei Patienten ohne diese Komorbiditäten derzeit nicht ausgeschlossen werden. Opportunistische Infektionen wurden auch bei MS-Patienten festgestellt, die mit TYSABRI als Monotherapie behandelt wurden (siehe Abschnitt 4.8).

Der verordnende Arzt sollte sich über die Möglichkeit von sonstigen opportunistischen Infektionen während der TYSABRI-Therapie bewusst sein und diese in die Differentialdiagnose von Infektionen, die bei einem mit TYSABRI behandelten Patienten auftreten, mit einbeziehen. Wenn eine opportunistische Infektion vermutet wird, muss die Gabe von TYSABRI so lange ausgesetzt werden, bis diese durch weitere Untersuchungen ausgeschlossen werden kann.

Wenn ein mit TYSABRI behandelter Patient eine opportunistische Infektion entwickelt, muss die Gabe von TYSABRI dauerhaft abgesetzt werden.</i>"

Hm, HTML zu benutzen, scheint doch nicht ganz ungefährlich - oder ich habe mich vertippt.

Der halbverschluckte Satz “Mir ist bislang abgesehen vom JC-Virus, der für PML verantwortlich ist, noch kein Hinweis begegnet, <b>welche</b>” sollte so weitergehen: “opportunistischen Infektionen es bei Tysabri gegeben hat.” Das anschließende “<b>Dass</b>” sollte ebenfalls fett sein.

Im großen Trias-Ratgeber Multiple Sklerose, Stuttgart <sup>4</sup>2002 schreibt die Wiener Uni-Professorin Maida zu dem von der KBV offenbar favorisierten, weil viel billigerem Azathioprim u. a.:
“<i>Durch Azathioprim (Imrek, Imurel) wird die Entzündung meist nicht vollständig unterdrückt, sondern es kommt zu nicht erkennbaren - latenten - Schüben. Das ist ein Nachteil, den man jedoch mit regelmäßigen technischen Untersuchungen (z. B. MRT) erkennen kann. Da Azathioprim nicht besonders gezielt auf die an der Autoimmunreaktion beteiligten Zellen wirkt und da es auch nicht stark wirkt, <b>ist der Wirkstoff heute kaum noch zu empfehlen</b>.</i>” (Hervorhebung von mir)

Das Buch von Maida war mit das erste, dass ich gelesen habe, nachdem die MS-Diagnose bei meiner Freundin im Raum stand. Ich finde es insgesamt empfehlenswert, weil es sowohl sehr informativ ist als auch sehr warmherzig geschrieben.

hallo bert,
was du da über das immunsystem und tysabri sagst, stimmt so nicht ganz.
tysabri verhindert lediglich, dass die t-lymphozyten die blut-hirn-schranke nicht mehr überqueren können und deshalb auch nicht mehr in das zns vordringen können.
siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Natalizumab#Wirkmechanismus
das immunsystem hat ja noch mehr bestandteile als diese t-lymphozyten.
siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Immunsystem#Bestandteile_des_Immunsystems

Hallo melanie,

ja du hast recht. Ich muss auch gestehen, dass mein Verständnis für mikrobiologische oder biochemische Prozesse so ziemlich gegen Null geht. Wobei ich in einem der Beiträge auch kurz erwähnt hatte, dass “bestimmte Immunsystemzellen” nicht mehr ins ZNS vordringen können.

Allerdings frage ich mich schon, ob diese Differenzierung für uns Laien wirklich wichtig ist. Ich habe schon den Eindruck gewonnen, dass Tysabri die gesamte Funktionsweise des Immunsystems für das ZNS unterdrückt, zumindest jedenfalls die, die für die Autoimmunreaktionen bei MS wichtig sind. Und das dürfte doch mehr oder weniger die selbe sein, die auch bei sonstigen Infektionen eingreift, oder?

Im Wikipedia-Artikel zum Immunsystem heißt es unter http://de.wikipedia.org/wiki/Immunsystem#Adaptive_oder_spezifische_Abwehr, dass T-Lymphozyten und B-Lymphozyten die wesentlichen Elemente des adaptiven Immunsystems bilden, B-Lymphozyten aber für die Abwehr in den Körperflüssigkeiten zuständig seien und außerdem von den T-Lymphozyten unterstützt werden würden.

In dem Artikel zu den B-Lymphozyten (http://de.wikipedia.org/wiki/B-Lymphozyt#Funktion) heißt es:

“<i>B-Zellen sind in der Lage, mit ihren B-Zell-Rezeptoren körperfremde Strukturen (in Form von Antigenen) zu erkennen und daraufhin entsprechende Antikörper zu produzieren. Naive B-Lymphozyten (reife B-Zellen, die noch keinen Kontakt zu ihrem Antigen hatten) <b>zirkulieren im Blut und den lymphatischen Organen</b> (Thymus, Milz, Lymphknoten, Knochenmark) des Körpers von Wirbeltieren. Sobald eine B-Zelle mit ihrem B-Zell-Rezeptor an ein fremdes Antigen bindet <b>und gleichzeitig ein costimulatorisches Signal von T-Helferzellen</b> (die ebenfalls dasselbe Antigen erkannt haben müssen) bekommt, wandert sie zu den so genannten Keimzentren in Lymphknoten oder Milz. Hier teilt sie sich stark (Proliferation), differenziert zur sogenannten Plasmazelle und sezerniert anschließend Antikörper. Diese Antikörper besitzen dieselbe Spezifität wie der B-Zell-Rezeptor der Zelle, das heißt, sie binden an dasselbe Antigen. Zusätzlich werden in ihre Antikörper-Gene Mutationen eingeführt, die zur Verbesserung der Antikörper-Affinität für das erkannte Antigen führen können (somatische Hypermutation). Außerdem kann hier ein Klassenwechsel des konstanten (konservierten) Teils der Antikörper, der die Funktion (z.B. als Membranrezeptor) determiniert, stattfinden. Das wiederum ist wichtig für die Art, wie die Antikörper im Weiteren auf den Erreger wirken beziehungsweise wohin die Antikörper im Körper gelangen.</i>” (Hervorhebungen von mir)

Daraus würde ich schließen, dass die B-Lymphozyten sich erstens gar nicht standardmäßig im ZNS oder Liquor befinden, dort also ungerufen auch nicht für Ordnung sorgen können, und dass sie zweitens nur in Aktion treten, wenn die T-Helferzellen, die eine Unterart der T-Lymphozyten sind, auch ihr Ok für eine Abwehrreaktion geben. Da die ja aber wegen Tysabri nicht ins ZNS gelangen, können die B-Lymphzyten auch nicht in Aktion treten, wenn irgendein Erreger im ZNS sitzt. D. h. dann aber, dass das ganze adaptive Immunsystem nichts mehr im ZNS unternehmen kann. Liege ich soweit richtig?

Bleibt also nur noch das unspezifische Immunsystem, das laut Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Immunsystem#Angeborene_oder_unspezifische_Abwehr) aber wohl immerhin 90 % der Infekte bekämpft. Insofern war es wohl falsch von mir zu behaupten, dass das Immunsystem nicht mehr ins ZNS gelangt. Es sei denn, dass die Zellen der unspezifischen Immunabwehr an sich gar nicht im ZNS vorkommen, was ich gerade nicht ermitteln kann.

Für die Erreger erschwerend hinzu kommt ja auch, dass sie erstmal ins ZNS kommen müssen, was wohl auch nicht so leicht sein dürfte.

Und dann gibt es da ja auch noch einen weiteren wesentlichen Grund, warum auch das adapitve Immunsystem unter Tysabri nicht völlig aus dem ZNS ausgeschlossen bleibt: Tysabri hat keinen Wirkgrad von 100 %. Würde Tysabri wirklich alle T-Lymphozyten am Eindringen ins ZNS hindern, dann müsste die MS ja wohl komplett gestoppt werden. Einen solchen Effekt geben die Studien aber nicht her. Also heißt das wohl im Umkehrschluss, dass bestimmte Öffnungen in der Blut-Hirn-Schranke für die T-Lymphozyten offen bleiben oder vielleicht auch, dass der Effekt von Tysabri eine Halbwertzeit hat, so dass nach einiger Zeit wieder T-Lymphozyten auch dort durchkommen können, wo Tysabri es für eine Weile verhindert hat.
Bleibt dann allerdings die Frage, ob diese verbleibenden Öffnungen für die T-Lymphozyten ausreichen, wenn wirklich mal ein Erreger im ZNS sein Unwesen treibt.

Übrigens ist mir an dieser ganzen Diskussion nochmal eingefallen, dass mir irgendwo noch ein anderer Einwand gegen Tysabri begegnet ist, von dem ich noch immer nicht recht weiß, was ich davon halten soll: Angeblich werden die Immunzellen nicht nur am Überschreiten der Blut-Hirn-Schranke verhindert, sondern auch daran, in bestimmte Fettgewebe oder sonst irgendwelche häufiger im Körper vertretenen Gewebe einzutreten. Stimmt das? Und ist das ein großes Problem oder eher irrelevant? Die Nebenwirkungsraten in den Studien weisen ja nun nicht gerade aus, dass es enorm viele Probleme geben würde. Aber auch da wieder: Wer weiß, was in 5, 10, 15 Jahren ist?

Ich bin gerade eher zufällig auf einen Beitrag bei der DMSG gestoßen, der sich mit der Empfehlung der KBV befasst, lieber Azathioprin als Natalizumab zu verschreiben:

http://www.dmsg.de/multiple-sklerose-news/index.php?kategorie=therapien&cnr=13&anr=1421

Azathioprin (Imurek) kostet natürlich nur ein Bruchteil von Natalizumab (Tysabri), also “gut” weil billig. Meine MS ist seit 8 Jahren bekannt. Ich sollte Betaferon nehmen. Ich weigere mich Immunsuppressiva zu nehmen. Dazu muß man folgendes wissen: Ich hatte vor sehr langer Zeit eine Lungentuberkulose. Von der TK gibt es eine Veröffentlichung hierzu: “Risiko- und Personengruppen, bei denen am häufigsten eine aktive Tuberkulose (Tbc) ausbricht sind: (…) Personen. die dauerhaft mit Kortison, (…) oder das Abwehrsystem unterdrückenden Medikamenten (Immunsuppressiva) behandelt werden”.
Ich habe erfahren, wie man mit Personen die dem Bundesseuchengesetz (ab 2001 Infektionsschutzgesetz) unterliegen umgehen kann.
Eine derartige Respektlosigkeit und Abbau von Rechten möchte ich nie wieder erfahren, daher gehe ich kein Risiko ein.
Tbc (im Jargon: die “Motten”) war für mich schlimmer als MS.

Hallo Melanie,

ich sehe das so wie du.
Wenn MS eine Autoimmunerkrankung ist, was ich für sicher halte aber andere bestreiten, dann kann ich nur versuchen, das Immunsystem zu dämpfen oder zu unterdrücken.
Das kann ich unspezifisch mit Interferon usw. machen oder mit einem Chemohammer machen, der je nach Medi im ganzen Körper das Immunsystem für eine bestimmte Zeit ausschaltet oder fast auf Null drückt.
Da finde ich grundsätzlich den Ansatz von Tysabri besser das Immunsystem teilweise aus
den ZNS auszuschließen, es sonst aber intakt zu lassen.
Es wird sicher in Zukunft noch bessere Ansätze geben, derzeit ist aber Tysabri der
Ansatz, der am gezieltesten wirkt.

gruss
samoa

Hallo!Ich habe MS seit Mai 06 und nehme Interferon seit 9 Monaten.Ich habe gedacht das es alles gut klappt aber mit den spritzen habe ich auch nochmal 4 schübe bekommen.Ich habe geraucht,und es dann endlich geschafft aufzuhören.Ich war so stolz das ich es geschafft habe,weil ich gedacht habe das es meiner krankheit auch wohl gut tun würde.Aber dann war ich gestern im Krankenhaus,die MRT Berichte anzuhören.Die Ärztin sagte :Da sind neue Herden zu gekommen,aber ich kann dich auch beruhigen die alten sind zurück gegangen.Toll!Ich machs kurz,die spritzen bringen jetzt nichts mehr und meine Ärztin hat mir Tysabri empfohlen.Sie hat gesagt ich soll es mir noch überlegen.Als ich mir alles angehört habe wie das so mit dem zeug funktioniert habe ich gedacht,hey das ist ja das perfekte mittel für mich(Da es immer noch keine selbstverständlichkeit für mich war die spritze in mein Bauch zu spritzen).Naja bis ich dann die Nebenwirkung gehört habe.Da war ncih mehr alles so toll.Die erkältung und alles geht ja noch,aber das man PML bekommen kann und man daran versterben kann ist nicht so lustig.Das gibt mir halt zu denken.Ich weiß immer noch nicht ob ich das zeug nehmen soll oder nicht.Naja ich werde die tage hier nochmal rein schauen Bis dahin LG Jessica