Also ist Tysabri nach einer gewissen Zeit kontraproduktiv? Warum steigt das Risiko für Entzündungen im ZNS und wie lange dauert es ungefähr, bis es so weit ist?

Stoppt eigentlich der Abbau von IgG Immunzellen bei den Anti-CD20-Antikörpern irgendwann auf einem bestimmten (niedrigen?) Niveau oder geht das theoretisch bis auf null runter?

Bei mir sind sie nicht mehr nachweisbar.

Dass B-Zellen mit CD20-Protein gegen bzw. auf null gehen, ist ja gewollt, aber Immunglobulin G wird doch von Plasmazellen ohne CD20 sythetisiert? IgG soll doch eigentlich nicht auf null gehen?

Ich denke wenn die Werte bedenklich abfallen, würde man das Medikament pausieren oder ggfls Immunglobuline supplementieren. So hat es mir das Krankenhaus erklärt. Das passiert im Schnitt so nach ca 7 Jahren laut Krankenhaus.

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Bei mir sind die immunglobuline (3 verschiedene Kategorien werden immer gemessen) nach 2 Jahren Ocrevus zwar noch im grünen Bereich, haben aber schon nachgelassen…

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Tysabri arbeitet auch viele Jahre nach Start so wie vorgesehen. Das bisher bekannte Risiko bei dieser Therapie ist halt eine mögliche (PML) Infektion verursacht durch das Vorhandensein eines (JCV) Virus. Als diese PML Fälle vor 20 Jahren aufgetaucht sind, hat irgendwer eine „Risikotabelle“ erstellt um mehr Klarheit in das Thema zu bringen. Dazu wurden gemeldete PML Fälle mit bisheriger Therapiedauer und Konzentration von JCV im Blut übereinander gelegt um ein „wahrscheinliches PML Risiko“ zu berechnen. Dieses berechnete Risiko wird nunmal höher, je länger man Tysabri genommen hat.

Ist ja erstmal intuitiv ok, Problem hier ist aber, daß Leute Zahlen sehen und dann glauben, das wären exakte Wahrscheinlichkeiten für eine ziemlich schlimme Krankheit (PML). Tatsächlich waren das schon damals nur ungefähre Werte mit vielen Annahmen die 10 Jahre später ziemlich veraltet sind.

Also, ein gewisses PML Risiko wird es unter langzeit Einnahme von Tysabri geben. Es wäre jedoch nur schlecht möglich für einen Neurologen dir mit gutem Gewissen Stand heute sagen zu können, wie hoch dieser Wert ist.

Dazu gehen wissenschaftliche Meinungen derzeit irgendwie auseinander.
Eine Fraktion basiert sich auf Rituximab Erfahrungen und sagt, daß es einfach nur weiter nach unten geht. Darauf aufbauend gibt es dann Beobachtungsstudien, die ein allgemein höheres Infektionsrisiko bei Immunsupressiven Therapien sehen.

Entsprechend hat man während der Ocrevus Zulassungsstudien einen ähnlichen Effekt erwartet, der bis Ende Jahr 6 von OPERA auch bestätigt wurde. Seitdem gehen die Meinungen zu den langzeit Ocrevuswerten auseinander.

Laut der OCR 10 Jahre „Open Label Extension“ Langzeitstudie „Knickt“ der IgG Abbau wohl nach etwa 4-7 Jahren etwas ab um stabil oberhalb der unteren Grenze von „Normal“ zu bleiben. Das wird damit erklärt, es Körper auch langlebige Plasma B-Zellen gibt, die keine CD19 exprimieren…wie du auch schreibst soweit die Theorie.

Zu deiner Frage, unter etwa 4g/lvon IgG wäre eine Immunoglobininfusion wohl empfehlenswert. Und wann der Punkt kommt, hängt halt von deinem IgG ausgangswert vor der Therapie ab. Wer mit 9 startet, wird längere Zeit ok sein, bis er/sie bei 4 ist als andere, die mit 6 starten

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Vielen Dank für die Links, sehr interessant.

Weißt Du, welche Medikamente sich denn bei einem Wechsel nach einer B-Zell-Depletion prinzipiell eignen würden? Oder kennst du Studien dazu?

Ich hoffe ja Ocrevus noch ein paar Jahre nehmen zu können und dann umzusteigen.

Bzgl natalizumab meinte mein Neuro, dass die Gefahr einer PML nach vorangegangener jahrelanger B Zell Depletion nochmal höher liegt. Daher kommt mir das als Alternative nur bedingt geeignet vor.

Von allen Medikamenten, von denen ich hier gelesen habe, macht mir Ponvory noch den besten Eindruck bzgl Schubunterdrückung vs. Nebenwirkungsprofil. Vielleicht täusche ich mich da aber auch.

Bei vielen fallen Immunoglobuline, vor allem IGg, was auch zu heftigen Infektionen führen kann. Tritt wohl bei einigen auf.

Studien dazu wären wohl schwierig weil sehr langfristig und individuell. Ich kenne nur Meinungen dazu: ProfG sagt Aubagio, andere sagen Mavenclad. S1P Modulatoren sind sicherlich auch möglich. Entscheidung wird wohl vom jeweiligen Wirkung/NW Empfinden des/der Patient/in abhängen

Genau so eine Aussage kann dein Neurologe eigentlich nicht machen weil die Datengrundlage dafür nicht vorhanden ist. Die PML Risikoberechnung wurde damals mit dem Parameter „vorherige Nutzung einer immunsupressiven Therapie“ angereichert, in 2013 hätte das aber nur Mitoxandron sein können was eigentlich ein komplett anderes Risikoprofil als aktuelle Therapien hat. Leider hat niemand derzeit Zeit oder Interesse, die aktuellen Patientendaten malin ein BI Tool zu kippen um eine korrekte Erhebung mit aktuellen Vortherapien zu machen…

S1P sind halt laut Metastudien von Wirkung her nicht umbedingt top und während der Pandemie etwas negativ aufgefallen wegen der fehlenden Antikörperbildung. Läßt aber zumindest den Umkehrschluß zu, daß sie defintiv eine gewisse Wirkung haben…

Danke für die ausführliche Antwort, sehr hilfreich! :+1:t2:

Vielen Dank für die Infos! Wirklich nicht leicht, eine gute Alternative zu Ocrevus zu finden…

Nach absetzen einer Therapie wie Ponvory hätte ich auch ziemlich Angst vor dem Rebound Effekt.

Bei Ocrevus hat man ja zumindest auch nach Absetzen noch längere Zeit einen gewissen Schutz…

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Naja, es gibt „Rebound“ und „Rebound“…

Der Begriff war in den Jahren vor CD20 Therapien vor allem berüchtigt weil es wenige Alternativen für hochentzündliche Verläufe gab und Tysabri damals der einzige wirkliche „Bremsklotz“ war…

Dann hat man solche kritischen Fälle nach 2-3 Jahren wegen PML Sorgen wieder abgesetzt und die T-Zellen, die durch das Tysabri aus dem ZNS ausgesperrt waren, sind nach 2-3 Monaten wieder reingeschlüpft und haben massive Schäden angerichtet

Es sind zwar auch gewisse Rebounds nach S1P beobachtet worden. Die waren aber offensichtlich deutlich schwächer und die Wahrscheinlichkeit dafür liegt wohl im einstelligen Bereich

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