Hallo zusammen,
ich (32/w) bin neu hier im Forum und habe meine Diagnose seit Ende April diesen Jahres. Ich wollte mal fragen, ob - und wenn ja - wann und wie ihr eurer “Kernfamilie” von der Diagnose erzählt habt. Bisher weiß nur mein Partner und meine Tochter bescheid.
Meiner Mutter und meinen Geschwistern habe ich bisher von der Diagnose noch nicht erzählt (da ich etwas weiter von ihnen weg wohne und wir auch nicht täglich Kontakt haben, hat auch niemand was mitbekommen, als ich im Krankenhaus war etc.) . Dies hat den Hintergrund das mein Vater ebenfalls MS hatte und leider mit MS früh (das ist nun 14 Jahre her) verstorben ist. Ich habe mit meiner Mutter nie wirklich darüber gesprochen, wie die MS bei ihm war - ich habe immer nur die Auswirkungen der MS gesehen und am Ende, wollte mein Vater auch nicht mehr.
Insbesondere die letzten Jahre, wo mein Vater noch lebte, war eine sehr schwere Zeit für die ganze Familie, die auch gerade bei meinen Geschwistern und meiner Mutter einige “Spuren” (vor allem psychisch) hinterlassen haben.
Aufgrund diesen Hintergrundes weiß ich nicht, ob ich überhaupt von meiner Diagnose erzählen soll. Aktuell geht es ihnen zum Glück gut und vieles wurde verarbeitet - ich habe Angst, dass ich - wenn ich von meiner Diagnose erzähle - “alte Wunden” aufreiße.
Hat(te) jemand von euch vielleicht eine ähnliche Situation?
Danke schon mal für Antworten!

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Das tut mir sehr leid für dich , die Diagnose ist ja noch sehr frisch …
Bei mir war es so, dass ich aus dem mrt kam und der Verdacht danach bestand also hat mich meine Familie bei allem was danach folgte begleitet
Habe keinen Moment daran gedacht es zu verheimlichen
Es war für alle ein Schock und dachte ähnlich wie du , man muss ja stark sein die Familie leidet doch mehr als man selbst
Dem war auch so aber in erster Linie war ICH mir wichtig
Ich habe eine Psychotherapie gemacht um mich zu stabilisieren
Heute ( knapp 3 Jahre ) ist es nicht mehr so das große Thema das ich krank bin
Die einzige die nicht weiß das ich krank bin ist meine Oma - sie würde es nicht verstehen und warum soll man einer alten Dame das Leben noch so unnötig belasten …
Du findest einen Weg - dein Leben - deine Gedanken - deine Gefühle
Alles Liebe

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Naja, bei mit war es etwas anders, weil ich die Diagnosen MS und Brustkrebs innerhalb von 3 Monaten bekam. Die MS hab ich zu Beginn unterschätzt. Ich habe einen progredienten Verlauf der ziemlich ruhig verläuft… ich mache viel asiatische Geschichten.
Ich hab meinen Eltern und meinem damaligen Freund und heutigen Mann erzählt, daß ich ims KH gehe zur Lumbalpunktion. Beim Brustkrebs war es anders, ich wollte meine Mami nicht belasten, weil sie davor 2x Brustkrebs hatte…. Sie ist deshalb sauer, daß ich es nicht gleich sagte, was vermutet wurde. Meinen Freund wollte ich nicht belasten…. Ich bin ja so stark… ich schaff das allein.
Ich denke mal, daß es nicht sinnvoll ist anderen die Entscheidung über dieses Wissen voraus zu nehmen…,
Irgendwann wirst Du vielleicht nicht mehr verbergen können…
Ich wünsche Dir, daß Du die richtige Entscheidung triffst….

Ideflitz

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Meine Diagnose ist noch keine 2 Wochen alt. Mein gesamtes näheres Umfeld weiß Bescheid. Bin niemand der gerne was „verheimlicht“, gehe offen mit meiner Familie und Freunden um. Was sollte es für Nachteile haben?!

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Das mit dem Rat ist schwierig. Bei mir war es ähnlich. Meine Mutter hatte auch MS und ist noch sehr jung verstorben. Das war 1990. Zu der Zeit gab es nicht wirklich Behandlungsmöglichkeiten. Das ist heute ja anders. Bei mir ging es dann 1994 los. Ich war damals 30. Heute mit 58 geht es mir noch vergleichsweise gut. Mein Sohn ist so alt wie du. Ich für meinen Teil würde es wissen wollen.

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Willkommen hier im Forum und alles Gute für dich.
Mein Vater hat MS seit ca. 45 Jahren. Er wird rund um die Uhr betreut und ist motorisch zum größten Teil eingeschränkt (Rollstuhl per Kopfsteuerung etc). Für mich war die Diagnose deshalb ein großer Schock. Das wichtigste für mich und meine Familie zu lernen war, dass jede MS ganz anders ist und die MS-Forschung und -Medikation in den letzten Jahren einige Fortschritte gemacht hat. Ich hab das schneller verstanden als sie, vor allem meine Mutter. Das war anfangs für mich sehr belastend, aber im Nachhinein ein wichtiger Schritt.
Nicht jeder weiß, dass ich diagnostiziert wurde, vor allem Familie und enge Freunde wissen es aber, weil es eben ein Teil von mir ist.
Vielleicht hilft dir meine Geschichte bei deiner Entscheidung. Ich würde dir dazu raten es ihnen zu erzählen. Entscheiden musst natürlich du, weil nur du sie und dich kennst :slight_smile:

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Deine Diagnose ist so frisch, konzentriere dich erst einmal auf dich selbst. MS muss nicht gleich ein Weltuntergang sein, vielleicht kannst du ein fast normales Leben führen ohne bedeutende Einschränkungen. Daher mein Rat: Behalte es erst einmal für dich, wenn du anfängst rumzuhumpeln wird es vielleicht Zeit andere zu informieren. Du bist ja nicht todkrank, sondern ,nur" körperlich eingeschränkt. Ich habe erst heute gelesen, dass 10% aller Deutschen eine Behinderung haben. Du bist also nicht alleine, es ist vollkommen normal.

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Vielen Dank für die vielen Antworten und Eindrücke :slight_smile:
Das hilft mir auf jeden Fall schonmal weiter in meinen Gedankenwirrwarr!

Von der Diagnose habe ich nur meiner Frau erzählt.
Erst einige Jahre später, als man mir mein komisches Gangbild ansah, habe ich den Kreis in der Familie erweitert.
Mein “coming out” im Job hatte ich 15 Jahre später.

Aber das läuft bei jedem Verlauf anders. Da gibt es keine Blaupausen.
Ich wünsche Dir, dass Du Deinen individuellen Weg findest.

Alles Gute
Uwe

Ich denke hier gibt es kein richtig und falsch. Kommt halt auch immer stark darauf an ob zB ein Partner vorhanden ist. Sofern jemand keinen Partner hat, wird derjenige vermutlich umso mehr das Gespräch mit anderen Familienmitgliedern oder Freunden suchen, denn komplett mit sich selbst werden es die wenigsten ausmachen können…

Ich wusste damals auch nicht, wie mache ich das.
Da meine Eltern immer und bei allem sehr ängstlich und panisch sind (und sie waren im Urlaub) habe ich mit meinen Geschwistern gesprochen. Ich habe erst die LP gemacht und obwohl die Diagnose eine Erleichterung für mich war (endlich wissen was los ist und es ist nicht eingebildet) sind alle Staudämme gebrochen und ich habe noch im KH meine Eltern angerufen. Ich habe meinen 70jährigen Vater nie zuvor weinen sehen und es tat sehr weh, aber es war gut.

Und dann gibt es bei uns den umgekehrten Fall und das macht mich traurig. Krankheiten sind in der Familie tabu, man ist ja soooo gesund und fit und Alter und Endlichkeit gibt es nicht.
Ich habe zufällig von Freunden meiner Familie erfahren, dass Muttern im KH liegt und schwere Herzprobleme hat, einen Schrittmacher benötigt.
Ich komme aus der Pflege und habe immer gesehen, dass da was auf der Glatze meines Vaters ist und habe ihn angesprochen - keine Info, er darf nicht drüber reden. Auch bei ihm erfahre ich oftmals nichts und er ist so häufig im Krankenhaus. Die chronische Leukämie habe ich immer geahnt, aber auch diese Diagnose wurde mir neulich nach 10 Jahren offiziell mitgeteilt - Muttern war in Not. Den Hautkrebs habe ich nicht erfahren, und die vielen Herzeingriffe erfahre ich immer im Nachhinein, genauso wie vieles andere.
Ich frage mich oft: Warum frage ich, wie es geht? Man lügt mich ja doch an - auch wenn sie glauben, dass sie mich und meine Geschwister nicht belasten und schützen wollen. Wenn ich nichts weiß, kann ich nicht helfen - auch wenn wir uns regelmäßig sehen. Es wird Theater gespielt, es gibt Ausreden warum etwas nicht geht.
Von daher: ich bin für Offenheit. Das Thema muss nicht Mittelpunkt jeden Gespräches sein, es muss nicht jeder wissen und im Beruf würde ich es, sofern nicht sichtbar und einschränkend, nicht direkt verkünden.
Lass die Diagnose erst einmal sacken und dann merkst du wem du davon erzählen möchtest.
Gruß Anne

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Bei mir war es zwar eine gänzlich andere Situation, aber ich verstehe deine Bedenken.
Ich selbst habe auch oft Angst, andere mit der Realität zu belasten.

Aber eigentlich sollte die Frage sein: wie geht es DIR damit? belastet DICH das Gefühl, die Erkrankung verschweigen zu “müssen” oder brauchst du noch Zeit, dich deiner Familie zu öffnen?

DU hast die Erkrankung. Es sollte an erster Stelle stehen, was DICH mehr belastet.

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Hallo Reyanna,

bei den bereits geschriebenen Antworten sind viele interessante individuelle Überlegungen und Vorgehensweisen.
Persönlich denke ich das dies eine sehr individuelle Entscheidung ist und Du Dich auf Dein “Bauchgefühl” verlassen solltest. Für mich selbst gehört die MS zu mir und meinem Leben dazu im Grunde wie ein Partner auf den man sich einlassen muss. Mal ist “er” gut drauf, mal nicht. Wie eine “Diva” eben. Bin ich gut zu Ihr, ist Sie gut zu mir, naja meistens halt…

Was mich persönlich sehr interessiert und das möchte ich Dich jetzt einfach einmal fragen ist folgendes.
Du schreibst von Deinem Vater der auch MS hat. Mein Vater selbst hat eine schwere Neuropathie, was mit ein zusätzlicher Grund für meinen langen Diagnoseweg war. In diesem Zusammenhang bin ich sehr stark mit der (genetischen/familiären) Ausschlussdiagnostik konfrontiert worden. Hier ein Beispiel
030-118l_S1_Leukodystrophien-hereditaere-Leukencephalopathien-Erwachsene_2023-01.pdf (awmf.org)

Wurde bei Dir im Zuge der Ausschlussdiagnostik dahingehend auch etwas untersucht? Kannst Du oder weitere Mitleser etwas dazu sagen.

Vielen Dank und alles Gute!

Viele Grüße Snoopy

Hi Snoopy,
das ist interessant. Dahingehend wurde meines Wissens nach nichts untersucht.
Es wurden die evozierten Potenziale gemessen, das Nervenwasser untersucht, MRT des Kopfes und der HWS und Blutuntersuchungen. Bei mir hat die Diagnosestellung nur zwei Wochen gedauert (die Zeit die ich auch im Krankenhaus war). Es wurden bei mir positive oligoklonale Bande, mehrere entzündliche Läsionen in der HWS, und einige disseminierten Läsionen im Kopf an unterschiedlichsten Stellen gefunden. Andere Möglichkeiten, wie virologische oder bakterielle Ursachen wurden ausgeschlossen.
Mein Neurologe meinte, dass ich wohl schon länger MS haben müsste, wenn er sich so die (Anzahl der) Läsionen im Kopf anschaut.
Liebe Grüße
Reyanna

Hi Reyanna,

so wie Du das schreibst, scheint das schon eine (leider) klare Sache zu sein. Im Grunde genommen ist es auch egal, denn alle anderen ggf. in Frage kommenden Diagnosen sind nicht wirklich besser.

Ich interessiere mich persönlich für ggf. “vererbbare” Merkmale unserer Krankheit, da ich selbst zwei kleine Jungs habe. Hier im Forum lese ich auch immer wieder…“mein Vater hatte auch MS, meine Schester,…usw.”
Letzte Woche war ich zur Kontrolluntersuchung unter Kesimpta und da wurde mir im Infusionszimmer Blut abgenommen. Da war u.a. eine noch sehr junge Patientin (21) die Ocrevus bekam. Da Sie Probleme mit meinen Rollvenen hatten, bin ich mit der Frau ins Gespräch gekommen. Sie sagte bei Ihr ist MS in der Familie?! Dann erzählte Sie mir das Ihre Tante auch MS hat und bei Ihrer Schwester ist die Diagnose noch nicht gesichert…das hat dann mein Interesse geweckt.

Vielen Dank für Deine Rückmeldung und ein schönes Wochenende
Snoopy