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Gezielte Hemmung von Immunzellen könnte Fortschreiten einer MS entgegenwirken
Viele Patienten mit Multipler Sklerose (MS) entwickeln im Krankheitsverlauf eine sogenannte progrediente Form, bei der sich der Krankheitsprozess zunehmend von der weißen in die graue Hirnsubstanz verlagert, also in die Hirnrinde.
Wissenschaftler um Martin Kerschensteiner vom Institut für Klinische Neuroimmunologie der Ludwigs-Maximilians-Universität München haben nun gezeigt, dass es dadurch zu Entzündungen und einem Synapsenverlust kommt, der aber reversibel sein könnte. Die Arbeit ist in der Fachzeitschrift Nature Neuroscience erschienen (2021: DOI: 10.1038/s41593-020-00780-7).
Der Verlust von Synapsen ist ein frühes Anzeichen von Schädigungen der Hirnrinde bei progredienter MS. Deshalb vermuteten die Wissenschaftler, dass die Synapse bei dieser Form der MS die Schlüsselstelle für das Entstehen neuronaler Schäden ist.
Die Wissenschaftler um Kerschensteiner haben nun zusammen mit Thomas Misgeld (Technische Universität München) und Doron Merkler (Universität Genf) diesen weit verbreitete Synapsenverlust in einem Mausmodell der MS nachgestellt.
Die Immunzellen entfernen Dornfortsätze, die durch hohe Calciumlevel charakterisiert sind. Wir gehen davon aus, dass die Entzündung einen Calciumeinstrom auslöst, der die Dornfortsätze schädigt, erläutert Kerschensteiner. Dieser Verlust trifft laut der Studie vor allem erregende Synapsen, die Impulse an andere Nervenzellen weiterleiten.
In der Folge nimmt die Aktivität der Neuronen ab und das neuronale Netzwerk im Gehirn wird geschwächt. Zu unserer Überraschung haben wir aber gefunden, dass dieser Prozess in unserem Modell reversibel ist, berichtet Kerschensteiner.
Denn sobald sich die Entzündung zurückbildete, erholte sich die Zahl der Synapsen und die Nervenzellen stellten ihre ursprünglichen Aktivitätsmuster wieder her. Diese Beobachtung steht laut den Forschern im Gegensatz zu Befunden, nach denen die Hirnrinde bei Patienten mit progredienter MS dauerhaft geschädigt wird.
Vermutlich kommen die Erholungsmechanismen hier nicht zum Tragen, weil bei MS die Entzündung bestehen bleibt, erläutert Merkler. Möglicherweise könnte daher ein Wirkstoff, der die Aktivität der synapsenabbauenden Immunzellen hemmt, den Krankheitsverlauf bremsen, hoffen die Wissenschaftler. © hil/aerzteblatt.de
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