Eutonie

Konzept der Eutonie:

Der Begriff „Eutonie“ leitet sich aus dem Griechischen ab (eu = gut, tonus = Spannung) und heißt übersetzt „Wohlspannung“. Er beschreibt keine reine Entspannungsmethode, sondern eine die Spannung ausgleichende Vorgehensweise. Der körperpädagogische Ansatz der Eutonie wirkt auf den Menschen als Ganzen ein und basiert auf dem Wechselspiel zwischen Nervensystem, Skelett und Muskulatur.

Entwickelt und benannt wurde die Eutonie in den 1950-er Jahren von der dänischen Physiotherapeutin Gerda Alexander (1908-1994).

Ziel der Eutonie:

Eutonie schult das Körperbewusstsein, die Bewegungsfähigkeit, die Konzentration und das Gedächtnis. Ziel ist es, die eigene Körperspannung bzw. den „Tonus“ flexibel der jeweiligen Situation anpassen zu können und optimale Bewegungsabläufe zu finden. Eutonie dient vor allem dazu, das Wohlbefinden in allen Alltagsbereichen zu verbessern.

Eutonie kann bei Ataxie, Spastik und Parästhesie wirkungsvoll sein, Schmerzen lindern und Verspannungen lösen.

Beschreibung der Eutonie:

Bei der Eutonie nimmt der Übende seinen Körper im Kontakt zum Boden oder in langsamen und bewussten Bewegungen wahr. Das Erforschen des eigenen Körpers erfolgt nach den individuellen Möglichkeiten, das heißt in einem persönlichen Rhythmus, ohne Suggestion oder Autosuggestion und ohne Leistungsdruck oder Bewertung.

Eutonie wird in bequemer Kleidung meist in Gruppen durchgeführt. Das Übungsprogramm ist sehr vielfältig. Wenn möglich, beginnt die Arbeit im Liegen. Weitere Übungen finden im Sitzen oder Stehen statt.

Das Unterlegen von Tennisbällen, Kirschkernsäckchen oder Bambusstäben hilft, einzelne Körperteile gezielt wahrzunehmen und dabei Körperbewusstsein zu entwickeln. Dabei wird die Durchblutung angeregt, der Stoffwechsel wird aktiviert und Verspannungen und Blockaden können sich sanft lösen.

Die Übenden lernen ihren Körper umfassend kennen, erfahren ihn denkend, wahrnehmend und fühlend. Das Zusammenspiel zwischen Muskeln, Gelenken, Oberflächensensibilität und Raumgefühl harmonisiert sich.

Das geschieht nach fünf Prinzipien:

  1. Kontakt. Im Liegen, über den Kontakt zum Boden, wird der Körper in seiner äußeren Form und Begrenzung im Sinne einer „Standortbestimmung“ erfahren.
  2. Innenraum. Durch ein Erspüren der eigenen Körperinnenräume wird „Einsicht“ gewonnen und die Dreidimensionalität des Körpers erfahren.
  3. Verlängerung. Dieses „Fühlen über sich hinaus“ geschieht mit Hilfsmitteln wie Bällen und Stäben.
  4. Knochen. Ein Bewusstsein für den Skelettaufbau entwickelt sich. Im Mittelpunkt steht dabei die Wirbelsäule mit dem Kreuzbein.
  5. Spüren, was zu tun ist. Die Übungen sollen wach, präsent und in Eigenverantwortung durchgeführt werden. Sie bringen wenig Nutzen, wenn sie mechanisch abgewickelt werden.

Die Körperspannung eines Menschen kann von locker oder gelöst bis angespannt oder verkrampft reichen. Das emotionale Befinden des Menschen spiegelt sich in seiner Körperspannung wider und wird durch körperliche und psychische Prozesse beeinflusst. So kann bei einer Tonusstörung zu viel oder zu wenig Körperspannung auftreten (Hypertonie / Hypotonie). Durch ein durch Eutonie neu erlangtes Körperbewusstsein sind die Übenden in der Lage, einen zu hohen oder zu geringen Tonus wahrzunehmen und durch gezieltes Einsetzen der Eutonie-Prinzipien eine adäquate Spannung zu erreichen. Das fördert die Entwicklung neuer Bewegungsmuster und führt zu höchster Ökonomie in der Bewegung.

Wissenswertes:

Eutonie-Übungen sind für jedes Alter geeignet. Sie werden nach den eigenen Möglichkeiten ausgeführt, ohne Druck und ohne Bewertung im Sinne von richtig oder falsch. Bei schwer mobilitätseingeschränkten Menschen ist auch ein effektives Üben in der Vorstellung möglich.

Nach Erlernen der Grundprinzipien kann Eutonie ohne Fremdhilfe selbstständig im Alltag angewendet werden. Aus dem Üben sollte mit der Zeit Verhalten werden, im Alltag und in allem Tun. Kleine Übungen wie Füße spüren oder Hände fühlen lassen sich überall anwenden. Ob beim Autofahren, am Schreibtisch, beim Fortbewegen mit Stöcken, im Rollstuhl oder im Wartezimmer beim Arzt.

Letzte Änderung: 21.01.2021