Hallo,

Ich bin Daniel, auf dem Papier 47 Jahre alt aber gefühlte 32. Ich muss mich zwangsläufig mit dem Thema MS auseinandersetzen und bin noch völlig unbelesen. Daher kann ich die ganzen Fachbegriff nicht wirklich in meine kurze Geschichte einbauen. Ich möchte mich gerne hier austauschen und Hoffnung schöpfen.

Bis vor drei Wochen dachte ich, mir könnte es nicht besser gehen. Ich bin sportlich sehr aktiv, habe vier Kids, einen Hund, eine Katze und eine temperamentvolle Partnerin. Ich fühlte mich unangreifbar. Das alles hat sich in den letzten Tagen geändert.

Vor zwei Jahren hatte ich erstmalig das Gefühl, machtlos zu sein. Meine kleine Tochter hatte einem Ball unter ihr Bett im Urlaub geworfen. Ich hob das Bett an und von jetzt auf gleich wurde mein rechtes Bein steif. Es war ein sehr unangenehmes Gefühl, das aber nach wenigen Sekunden verschwand. Ein Jahr später durfte ich diese Erfahrung noch einmal machen. Ich ging gerade mit meinem Hund Gassi als mein rechtes Bein erneut aussetzte. Nach ein paar Sekunden war es wieder weg aber trat dann einige Male danach wieder auf. Das machte mir Angst und ich ging von der Bandscheibe aus.

Meine Hausärztin, die mich Ende des vergangenen Jahres untersuchte, schickte mich zum MRT und wollte sich das Gehirn anschauen. Und hier wurden wohl 2 helle Punkte entdeckt. Der Neurologe, der sich das anschaute und mich untersuchte meinte, es könnte eine MS sein aber dafür sieht es noch zu „gut“ aus. Mit einer MS würde man mehr Brandherde sehen. Aber um sicher zu gehen, sollte man das Nervenwasser untersuchen.

Es war ein Tag Aufenthalt im Krankenhaus geplant, aus dem drei wurden. Es wurde ein EEG gemacht, Nervenwasser entnommen, Gehirnströme gemessen und jede Menge Nadel in mich gesteckt. Scheinbar hat sich die Diagnose gesättigt. Das Nervenwasser zeigte Ausfälligkeiten und in meinem Hals wurden zwei weitere Herde entdeckt. In 14 Tagen bekomme ich das endgültige Ergebnis, da wohl noch zwei Werte fehlten.

Ich hoffe, alles verstanden zu haben. Der erste Arzt, der mir das Ergebnis erklärt versucht hat zu erklären, hat mich mit Fachbegriffe beglückt. Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Wort verstehe. Zum Glück fand sich ein weiterer Arzt, der mir alles verständlich erklärt hat. Für mich brach eine Welt zusammen. Bis zur Diagnose hatte ich keinerlei Beschwerden, bis auf diese zwei Ereignisse. Seitdem löst jedes Kribbeln im Nein eine Panik bei mir aus. Ich kann das alles noch nicht verarbeiten.

Nun stehe ich da und warte darauf, wie es weitergeht. Ich weiß leider noch nicht, welche Form der MS ich habe. Es gibt wohl zwei Formen? Und natürlich mache ich mir gleich Gedanken, wie es körperlich und beruflich weitergeht. Ich unternehme viel mit unseren Kids. Ich habe eine eigene IT Firma und bis jetzt immer voll durchgearbeitet. Ich gebe freitags kostenlosen Kindersport und bespaße bis zu 20 Kids am Nachmittag. Ich gehe seit 30 Jahren zum Fitnesstraining. Soll das jetzt alles vorbei sein? Ich will das nicht wahrhaben.

Nun heißt es abwarten und irgendwie damit klar kommen. Ich danke euch, fürs zu hören.

Lieber Daniel, da wir fast gleich alt sind.

Vorbei an Aktivitäten ist doch nun noch lange nichts und vielleicht bleibst du noch ewig fit. Ich hoffe deine Ärzte haben dir nicht geraten, die Beine hochzulegen, sondern voll und ganz weiter dein Familienleben zu leben.

Meine Kids waren bei Diagnose 2020 während eines Schubs erst 2 und 7 Jahre alt. In der Reha hieß es damals, ich soll dem Papa alles an Aktivitäten und Haushalt überlassen u beruflich kürzer treten.
Ich dachte ich spinne als ich hörte “diese Schübe” können immer wieder auftreten und warum dass gerade zu dem Zeitpunkt passierte. Den berühmten bösen Stress hatte ich nicht. Einfach normalen Alttag und nichts und niemand auf das ich die Erkrankung schieben kann.
Meine Arbeitsstunden habe ich dann tatsächlich auf 30 Stunden reduziert,hauptsächlich um einfach Zeit für die Kinder zu haben. Das kann man nun mal nicht wiederholen, u es auch entspannter als wenn alles aufs Wochenende fällt
Körperlich verausgabe ich mich schon manchmal und spüre dann Symptome. Die Ärzte sagen aber, ich soll machen was mir Spass macht.
Egal ob Wanderungen, Geäst schneiden…
Psychisch macht es natürlich etwas mit einem und ich habe die Erkrankung leider meinem engsten Umfeld damals nicht gut genug erklärt und hatte von der Seite wenig Unterstützung.
Ich hoffe du hast verständnisvolle Menschen um dich, die darauf eingehen werden. Vorallem was auch das berufliche betrifft.

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Hallo ich war bei Diagnose auch 47. Klar macht es einen erstmal fertig mit so einer Diagnose klarzukommen.
Aber falls du eine medikamentöse Behandlung in Erwägung ziehst, kann man Schübe verhindern und du wirst nicht zwangsläufig im Rollstuhl enden.
Aber ich hatte dieselben Ängste. Ganz normal. Versuch dich zu belesen auf seriösen Seiten.
Alles Gute, Sportskanone!
LG WTF

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Hallo,
ich kann deine Ängste verstehen und man muss erst einmal mit der Diagnose klar kommen. Aber es gibt heute so gute Medikamente. Meine zwei Schwestern haben MS und merken nichts davon. Eine nimmt keine Medis und hat nix, die andere Schwester war ein Jahr jünger als du bei der Diagnose und merkt nichts, außer, dass sie einmal wöchentlich Interferon spritzt
Ich komme gerade von einer 21km-Wanderung wieder. Früher war ich schneller, aber die Beine laufen bei Z.n. inkomplettem Querschnitt in Brusthöhe. Okay, ich humpel und laufe mit Stöcken, aber es geht.
Nimm dir Zeit, lass die Diagnose sacken, bei Bedarf hilft es auch therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen und dann lebe weiter, genieße jeden Tag bewusst.
Man wächst in die Diagnose hinein und lernt damit zu leben.
Hinfallen, Aufstehen, Krönchen richten und weiter geht es.
Dir alles Gute!
Anne

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Huhu @Daniel1977,

vielleicht findest du in diesem Thread auch ein paar hilfreiche Antworten. Ich könnte mir vorstellen, dass der ein oder andere Beitrag etwas für dich sein könnte. Falls etwas nicht hilfreich ist, kannst du es ja einfach ignorieren😇

Erfolgreiches/erfülltes Leben mit MS? :crystal_ball:

Sonnige Grüße :sun_with_face:
Anni

Vielen Dank für eure mentale Unterstützung! Die Ärzte haben mir lediglich meine Situation erklärt. Ich bin aber auch froh, dass ich jetzt so schnell eine Diagnose bekommen habe. Vielleicht wäre es ohne in ein paar Jahren viel schlimmer.

Ich warte jetzt das abschließende Gespräch mit den Ärzten ab und dann spreche ich mit dem Neurologen über meine Therapie. Ich blicke da leider noch nicht durch. Ich habe mir jetzt schon einiges durchgelesen und Podcasts angehört.

Ich bin auch über einige Forschungsartikel gestolpert, die Hoffnung machen:

https://fachportal.roche.de/fachgebiete/neuroscience/indikationen/ms_indikation/ms-therapie-der-zukunft/btk-inhibitoren.html

Was mich jetzt beschäftigt, sind Symptome, die ich jetzt vermeintlich sensibler wahrnehme. Ich frage mich jetzt, ob ich schon einen Schub gerade erlebe. Mein rechtes Bein kribbelt ab und an. Seit ich mein Ergebnis kenne, spielen sich in meinem Kopf viele Dinge und Ängste ab.

Vielen Dank für den Beitrag. Ich schaue gerne mal rein. Ich bin für jede Hilfe dankbar!

Ja, das ist in der Tat so. Man merkt plötzlich Veränderungen, die man früher gar nicht oder anders beachtet hätte. Ich vergleiche das immer so: Hast du ein neues Auto, siehst du plötzlich ganz viele davon herumfahren. Das ist dir vorher nie aufgefallen.
Du kannst beruhigt auf das Gespräch mit dem Neuro warten. Schreib deine Fragen auf, denn wenn man da sitzt, vergisst man wieder die Hälfte.
Alles Gute

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Lieber Daniel
Ich bin ziemlich genau 10 Jahre älter als Du und ich hatte meinen ersten Schub bereits vor 35 Jahren. Meinen 22. Geburtstag habe ich unmittelbar nach den ersten Anzeichen gefeiert. Damals gab es bei Weitem noch nicht die Menge an Therapiemöglichkeiten, wie es sie heute schon gibt. In diesem langen Zeitraum konnte ich verfolgen, welche Entwicklung die Erforschung unserer Krankheit und der passenden Medikamente genommen hat. Natürlich muss ich sagen, dass sich im Moment mein Körper einfach etwas krank anfühlt, aber ich hatte das Glück, dass ich die ersten Jahre/Jahrzehnte mit meiner heutigen Ehefrau auf verschiedensten Bällen und Wanderungen verleben konnte. Auch ich habe zwei Kinder, die aktuell aus dem Kleinkinder-/Trotzalter bereits weit heraußen sind und ich bin äußerst glücklich, dass ich trotz meiner Krankheit sagen kann, ich liebe es zu leben!!
Natürlich ist es für mich alten Knacker einfach zu beschreiben, wie gut es mir trotz MS geht, aber diese gemeine Krankheit verläuft eben absolut individuell, so dass selbst Mitpatienten keinerlei verlässliche Empfehlungen für die weitere Vorgangsweise abgeben können/sollten.
WAS ich aber sagen kann, GENIESSE DAS LEBEN MIT DEINER FAMILIE!!!
Roland

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Hey Daniel,

wie geht es Dir heute?

LG

Hi Daniel,

mache dich nicht verrückt. MS ist kein Todesurteil und viele von uns leben ein recht normales Leben. Das solltest du auch tun. Ich laufe seit 16 Jahren mit MS rum und seit meiner Diagnose letztes Jahr ging es mir nie besser. Man gewöhnt sich dran, es dauert ca. 1 Jahr.

Ich würde an deiner Stelle nichts ueberstuerzen, auch was eine mögliche Therapie betrifft. Du musst deine MS erst einmal kennenlernen. Das erste Jahr ist wohl immer das Schlimmste, danach geht es wieder bergauf. Immer positiv denken, das ist wichtig.

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Hallo, vielen Dank für eure aufmunternde Worte. Aktuell kämpfe ich mit mir selbst und versuche einen Weg zu finden. Irgendwie versuche ich es mit Humor zu nehmen. Ich weiß, es klingt sehr merkwürdig aber ich war immer ein sehr lebensfroher Mensch. Wenn mich jemand fragt, gehe ich schon offen damit um und mache auch den ein oder anderen Spaß. Innerlich sieht oft anders aus.

Jedes kribbeln, jeder kleine Schmerz oder ein komisches Gefühl, machen mir Angst. Heute hatte ich ein kurzen Druck im Knie und habe mich schon im Rollstuhl gesehen. Ich brauche sicher noch Zeit, dass alles zu verarbeiten. Aber das kennt ihr sicher alle.

Ich bekomme von dem ein oder anderen schon Ratschläge. Aber meist in Richtung Heilpraktiker und bloß keine Tabletten oder Spritzen nehmen. Dann geht es wohl erst richtig los. Davon halt ich nun irgendwie gar nichts.

Am 04. muss ich zum Abschlussgespräch in KH. Wann erfährt man eigentlich, welche Form der MS man hat?
Die ersten 47 Jahre waren sehr erfüllt und schön. Die nächsten werden halt bescheiden. :disappointed:

Nein, das werden sie nicht. Es sei denn, du wirst alt, dann wird es entsprechend. Wie für fast alle Menschen.
Und: klingt vielleicht irre für dich, aber so ein gut sitzender Rolli ist schon auch toll :wink:

Entspann dich. Du kannst es nicht ändern, akzeptiere es. Das nennt sich Leben.

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Da hast du ganz recht. Ich hab etwas länger gebraucht, aber das erste Jahr möchte ich nicht geschenkt haben :wink:

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Ja, man braucht Zeit die MS zu akzeptieren und seinen Körper neu kennenzulernen.
Ich habe meine Diagnose auch erst seit März 24 mit 46 Jahren.
Aber aufgeben ist nicht :blush::muscle:. LG

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Nicht aufgeben fällt einem nicht immer ganz leicht!

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Hallo Daniel,

nur keine Panik! Ich war anfangs auch einfach geschockt und dann habe ich versucht, die Diagnose beiseite zu schieben. Was mir natürlich nicht gelungen ist, sie hing wie ein Damoklesschwert über mir.

Heute, nach 24 Jahren mit dieser Krankheit kann ich nur sagen, wenn ich anfangs nicht so unzureichend reagiert hätte, hätte ich mir einiges ersparen können…

Wenn man ernsthaft auf die Sache zugeht und seinen Körper nicht mit unnötiger Panik noch mehr belastet, kann man auch mit MS ein sehr normales Leben führen.

Und wenn alles einmal schlechter wird, kann es auch wieder besser werden. Vergiss das nicht :wink:

Dunja

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Hallo Dunja, viele Dank, für die aufbauenden Wort. Inwiefern hast du „unzureichend“ reagiert? Meinst du damit, dass du zu spät mit der Therapie begonnen hast?

Ich hatte mich damals für den alternativmedizinischen Weg entschieden, bin den aber nicht sehr konsequent gegangen und habe die Krankheit gerne weg geschoben, auch wenn sie doch immer über mir hing, anfangs noch bildhaft, später dann sehr real.

Heute weiß ich, ich hätte mehr Zeit und Geld investieren müssen. Aber die heutige Zeit ist auch eine andere, durch das Internet und die sozialen Medien kann man sich viel umfassender über vieles informieren.

Und heute weiß ich auch, es ist letztendlich doch gut gegangen.

Also, nimm die Sache ernst, setz dich aber nicht zu sehr unter Druck. Wird schon :grin:

Viele Grüße
Dunja

Ich kann dir nur den Rat geben, deine Diagnose erst einmal für dich zu behalten bzw. nur sehr ausgewählten Menschen davon zu erzählen. Die meisten haben keine Ahnung was MS ist oder was MS bedeutet. Entweder sie geben dir dumme Ratschläge oder meiden dich, weil sie denken das du an einer unheilsamen Krankheit leidest die dich bald zum lebendigen Toten mutieren lässt. Und komme nicht auf die Idee, deine Diagnose auf deinem Arbeitsplatz zu erwähnen.

Wenn dein Leben bisher schön war, wird es das weitere Leben ebenfalls. Was spricht dagegen? Du bist immerhin schon 47, andere leben da schon lange nicht mehr. Ein Gang auf dem Friedhof zeigt mir immer wieder wie froh und dankbar ich sein kann, dass ich noch lebe. Viele leiden an einer Autoimmunerkrankung, das ist keine Seltenheit. Vielleicht solltest du dir auch Unterstützung von einem Psychotherapeuten einholen? Ich habe schon vor einiger Zeit bemängelt, dass MS in den Medien oft falsch dargestellt wird. Es werden immer die krassen Fälle gezeigt aber nicht diejenigen die bis ins hohe Alter weiterhin berufstätig und mobil sind. Klar, das will ja auch keiner sehen.

Ich für meinen Teil habe nach der Diagnose richtig aufgedreht und mir ging es nie besser. Das kann sich ändern aber ich kann auch morgen von einem Bus überfahren werden oder an einem Stromschlag sterben (ich habe letzte Woche einen gewischt bekommen, das war knapp). Du hast genau zwei Optionen: Entweder du nimmst die Krankheit an und lebst dein Leben wie gewohnt weiter oder du versinkst in Depressionen und Angst - mit dem gleichen Ergebnis.

Reden und schreiben mit anderen Betroffenen hilft, dieses Forum ist dabei enorm hilfreich.

Viel Erfolg! Du schaffst diese Prüfung.

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Hi Daniel,
da muss leider jeder seinen für sich besten Weg finden.
Ich fand es immer ziemlich frustrierend mit nicht-MSlern darüber zu reden, diesen Kreis würde ich so klein wie möglich halten.
Was die Perspektive angeht, meine Diagnose bekam ich vor 40 Jahren, arbeite Vollzeit als angestellter Softwareentwickler und schaffe kurze Weg ohne Gehhilfe.
Wie sagte die gute Sarah Connor doch ‘The Future is not set’.
Kopf hoch.

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