Hallo zusammen,

ich bin 28 Jahre alt und vor 6 Wochen wurde bei mir MS diagnostiziert.
Begonnen hatte alles allerdings schon vor ca. 2 Jahren mit Missempfindungen im linken Torso und direkt anschließend nach Rückbildung im linken Bein. Alles waren Dinge die mich kaum störten und somit unbehandelt blieben.
Nun kam der erste große Schub und zwar eine Sehnerventzündung am rechten Auge mit Schleiersehen, Gesichtsfeldausfall und Rotensättigung. Also volles Programm. Der Visus liegt in diesem Auge derzeit nur noch bei 30%.

In der Uniklinik wurden alle Untersuchungen gemacht, welche für die Diagnose notwendig sind. Lumpalpunktion (mit Befund), MRT vom Kopf und Potentialmessungen.
Resultat: schubförmige MS.

Für mein Auge bekam ich 5x 1000mg Kortison, als dies keinerlei Besserung erzielte, gab es direkt 5 Zyklen Plasmapherese. Auch dies zeigte keine Besserung, aber ich durfte gehen. Völlig fertig (körperlich, als auch seelisch) saß ich nun Zuhause und musste zusehen wie ich klar komme. Und dann ging das linke Auge los. Kopfschmerz, Gesichtsfeldausfälle, allerdings ohne Visus Verlust. Wieder zum Augenarzt, wieder Uniklinik, wieder Cortison 5x1000 mg. Und diesmal stellte sich links eine Besserung ein. Rechts ist leider immernoch nicht wirklich besser geworden. Allgemein muss ich sagen, dass sich mein Sehen über den Tag verteilt ständig zu verändern Scheint.
Anstrengung - schlechtes sehen beidseitig
Abends - besseres sehen rechts, normales sehen links

Hier meine Fragen:

  1. Leute mit Sehnerventzündung, wie lange dauerte die Rückbildung bei euch ? Nerv ist nicht atrophiert, soviel wurde im KH schon festgestellt
  2. Sind die Symptome bei euch abends auch besser als über Tag ?
  3. Welche Langzeittherapie bekommt ihr ? Meine Termin für die Langzeittherapie ist in 2 Tagen (Arzt möchte so schnell wie möglich loslegen, da ich so schnell neue Läsionen bekommen habe)
  4. Habt ihr eure Ernährung umgestellt? Sprich Entzündungahemmend ?
  5. Nehmt ihr Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin D?
  6. Wie habt ihr die Diagnose verdaut ? Ich habe immer wieder Angstattacken wenn ich an die Zukunft denke, und komme noch nicht so richtig damit klar.

Entschuldigung für den langen Text. Ich hoffe jemand nimmt sich die Zeit und mag mir ein paar wertvolle Tipps geben.

Vielen Dank!
Ann-Kathrin

Hallo Ann-Kathrin,
Bei mir hat es ungefähr sechs Monate gedauert, bis sich die Sehnerventzündung vollständig zurückgebildet hat. Geduld ist gefragt. Auch die Verarbeitung der Diagnose braucht Zeit. Meine war vor 23 Jahren und ich lebe immer noch, und das recht gut.

Ich esse alles was mir schmeckt und Vitamin-D nehme ich erst, seit durch eine Blutuntersuchung ein Mangel festgestellt wurde.

Gib dir ein bisschen Zeit, du musst jetzt nicht panisch dein ganzes Leben auf den Kopf stellen. MS ist eher Langstrecke als Sprint. Und oft verläuft sie glimpflicher, als du dir das im Moment ausmalst.

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Hallo Ann-Kathrin,
mein wichtigster Rat wäre: MS ist ein Marathon, kein Sprint. Ich meine damit, du musst nicht von heute auf morgen alles ändern und es wird sich nicht von heute auf morgen alles für dich ändern. Deine Entscheidungen haben Zeit, deine Anpassung an die MS braucht auch Zeit. Jede MS ist anders, für mich ging es darum, erstmal meine kennenzulernen.

Ich selbst nehme Ocrevus und bin zufrieden damit. Trotz schwerem Eingriff in das Immunsystem erlebe ich im Alltag keine Nebenwirkungen. Du musst für dich rausfinden, welche Nebenwirkungen (alle Medikamente haben welche) du in Kauf nimmst, um durch das Medikament die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, in der Krankheit stabil zu bleiben.

Mir hat außerdem der Austausch mit anderen Betroffenen sehr geholfen. Amsel hat dafür auch eine Möglichkeit.

Viel Glück und Erfolg bei allem!

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Ich hab vorhin angefangen den Beitrag zu schreiben :sweat_smile: Hätte erstmal deinen lesen sollen, dann wäre ich nicht mit derselben Metapher um die Ecke gekommen

Macht doch nichts. Das Bild ist eben treffend. Zumal heute ja alles aus dem Sportbereich kommt. Kein Mensch beginnt mehr etwas oder fängt mit etwas an, nein, es wird “gestartet”.

Hallo Barocke,

erstmal vielen Dank für deine Worte !
Meine Augenärztin sagte ähnliches was die Sehnerventzündung betrifft, ich solle hier eher in Monaten als in Wochen rechnen. Es freut mich, dass sich deine anschließend zurück gebildet hat. Ich hoffe sehr, dies ist bei mir auch der Fall. Mein Job erfordert die Bildschirmarbeit und ich habe Angst, dem nicht mehr nachgehen zu können. Ich bin erst seit 2019 im Berufsleben angekommen (vorher Studiert) und liebe meinen Job, daher hoffe ich sehr dass ich hier keine Probleme bekomme.

Danke für deine Tipps, ich werde aufjedenfall versuchen den Kontakt zu Gleichgesinnten zu suchen und das ganze Thema mit einem längeren Atem anzugehen.

Vielen Dank

Hallo Ann-Kathrin
Du hast hier schon sehr gute Tipps zum Umgang und Verarbeitung bekommen.

Folgendes möchte ich noch ergänzen
Wenn Du Dich über die klassischen Basistherapieen gut informiert hast, dann nimm auch mal die beiden nicht “klassischen” Methoden COIMBRA und HSCT mit auf den Zettel.

Und wie meine Vorredner schon sagten.
Deine Entscheidungen haben Zeit.
Lass Dich auch von den Ärzten nicht vorschnell zu einer bestimmten BT drängen.

Alles Gute
Uwe

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Hallo Faber,

erstmal danke für deine Worte !
Ich werde definitiv versuchen die MS gelassener als Langzeitprojekt zu betrachten. Nur die Art wie genau ich hier gelassener werden kann, muss ich noch finden.

Ich bin aufjedenfall gespannt, was die Ärzte mir am Mittwoch für eine Landzeittherapie vorschlagen werden.

Vielen Dank !

Hallo Uwe,

vielen Dank für den Tipp!
Da werde ich mich Mal schlau lesen :slight_smile:

Mit freundlichen Grüßen

Hallo Ann-Kathrin,

zur Sehnerventzündung: Bei mir ist die SNE noch während der Kortison-Stoßtherapie sehr schnell zurückgegangen, aber nicht komplett. Bis zur vollständigen Rückbildung hat es ein paar Monate gedauert.

Und ja, frühmorgens, bevor der Tag richtig anfing, und abends, wenn wieder Ruhe einkehrte, konnte ich besser sehen als tagsüber.

Ich mache keine Langzeittherapie und komme damit gut zurecht (bin seit 18 Jahren diagnostiziert).

Vit D & Co. nehme ich nicht, und entzündungsarm habe ich wohl schon immer gegessen oder zumindest seit sehr langer Zeit. Viel umzustellen gab’s da nicht.

Was die Verarbeitung der Diagnose betrifft, schließe ich mich den anderen Schreibern hier an: Das braucht Zeit, du musst nicht von Jetzt auf Gleich mit allem zurechtkommen oder alles umstellen. Und auch mit einer Entscheidung pro oder contra Medikamente kannst du dir Zeit lassen.

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Hallo Ann-Kathrin!

Über die Zeit können immer noch Verbesserungen auftreten. Leider ist keine Rückbildung garantiert und irgendwann summieren sich vielleicht die Schäden.

Dass du viel Zeit hast, wie einige Vorredner schrieben, würde ich so nicht teilen, eben weil jeder Schub bleibende Schäden hinterlassen kann. Wenn die Krankheit sehr aktiv ist und sich Schübe schlecht zurückbilden, wird dein Neurologe sicher ein hoch wirksames Medikament vorschlagen, das aber auch so einige Nebenwirkungen haben kann.

Antientzündliche Ernährung ist einen Versuch wert, aber nicht als Ersatz für eine Basistherapie. Bei Coimbra bin ich persönlich eher skeptisch, das ist nicht evidenzbasiert und auch nicht ungefährlich (man braucht in jedem Fall einen Protokollarzt).

Wenn du das Gefühl hast, du brauchst mental Hilfe, solltest du dich um Psychotherapie bemühen. Das ist relativ aufwendig (viele haben lange Warteliste, manche haben keine Kassenzulassung, die Sympathie muss stimmen), aber es lohnt sich. Und bei der Krankheitsverarbeitung hilft die Zeit mit Sicherheit! Man muss sich an die neue Situation gewöhnen und sich neu einnorden.

Ich drücke die Daumen, dass das rechte Auge sich bald wieder regeneriert!

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Hi Ann-Kathrin,

für mich war die Diagnose auch ein großer Schock damals. Heute, 8 Jahre später, geht es mir gut - bis auf ein paar sehr leichte manchmal auftretende Taubheitsprobleme. Für mich wäre es gut gewesen wegen des Schocks früher eine Psychotherapie anzufangen - aber jedem hilft natürlich etwas anderes :slight_smile:

Ich könnte mir vorstellen, dass es auch von deiner Läsionslast/Entzündungsaktivität abhängen könnte, wie schnell du eine Prophylaxe beginnen solltest. Bei mir kam schnell nach der Stoßtherapie die nächste Symptomatik/Läsion und mit der Eskalationstherapie war dann endlich Ruhe…

Bzgl. Stammzelltherapie: Ich fand das damals auch interessant, war mir aber nicht darüber im Klaren, dass sie schädlich für die Fruchtbarkeit bei Frauen ist. Hier ist ein Vergleich mit anderen Eskalationstherapien, Ocrevus scheint gleichwertig: Comparative Effectiveness of Autologous Hematopoietic Stem Cell Transplant vs Fingolimod, Natalizumab, and Ocrelizumab in Highly Active Relapsing-Remitting Multiple Sclerosis - PubMed Kesimpta kam erst später als Ovrevus, wäre vermutlich vergleichbar.

Je nachdem, ob Kinderwunsch ein Thema ist - von den Therapien für hochaktive MS scheinen sowohl die B-Zell-Therapien als auch Tysabri eine sinnvolle Wahl zu sein. Es war für mich nicht der einzige Grund bei meiner Medikamentenentscheidung, aber doch auch ein sehr wichtiger. :slight_smile:

Alles Gute dir,
Gabi

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Ich danke euch allen für die Worte und Tipps.
Mitlerweile habe ich bereits mit meinen Ärzten bezüglich einer Langzeittherapie gesprochen und wir haben uns auf Kesimpta gereinigt.
Die Pneumokokkenimpfung vorab gab es heute morgen, bisher keine Nebenwirkungen.
Ich bin gespannt wie Kesimpta bei mir wirkt.

Nochmal vielen Dank euch allen !

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Da ich auch gerade in der Therapievorbereitung mit Kesimpta bin und von Impfung zu Impfung renne :wink:

Neben pneumokokken gibt es weitere empfohlene Impfungen vor Immunsuppression. Es ist sinnvoll die mindestens zwei Wochen vor dem Therapiebeginn abgeschlossen zu haben. Unter Therapie wirken viele zwar trotzdem (v. a. T-Zellen), aber deutlich schlechter. Wo keine B-Zellen mehr sind, können die auch keine Antikörper-produzierenden Plasmazellen bilden. Also ich würde eher raten: Vorher nehmen, was man an (sinnvollem) Antikörperschutz kriegen kann :slight_smile:

Zu den empfohlenen Impfungen vor Therapiebeginn zählen: Varizellen, wenn ein vorheriger Bluttest ergibt, dass keine vorherige Infektion gab. Wenn doch, kann man eine Gürtelrosen-imipfung erwägen, muss die aber meist selbst zahlen (GKV übernimmt erst ab 50 J.).

Ansonsten:

  • Covid
  • Influenza
  • Pneumokokken
  • Hepatitis B (wenn nicht schon erfolgt)
  • Man kann überlegen ob man Tetanus etc. vorzieht, wenn die letzte Impfung lang her ist.
  • Möglich, aber kein Muss und ggf. auch keine Kostenübernahme GKV: Meningokokken B + ACWY
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MMR ist doch Lebendimpfstoff, mit MS sollte man die meiden.

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(Update): Jetzt musste ichs doch nochmal bearbeiten: Hier mal die Übersicht vom KKNMS, bevor ich irgendwo einen Fehler habe :): https://www.kompetenznetz-multiplesklerose.de/wp-content/uploads/2023/06/KKNMS_Pocketcard-Impfen_06.06.2023.pdf

Die Lebendimpfung gegen Masern ist empfohlen. Auch gegen Varizella-Zoster sollte man vor Kesimpta impfen, wenn kein Titer vorhanden ist. Das ist sonst nämlich ein häufiges Problem. Fast alle werden aber schonmal WIndpocken gehabt haben, daher braucht man es in der Regel nicht.

Grundsätzlich hast du aber Recht. Mit Lebendimpfstoffen bei MS sollte man vorsichtig sein.

Ja, die Gürtelrose-Impfung würde ich auch empfehlen aus eigener Erfahrung :slight_smile:

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Stimmt! Ich kenne die Pocketcard, da aber mein Neurologe abgeraten hat, habe ich das anders abgespeichert.
Danke!

Ja, ich werd die auch noch machen. Etwas ärgerlich dass ich sie selbst zahlen muss, weil die STIKO mal wieder so lahm ist und allen anderen Empfehlungsorganisationen hinterher hängt.

Ist das mit dem selbst zahlen schon sicher? Ich hab meine vor ein paar Wochen gemacht, Krankenkasse hat gezahlt, meine Hausärztin hat das über meine BT gerechtfertigt.

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