Hallo Frank,
es freut mich sehr, dass du mit deinem Wuffi schon wieder Gassi gehen konntest! (Was ist es denn für einer?) Das ist die beste Medizin!
Das ist nicht Einbildung: du hattest nach der Hammerdosis Methylprednisolon einfach einen akuten Kaliummangel. Den haben viele MSsies nach ihren Stoßtherapien; wenn man sonst fit und herzgesund ist, normalisiert sich der Serumkaliumspiegel nach ein paar Tagen durch normale Ernährung wieder. Mit einer defekten Pumpe ist eine Hypokaliämie aber lebensgefährlich!
Neurologen und Glucocorticoide! Was dir passiert ist, war mal wieder typisch: Neurologen pumpen einen Herzpatienten mit Methylprednisolon voll, ohne seinen Serum-Kaliumspiegel zu messen! Bei mir haben sie ziemlich betreten aus dem Weißkittel geguckt, als ich da mit einem Ruhepuls von 220 (im Langzeit-EKG über Nacht aufgezeichnet) im eigenen Saft lag. Aber ich wusste da noch nicht, was mit mir los war, und konnte mangels I-net im KH auch nicht nachschlagen, sonst hätte ich den Aufstand gemacht. Erst zu Hause, als ich nachlesen konnte, ist es mir klar geworden.
Die Herrschaften im Weißkittel hatten es bei mir nicht nötig gehabt, mal die Präparateinformation zu Solu-Decortin H (Prednisolon) zu lesen, das sie mir infundiert haben; da steht nämlich ausdrücklich, dass bei Verdacht auf Hypokaliämie der Serumkaliumspiegel zu überwachen sei, und, wenn er zu niedrig ist, Kalium zuzuführen sei. “Packungsbeilagen lesen wir nicht, wir können’s so!”
Ich muss wegen meiner defekten Pumpe Novodigal (täglich 0,3 mg) und 2-3mal täglich 40 mg Propranolol nehmen, einen nicht kardioselektiven Betablocker. Zuerst habe ich Bisoprolol bekommen (kardioselektiv), aber da ich MS-bedingt auch einen Intentionstremor habe, haben wir auf Propra umgestellt, was den Tremor dämpft. Damit kann ich sogar eine Nadel einfädeln; es hat halt eine kurze Halbwertszeit, sodass ich es 2-3mal tgl. nehmen muss.
Außerdem muss ich wegen meines Vorhofflimmerns Marcumar (INR zwischen 2 und 3) nehmen. Man hat mir das mit einem anschaulichen Vergleich erklärt: Bei Vorhofflimmern gerinnt das Blut wie Schlagsahne, und das ist dann schon mal gut für einen Hirninfarkt. Darum nehme ich mein Marcu gewissenhaft, denn einen Hirninfarkt muss ich nicht auch noch haben.
Das “Sick-Sinus-Syndrom” ist mir ein Begriff (übrigens kommt es auch bei Hunden vor); Sinusknotenstillstände habe ich seit Jahren immer mal wieder, ebenso Vorhofflimmern und Tachykardien, nur nannte es bei mir noch niemand so. Ich hatte Pausen bis zu 2 Sekunden, ehe das alles diagnostiziert und behandelt wurde. Ich habe aber keinen Bluthochdruck, sondern meist einen leicht zu niedrigen (110/70).
Propafenon ist ein Natriumkanalblocker Klasse IC; mit dem Serumkalium hat er nichts zu tun und es gibt da auch keine Wechselwirkung. Es wäre aber bei dir (wie bei mir) fraglich, ob du mit deinem Herzproblem die “Rennpille” Fampyra nehmen dürftest, die ja ein Kaliumkanalblocker ist. Wenn ich es nehmen wollte, müsste ich mir wahrscheinlich beim ersten Mal einen Tag lang den EKG-Walkman umhängen lassen, um zu untersuchen, ob meine Pumpe Bocksprünge macht.
Da du Herzpatient bist, wundert es mich sehr, dass man dir einfach Methylprednisolon in Hammerdosen reingepumpt hat, ohne dein Herz und deinen Kaliumspiegel zu überwachen. Das war ein schwerer Behandlungsfehler, der hätte dich auf die Intensivstation bringen können (oder ins Grab).
Naja, wäre bei mir ja fast auch so gelaufen, nach 4 x 500 mg Prednisolon mit Ruhepuls 220. Ich kann’s nur immer wiederholen: Neurologen und Cortison! Am schlimmsten sind die, die dann auch noch behaupten: “Das ist unter Cortison normal.”
Lies dir bei der Wikipedia den Artikel zur Hypokaliämie durch; der Serumkaliumspiegel sollte bei Herzpatienten nicht zu niedrig sein. Wenn du die beschriebenen Symptome merkst, iss genug Kalium. Nüsse, Dörrobst, Schwarztee … kaliumhaltige Speisen kann man googeln. Oder nimm gleich eine Brausetablette.
Wenn du wieder Cortison brauchst, solltest du darauf achten, dass du keins mehr mit mineralocorticoiden Nebenwirkungen einverleibt bekommst (siehe http://www.pta-forum.de/index.php?id=505 und http://www.pta-forum.de/index.php?id=1046 ). Zu bevorzugen sind die fluorierten Glucocorticoide, man erkennt sie am F in der Formel. Die Formel kannst du dir in der Wikipedia ansehen. Dexamethason, Betamethason, Triamcinolon (Volon A) sind fluoriert.
Ich kann nach meiner Kardio-Krise beim Diagnose-Schub darauf bestehen, dass ich nur noch Dexamethason bekomme (das so gut wie keine mineralocorticoiden Nebenwirkungen hat, und die Pumpe nicht zum Durchknallen bringt); ich nehme das Dexa in Tabletten, die Dexa-Tageshöchstdosis beträgt 40 mg an fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Das war bis Anfang der 90er Jahre Standard, ehe das blöde Methylprednisolon (Urbason) in Mode kam. Und dessen billigere und noch schlechter verträgliche Variante Prednisolon (Decortin H).
Mir reichen 24 mg (3 Tabletten) Dexamethason an drei bis fünf aufeinanderfolgenden Tagen. Meist gehe ich am vierten Tag auf 16 und am fünften auf 8 runter. 1 mg Dexamethason ist 7,5 mg Prednisolon äquivalent. Es ist also nicht so wenig, wie es aussieht! Ich würde dir empfehlen, es auch mal mit Dexamethason zu versuchen, wenn du wieder einen Cortisonstoß brauchst.
Wenn du zuviel Kalium genommen hast, merkst du es an der Verdauungsbeschleunigung; orales Kalium ist ansonsten ungefährlich. Ich bin eingeladen worden, auf der Website eines MSsies mein Cortison-Wissen zu veröffentlichen; das werde ich tun, denn es sind doch viele, die sich mit ihren Stoßtherapien fühlen wie von der Müllabfuhr überfahren, und Neurologen sind einem da keine große Hilfe; für die meisten ist ein Cortison wie das anderen, ob sie es anwenden oder ablehnen.
Liebe Grüße und schönen Abend noch!
Renate