Hallo zusammen,

Ich wollte euch nur von einem Gespräch erzählen das ich letzte Woche hatte.

Da ich im medizinischen Bereich arbeite sollte man denken die Menschen kennen sich etwas besser mit allerlei Krankheiten aus doch wie ich leider feststellen musste ist dem nicht so.

Wir haben im Moment einen Azubi bei uns. In der Pause haben wir über die bei uns geltenden Urlaubsreglungen gesprochen. So sind wir auf das Thema Extraurlaub mit Schwerbehindertenausweis gekommen. Ich selber habe keinen und konnte nur sagen das ich es schonmal gehört habe das es das gibt. Ein Mitarbeiter hat einen und konnte dies bestätigen.

Daraufhin sagte der Azubi ganz erstaunt das man der Person ihre Behinderung ja garnicht ansieht. Die Person wurde dann verständlicherweise etwas ungehalten und antwortete daraufhin das man es den meisten Menschen nicht ansieht ob sie eine chronische Erkrankung haben oder nicht. Der Azubi wurde ganz kleinlaut und hat nur gefragt bei welchen Krankheiten man den z.B. einen Schwerbehindertenausweis bekommt.

Der Mitarbeiter sagte nur das es viele verschiedene gibt und diese je nach schwere einen bekommen könnten wie z.B. Morbus Crohn, Colitis Ulcerosa oder MS.

Der Azubi hat dann tatsächlich gesagt “Ah MS ist ja schon richtig Scheiße… Damit kann doch garnicht arbeiten!”

Ich war dermaßen aus den Socken gehauen bei dieser Aussage und dem Unwissen… Da musste ich wirklich schwer schlucken…

Dazu muss ich sagen das es bei mir auf der Arbeit keiner weiß das ich eine hochaktive MS habe. Auch sieht man mir im Alltag meine Beeinträchtigungen nicht auf den ersten Blick an. Schon garnicht wenn mich die Personen vor der Erkrankung nicht kannten.

Und ja, ich gehe immernoch Vollzeit arbeiten, inklusive Schichtdienst! Hoffentlich kann ich das auch noch ganz lange, ich liebe meinen Job nämlich. :heart:

Habt ihr selber sowas schonmal erlebt? Wie seid ihr damit umgegangen?

Liebe Grüße,

Mania :four_leaf_clover:

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Ich habe auch schon das krasse Gegenteil erlebt. Nämlich die Ansicht, dass MS ja „gar nicht mehr so schlimm sei“ (gibt ja schließlich Medikamente) und wieso ich denn nach der Diagnose „so down“ sei?! Und wieso und weshalb ich diese Diagnose denn verarbeiten müsse?

Finde ich eigentlich noch schlimmer, weil das so dermaßen anmaßend ist, wenn gesunde Menschen so eine Scheiße von sich geben

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Da stellt sich mir immer die Frage…

Was ist denn eine “hochaktive MS”? Eine MRT hochaktive oder eine “Symptomhochaktive” MS?

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Ich habs ganz genauso gemacht.

Vollzeit im Außendienst und “coming out” erst als ich mein Gangbild überhaupt nicht mehr mit Rückenschmerzen erklären konnte…
Habe dann peu a peu die Arbeitszeit reduziert.
Aber erst als Vollzeit wirklich nicht mehr ging.

Würde das jederzeit wieder GANZ GENAU SO machen.

  • Und blöde Bemekungen über MS von “Unwissenden” tropften bei mir im Lauf der Jahre immer besser ab. War ein Prozess.

So long
Uwe
:man_running:

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Kenn ich alles auch
“Warum läufst Du so schlecht? es gibt doch inzwischen wirksame Medikmente…”

Das tropft mit den Jahren immer besser ab, ist halt ein Prozess

Uwe

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@Dia_na: Ja, das habe ich auch als Reaktion erhalten. Ich fand das aber irgendwie besser als die geschockte Version, gepaart mit Panik und Mitleid. Ich habe es nur einer Kollegin erzählt und sie meinte: Oh je, aber da gibt es doch mittlerweile Therapien und Medikamente? Das war es dann auch schon :slight_smile:

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@Mania: Ich hatte von MS bis vor 1 Jahr auch keine Ahnung. Ich hatte so ein bestimmtes Bild im Kopf, dass MSler nur schwerkrank im Rollstuhl rumkrebsen. Einer meiner ersten Threads hier hat angesprochen, wie MS eigentlich in den Medien dargestellt wird.

Es gibt zahlreiche Dokus zu diesem Thema, aber diese Dokus zeigen nur die krassen Fälle, keine zeigt MS-Kranke die einen (fast) normalen Alltag nachgehen. Es scheint auch eine Faszination von dieser Krankheit auszugehen, die andere chronische Erkrankungen (wie zb. Epilepsie) nicht haben. Vielleicht finden es Zuschauer schön schaurig, dass MSler einen gewissen Verfall ausgesetzt sind.

Das allgemeine Wissen bez. chronischer Erkrankungen ist in der normalen Bevölkerung praktisch nicht vorhanden, einer der Gründe warum ich mich in Unternehmen stark mache, um in Bezug auf dieses Thema zu sensibilisieren (ich arbeite im HR).

Ich wusste bis vor Kurzem auch nicht, was ADHS ist und wie sich das äussert. Seit ich mich weiterbilde und viele mit ADHS kennengelernt habe, habe ich ein deutlich besseres Bild.

Das der Azubi kaum Wissen hat, finde ich ok. Er meint es ja nicht böse, wenn er älter wird, wird er sich noch früh genug mit der Krankheitsthematik auseinander setzen müssen. Ich kann aber gut nachfühlen, wie es dich getroffen haben muss. Ich hätte ihm in der Situation wahrscheinlich vor den Latz geknallt, dass ich MS habe.

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Dennoch sehr unsensibel. Ich würde ja auch nie im Leben darauf kommen zu einem Diabetiker zu sagen: stell dich nicht so an, gibt doch Insulin…

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Habe es auf der Arbeit nicht erzählt und finde das auch gut so. Dieses Jahr noch eine Gehaltserhöhung bekommen und eine teure Weiterbildung, die ich schon immer machen wollte.
Solange man es nicht muss, halte ich das auch weiterhin so.

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Guten Morgen,
vielen Menschen können sich da nicht reinversetzen.
Glaubt nicht, dass Personen aus dem Pflegebereich viel über MS wissen,
selbst in der Ausbildung ist das nur ein ganz kurzes Thema.
Als ich vor 28 Jahren in die Ausbildung gegangen bin, war das gar kein Thema, keine Fortbildungen nichts, ich muss aber sagen das ich in alle den Jahren, nie einen MSler kennen gelernt habe, auch nicht privat.
Aber dieses mangelnde Sensibilität und Verständnis ist sehr schwierig,
diese Erfahrung habe auch bei meiner damaligen Krebserkrankung festgestellt. Viele denken sogar, MS oder Krebs ist ansteckend.
MS ist heilbar, oder Modeerkrankung usw. Ich persönlich bin mit der MS auch eher zurückhaltend. Kann euch nur sagen, Personen mit chronischen Erkrankungen, bekommen oft keinen Festvertrag. Hatte das schon mal in einem anderen Beitrag geschrieben. Schönen Tag :star_struck::star_struck:.

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wenn ich jemanden sage dass ich Ms habe muss ich in 3 von 4 Fällen erst einmal erklären was die Krankheit überhaupt macht. Wenn jemand fragt warum ich so schlecht laufe sage ich meistens nur dass ich ein Nervenschaden am Bein habe.
„zum Glück“ spielt sich meine Ms nur im rechten Bein ab

Hey!

Als ich meine Diagnose bekam, hatte ich ähnliche Vorstellungen wie der Azubi. Und ich war selbst erschrocken, darüber so wenig zu wissen, ausser den alten Vorstellungen, irgendwann im Rollstuhl zu sitzen und ausserdem ist es ja MuskelSchwund… Aaahhh… So was blödes, aber so wurde das früher immer gesagt. Warum hätte ich mich auch vorher darüber informieren sollen? In meiner “Umgebung” hat niemand MS.

Nimm es ihm nicht übel. Man lernt, damit umzugehen.

LG

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Ich bin/war Krankenschwester, habe 30 Jahre auf Station gearbeitet, zum Schluss als Stationssekretärin, jetzt in der Krankenpflegeschule.
Wenn ein Azubi die Krankheit nicht kennt, kann ich es ihm nicht verübeln. Vielleicht war das Krankheitsbild noch nicht dran, bei uns im Haus gibt es keine Neurologie.
Die Allgemeinheit denkt bis heute MS = Rollstuhl.
Schlimmer fand Kollegen und meine Pflegedienstleitung. Ich wurde nach dem ersten Schub gefragt, was der Arzt sagt wie lange ich noch laufen kann bis ich rollstuhlpflichtig werde.
Plasmapherese, Fatigue, alles unbekannt.
Kollegen, die auch schon MS-Patienten betreut hatten (MS als “Nebendiagnose”, nicht der Aufnahmegrund) neideten mir meinen SBA-bedingten Mehrurlaub, waren eifersüchtig, dass ich keine Nachtwachen machen durfte…
Von daher: ich habe schon viel Blödes gehört. Entweder man klärt auf, oder man muss solche Gespräche abprellen lassen, einen blöden Spruch als Antwort geben.

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Hallo Mania,

Kann mich WTF nur anschließen.

Sich nicht besonders gut mit MS auszukennen ist kein Charakterfehler. Der Azubi ist noch jung und du bist es ja auch noch (ich dagegen bin schon 40…) Mit der Zeit wird man nachsichtiger mit seinen Mitmenschen.

Es wissen zB längst nicht alle Leute, dass Malu Dreyer mit MS jahrelang Ministerpräsidentin war. So ist es halt: erst wenn einen etwas tatsächlich selbst betrifft, informiert man sich.

Gelassenheit ist oberstes Gebot, wenn man mit Nichtbetroffenen über MS spricht. Lass das an dir abprallen! Vielleicht sind es nur deine eigenen Ängste, die dich da triggern.

Alles Liebe und gute Nacht!

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Genau richtig. Nicht gleich alles raushauen, wenn es noch gar nicht nötig ist. Das bereut man schnell, denn wenn der Geist erst mal aus der Flasche ist, kriegt man ihn nicht wieder hinein. Outen kann man sich auch später noch - wenn der passende Zeitpunkt gekommen ist.

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Genauso ist das liebe Karo :heart:

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Hochaktiv da ich innerhalb von wenigen Monaten mehrere schwere Schübe hatte, trotz Therapie. Deutliche Krankheitsaktivität im MRT und neue Herde in der HWS. Zudem ein großer im Hirnstamm.

Habe Tecfidera (nicht vertragen) und Vumerity genommen. Unter beiden Medikamenten Schübe.

Jetzt bekomme ich Ocrevus und habe keine Schübe und auch keine neue Krankheitsaktivität im MRT.

Hoffentlich bleibt das auch so :four_leaf_clover:

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Ich muss echt sagen das ich wirklich kurz versucht war zu sagen “das ich MS habe hättest du wohl nicht gedacht”.

Ich nehme dem Azubi eher weniger übel das man sich mit der speziellen Erkrankung nicht auskennt. Was man aber in dem Bereich erwarten sollte (meiner Meinung nach) ist jedoch etwas Empathie. Wenn ich etwas nicht weiß ist es ok, sich darüber jedoch in einem so abfälligen Ton zu äußern geht garnicht.

Ich habe den Job auch noch nicht so lange. Bin noch in der Probezeit. Wie gesagt weiß es dort keiner. Auf meiner alten Arbeit war ich von Anfang an ganz offen und habe von meiner Leitung auch nur Verständnis für meine Situation bekommen. Jedoch wurde mir auch eine Beförderung verwehrt mit der Begründung “Ich könnte ja ausfallen”.

Daraufhin habe ich den Job gewechselt, thja jetzt bin ich wohl dauerhaft ausgefallen… Aber es war das beste was mir passieren konnte. Ich bin mit meiner neuen Arbeit sehr glücklich.

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Ja stimmt, der Ton macht die Musik :smiling_face_with_three_hearts:. Schönen Abend.

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Klingt, als ob du der Meinung wärst, für keine Gehaltserhöhungen oder Fortbildungen mehr in Frage zu kommen, sobald du geoutet bist.

Hab mich schon vor Jahren geoutet und seit dem Outing dennoch Gehaltserhöhungen, Beförderung und 4-5 (müsste nochmal nachzählen) Wunsch-Fortbildungen finanziert bekommen. So negativ scheint eine MS Diagnose also wohl doch nicht anzukommen.

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