Wenn das Ändern oder Pausieren dann noch so einfach möglich ist…

Es sind in letzter Zeit Fälle aufgetreten, bei denen sich nach einer b-zell-depletierenden Therapie die B-Zellen nur sehr langsam oder auch gar nicht mehr zurückentwickeln. Ich verlinke zwei Beispiele mit Rituximab. Irgendwo fand ich auch einmal einen Fallbericht zu Rituximab bei Rheuma, bei dem nach sieben ! Jahren nach Beendigung der Therapie die B-Zellen immer noch immens niedrig waren. Leider ist mir der link verloren gegangen und ich finde es auch mit Internetsuche nicht mehr.

https://rheuma-liga-berlin.de/blog/2019/medikamentensicherheit-schwere-immundefekte-auch-lange-nach-beendigung-der-behandlung-mit-rituximab-moeglich

Hier im Forum berichtete eine Userin, daß sich sogar nach nur sehr kurzer Anwendungszeit von Kesimpta ihre B-Zellen nur äußerst langsam zurückentwickeln.

In meiner Ambulanz wurde diese Thematik (auf meine Nachfrage) von den Ärzten offen angesprochen. Auch dort sagte man mir, daß nach Therapieende die B-Zellen sehr lange ausbleiben können oder sogar gar nicht mehr zurückkommen. Heißt im letzteren Fall B-Zell-Depletion bis ans Lebensende. Da muss man sich schon fragen, ob man das wirklich will und dieses Risiko tragen möchte.

@tournesol Aus den oben genannten Gründen wundert es mich, daß deine Neurologin von bis zu zehn Jahren unbedenklicher Nutzung von Ocrelizumab spricht. Da Ocrelizumab genauso stark wie Rituximab und Kesimpta wirkt bzw. sogar noch stärker, wäre der beschriebene Effekt auch hier zu erwarten. Mich würde interessieren, ob deine Ärztin dieses Problem kennt und was sie dazu meint. Falls du mal nachfragen solltest, würde ich mich freuen, wenn du hier berichten würdest.

Ansonsten kann ich jedem nur empfehlen, diese Problematik in den Sprechstunden mal anzusprechen. Eure Berichte würden mich interessieren. Auch hier im Forum gibt es schon ein paar threads zu diesem Thema.

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Danke für den freundlichen Hinweis.

Ich weiß sehr genau, was Leitlinien sind. Ich weiß auch, wie sie entstehen, war vor einigen Jahren selbst einmal an einem Leitlinien-Projekt beteiligt (mit linguistischer Expertise), bin aber vorzeitig aus dem Projekt ausgestiegen.

Es gibt solche Fälle, in den von dir verlinkten Beiträgen ist von multimorbiden Mitte-70-jährigen die Rede.

Aber was soll ich jetzt daraus schließen?

Ohne Therapie ging es bei mir nicht, Ocrevus wirkt und es geht mir bis jetzt gut damit.
Soll ich jetzt vorsichtshalber ausprobieren, ob es nicht mit einem schwächeren Medikament oder doch inzwischen ganz ohne geht?
Ich lasse regelmäßig meine Blutwerte kontrollieren, bin einigermaßen vorsichtig und lebe ansonsten normal ohne mir jetzt allzu große Sorgen wegen möglicher negativer Auswirkungen von Ocrevus auf mein Immunsystem zu machen. Bis jetzt scheint es ganz gut zu funktionieren.

Wenn ich jung, wie einige meiner Kolleginnen sowieso sehr empfänglich für Infektionskrankheiten wäre und noch viele Jahrzehnte mit MS vor mir hätte, wäre es vielleicht anders, ich würde mir wahrscheinlich mehr Gedanken über die Auswirkungen einer langfristigen Immunsuppression machen und es ohne Anzeichen für einen schweren Verlauf erst Mal mit einem schwächeren MS-Medikament als Einstieg versuchen.

Ich würde bei Bedarf ja auch ins Krankenhaus gehen, obwohl es Fälle gibt, wo sich dort Leute Krankenhauskeime eingefangen und sogar daran gestorben sind.

Ich sehe es genauso. Und es kommt immer auf den individuellen Fall an.

In meinem Fall gab es mehrere Anzeichen, die für eine aggressive Verlaufsform sprechen. Insbesondere die Größe meiner (für MS wohl eigentlich zu großen) Hirn- und Rückenmarksläsionen.

Was mir hier im Forum aber schon sehr auffällt, ist die Tendenz, dass mittlerweile gefühlt auch schon nach jeder SNE eine Eskalation angestrebt wird. Klar, kann man als junger Mensch hoffen, dass man die B Zell Depletion nach ein paar Jahren durch ein weiteres neuartiges starkwirksames Medikament ersetzen kann. Nur weiß man schlichtweg nicht was die Forschung ermöglichen wird.

Studien zur Rückentwicklung der B Zellen nach den genannten Therapien würden mich viel mehr interessieren als Einzelfallberichte. Keine Ahnung ob es welche gibt. Ich werd mal recherchieren.

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Danke für deine ausführliche Antwort.

Ich greife nur den zitierten Aspekt heraus: Ein aggressiver Verlauf kann auch nach einem ersten MRT schon eingeschätzt werden. Denn der Diagnose-Zeitpunkt ist nicht identisch mit dem Beginn der Erkrankung, der meist deutlich früher anzusetzen ist, oftmals mehrere Jahre früher.
Daher kann ggf. auch schon beim ersten MRT eine hohe Läsionslast etc. pp. vorliegen, es kann ggf. auch schon frühzeitig eine Aussage über einen ungünstigen oder milden Verlauf getroffen werden, zumal das MRT nicht das einzige Kriterium ist, das herangezogen wird.

MRTs sind sowieso nur bedingt aussagekräftig. Es kommt ganz darauf an, wie geschnitten wird, wer die Befundung vornimmt etc. pp.

Ich bin seit der Diagnose im Juli 2005 fast jedes Jahr im MRT (in einer großen Radio-Praxis mit mehreren Standorten und spezialisierten Neuro-Radiologen) und kann ganz unterschiedliche Befundungen vorlegen.

Beispiel: Mal habe ich black holes, dann wieder keine. Mal mehrere konfluierende Läsionen, dann wieder nicht. Und so weiter. Kommt halt drauf an, wie geschnitten wird, und vor allem auch, wer die Auswertung vornimmt.

Und so weiter.

Ich finde es erstaunlich, dass du Schwierigkeiten hast, einen Neuro zu finden, der dir Kesimpta verschreibt (ich hätte eher das Gegenteil vermutet). Du könntest bei der DMSG anfragen, ob sie dir weiterhelfen mit Adressen. Oder bei Prof. Mäurer, der den DocBlog betreibt.

Wundert mich ebenfalls total, dass sich da bisher kein Neuro gefunden hat…

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@Cosmo Falls du es nicht schon längst kennst:
https://msselfie.co.uk/about-ms/questions-to-ask/

IMHO eine der besten Informationsquellen. GG idt auf jeden Fall ein Befürworter von „hit hard and early“.

Die Vorstellung, dass du für den Rest deines Lebens ein hochwirksames Medikament nehmen musst (mit allen mgl. Folgen) muss auch nicht stimmen. Evtl. kannst du ja mittelfristig eine Maintenancetherapie wechseln, wie sie am Ende dieses Blogeintrages gennant wird:

Ob und wie das in D praktiziert wird, weiß ich nicht. Ein guter Neurologe*in oder eine MS-Ambulanz sollte dir dazu mehr sagen können.

Viel Erfolg, SWR

Daß es sich um ältere und multimorbide Patienten gehandelt hat, wird in dem einen link beschrieben. In dem anderen ist von Alter und Morbidität nicht die Rede. Da heißt es nur, ich zitiere:

“Es ist nun ein Fall berichtet worden, bei dem die Beeinträchtigung des Immunsystems derart lange anhaltend war, dass noch dreieinhalb Jahre nach der letzten Rituximab-Behandlung die Konzentration von Antikörpern im Blut verringert war, was eine schwerwiegende Infektion nach sich zog. Darum wird empfohlen, bei entsprechenden Auffälligkeiten im Blutbild eine Substitutionsbehandlung mit Antikörpern durchzuführen und diese Patienten auch nach Behandlungsende zu überwachen.”

Klar würden mich quantitative Ergebnisse auch mehr interessieren als Einzelfallberichte. Aber solche Studien gibt es meines Wissens nicht. Liegt vielleicht auch daran, daß die B-Zell-Depletion ein relativ neues Verfahren ist. Ocrelizumab ist erst seit 2018 auf dem Markt, Kesimpta kam noch später. Einzig Rituximab ist schon länger in Anwendung. Aber auch hierzu finden sich bisher nur Einzelfallberichte.

Es braucht halt immer seine Zeit, bis sich entsprechende Forschung und Kenntnis entwickelt.

Zu B Zell recovery nach Rituxan finde ich englischsprachig schon einiges. Allerdings halt überwiegend bzgl dem Zustand nach einer vorangegangenen Behandlung von Lymphomen und da die Behandlungsdauer hierbei sehr viel kürzer als bei MS ist, lässt sich das leider nicht vergleichen…

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Daß es zu diesem Thema wahrscheinlich nicht viele Daten gibt, sehe ich auch an den Reaktionen der Ärzte in meiner neurologischen Praxis. Und die sind dort eigentlich gut informiert und Spezialisten, keine Feld- Wald- und Wiesen-Neurologen :wink:

Zwei von den Ärzten habe ich zu dem Thema befragt. Beide sagten, daß es das gäbe, daß die B-Zellen nur sehr langsam ansteigen oder lange Zeit gar nicht ansteigen oder daß die B-Zell-Depletion nach Absetzen sogar dauerhaft sein kann. Aber wenn ich nach Häufigkeiten frage, bekomme ich keine klaren Antworten bzw. die Antwort, man wüsste das nicht so genau.

Daraus schließe ich, daß es relevante Daten oder gar Studien zu dem Thema wahrscheinlich nicht gibt.

Weil man das wahrscheinlich noch gar nicht weiß. mein Vater hatte ein Lymphom und wurde entsprechend behandelt und seine B-Zellen waren bei 0. Nach einem halben Jahr. Nach noch einem Jahr minimal gestiegen aber immer noch zu wenig. Laut seinem Arzt ist das normal. Ihm geht es aber gut und oft krank ist er auch nicht gewesen.

Sag ich doch. Es gibt wahrscheinlich noch keine Daten dazu.

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Du hast ja mittlerweile schon viele Antworten bekommen und mitunter auch sehr kritische, was das “Hit hard and early” betrifft.

Ich persönlich kann mich meinen Vorrednern nur anschließen und nur wiederholen, dass es einen Grund für Leitlinien gibt und eben nicht immer individuell entschieden werden soll/darf.

Eine Eskalationstherapie mit einem B-Zell-depletierenden Medikament wie Kesimpta oder Ocrevus ist kein Zuckerl, das man nebenbei einwirft und dann ists auch schon wieder gut. Diese Medikamente haben Auswirkungen auf deinen gesamten Körper und man weiß schlichtweg einfach noch viel zu wenig über sie (weil sie in dieser Form noch nicht lange angewandt werden).
Wenn du Pech hast “zerschießt” du dir mit Kesimpta dein Immunsystem und kannst ein Leben lang (auch nach Absetzen des Medikaments) keine B-Zellen mehr bilden. Ebenso ist noch immer total unklar, wie das Malignomrisiko unter Kesimpta wirklich aussieht.

Vll noch kurz zu meiner Erfahrung mit Kesimpta (und ich habe es nicht als Erslinientherapie bekommen, sondern hatte davor schon Tysabri, Avonex und Tecfidera). Ich habe Kesimpta gerade mal 6! Monate gespritzt und dann wegen massiver Infektanfälligkeit wieder abgesetzt.
Aktuell bin ich jetzt 1 1/2 Jahre ohne Kesimpta und meine B-Zellen sind weiterhin im Keller. Keiner weiß warum und ob sie jemals wiederkommen.
Das hat jetzt aber natürlich auch eine Auswirkung auf meine nun laufende Basistherapie, die ich dringend brauche, weil weiterhin hochaktiver Verlauf.

Kurz um - überlege dir gut, ob es eine “normale” Basistherapie nicht doch auch tut. Eskalieren kann man immer noch.

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Auch mal unabhängig von der Therapiedauer ist die Behandlung von Lymphomen mit Zytostatika, Erhaltungstherapie etc. auch ganz anders aufgebaut. Daher ist der Zustand nach einer solchen Therapie ohnehin anders zu werten.

Was mich auch sehr interessieren würde, wäre ob man auf eigenen Wunsch (auch wenn die Blutwerte das nicht erfordern) von dem vorgesehenen Behandlungszyklus bei Ocrevus abweichen könnte. Also z.B. auf eine jährliche Infusion wechseln könnte bzw. ab und an pausieren könnte. Oder ob die Ambulanz, der Hersteller oder die Krankenkasse das nicht akzeptieren würden und die Behandlung, die ja ein Vermögen kostet, dann nicht länger genehmigt werden würde.

Die EMA schreibt in der Zulassung für Ocrevus folgendes. Das wird ja sicher auf Studien basieren, die Zeit zum Suchen hab ich leider gerade nciht auch wenn ichs interessant finde: “After you stop Ocrevus treatment, you may still experience side effects until your B-cells return to normal. Your blood B-cells will
gradually increase to normal levels. This can take from six months to two and a half years, or up
to several years in rare cases.

Wenn man aus Studien statistische Zahlen hätte, würde mir das etwas nützen bei der konkreten Entscheidung für oder gegen ein Medikament?

Ich bin bei solchen Studien und Statistiken skeptisch und schaue lieber darauf, was überhaupt passieren kann und auf mich selbst und meine Situation, was da passen könnte als auf Durchschnittswerte. Im Einzelfall kann alles ganz anders sein.

Jetzt bin ich erkältet, wie viele andere auch zur Zeit, zum 1. Mal in den 2 Jahren seit ich Ocrevus bekomme. Bis jetzt nicht besonders schlimm.

Hm was sind B Zellen ?
Und was machen sie genau ?
Ok ich kann ja eigentlich selber googeln …
Aber welche Nachteile hat das wenn sie nicht wieder kommen ?

B Zellen T Zellen Antikörper… Weshalb macht man Impfungen.

das ist in Google gut erklärt.