Wie meinst du das mit “es haben sich bereits Dawson-Finger gebildet”?
Dawson-Finger beschreiben ja nur die Lokalisation der Herde - also periventrikulär und das ist halt MS-typisch. Aber das ist ja kein prognostischer Faktor.
Und ob eine MS hochaktiv ist, oder nicht kann man nur im Verlauf feststellen.
Nunja zumindest scheint klar, dass " Dawsons Hahnenkamm " ein recht spezifischen Zeichen der Läsionsverteilung einer MS ist.
Allerdings lässt dies sicher NICHT bei abgeheilter SNE ohne weiteren signifikanten neurologischen Symptomen eine Eskalationstherapir rechtfertigen.
Eine “benigne” MS kann lange asymptomatische Läsionen verursachen. Und durch eine dann auftretende SNE wird sie erstmal symptomatisch. Das heisst aber noch lange nicht, dass sie auch weiter symptomatisch bleiben wird, zumimdest nicht über das Mass einer angemessen behandelten MS.
Das ist mir durchaus klar, dass das erst im Verlauf wirklich gesagt werden kann. Das ist auch meine Kritik an der inoffiziellen Prognose des Krankenhauses. Mir hatte man suggeriert, es sähe rein anhand des ersten MRTs nach einem milden Verlauf aus, da alte, inaktive und neue, kontrastmittelaktive Läsionen nur 1 mm und kleiner seien.
Die kortikalen Herde, die histologisch häufig nachweisbar sind, werden wegen ihrer geringen Größe mit der MRT schlecht erfasst. Mit zunehmender Erkrankungsdauerkonfluieren Herde an den Vorder- und Hinterhörnern und bilden entsprechend der venösen Abflüsse fingerartige Ausläufer bis tief in das Marklager (Dawson-Finger oder Hahnenkammkontur). Diese fingerförmigen Ausstülpungen zeigen distale Auftreibungen im Centrum semiovale im Sinne einer Keulenkonfiguration.
Ich muss die MS wohl schon eine ganze Weile haben, an eine sehr frühe Entdeckung glaub ich nicht mehr. Konfluieren bedeutet, dass sich Herde vereinen. An 1 mm und kleiner kann ich da auch nicht mehr glauben, aber vielleicht täusche ich mich ja. Leider werd ich aus meinen online zur Verfügung gestellten MRT-Bildern nicht schlau und die Software zum detaillierten Betrachten der Bilder im DICOM-Format funktioniert auf meinem PC nicht. Irgendein Problem mit Javascript, hab schon alles Erdenkliche versucht, läuft einfach nicht. Google ich Bilder von Dawson-Fingern, sehen zumindest die Bilder im Netz doch nach recht großen Läsionen aus. In meinen Befunden werden auch noch auffällige, flächige Stellen im Schädel und im Rückenmark erwähnt, die halt nur nicht auf Kontrastmittel reagieren. Daher kein (klarer) Befund dort, aber es könnte etwas dort sein. Die SNE ist vom MRT auch nicht entdeckt worden (nicht nachweisbar), obwohl ich die ja definitiv hatte. So ein MRT sieht offenbar nicht alles. Ich glaube aber, dass das jeweils recht alte MRTs waren, mit keiner besonderen Auflösung. Das nächste lass ich vielleicht wo anders machen, wo sie ein höherauflösendes MRT haben. Aber da muss ich mich erst schlau machen.
Bin morgen auf das Gespräch gespannt, auf deren Zweitmeinung zu meinen MRTs. Lass mir die dann mal im Detail erklären, das hat bisher niemand gemacht.
Es gibt per se keine Argumentation gegen ein aktuell zugelassenes MS Medikament. Die einzigen faktischen Kriterien für/gegen das Verschreiben sind wofür ein Medikament zugelassen ist. In dem Fall langt eine einfache Begründung vom verschreibenden Arzt wenn man davon abweicht.
Der Rest ist eigentlich eine konstruierte Diskussion über „das richtige Medikament“ in das persönliche Wahrnehmungen, „Leitlinien“ oder Erfahrungen einfliessen. Deswegen hast du hier auch eine endlos Diskussion an der Backe, die sich wie ein Stück Kaugummi liest.
Tysabri hat per se keine Einschlägigen Nebenwirkungen außer der möglichen Gefahr einer Viruserkrankung im ZNS die potentiell gefährlich werden könnte weil Tysabri deine BHS für bestimmte T-Zellen abdichtet.
Das bedeutet, dass das eigentlich keine schädliche NW ist sondern dass das Medikament nur tut was es soll. Wenn das vermutete Risiko für eine solche Situation erhöht ist, wird einem Nahe gelegt, damit aufzuhören. Sonst nichts.
Und da ein solches Risiko in den ersten beiden Jahren rechnerisch klein ist, wird sowieso noch niemand mit dir darüber reden.
Zusammengefasst spricht also eigentlich nichts dagegen, genauso gut mit Tysabri zu starten. Tysabri bietet statistisch mit dem besten Schutz vor Entzündungen, was in den Anfangsjahren besonders wichtig ist. Daher wird damit auch großflächig in England als Initialtherapie getestet.
Das ist aber in England - wo andere vermutlich sagen würden, sie hätten einfach nur gesunden Menschenverstand - und nicht hier. Hier hat die DGN stattdessen Behandlungsleitlinien entworfen in denen eine „stufenförmige Eskalation der Therapien“ vorgesehen ist „weil NW in Relation zu Wirkung“ stehen sollen. Andere Länder haben natürlich auch Leitlinien, aber nicht sowas. Entsprechend prägt das die Meinungen von Ärzten und Patienten wie du lesen kannst.
Was passiert bei vielen Neurologen? Sie verstecken sich hinter solchen Leitlinien und machen Dienst nach Vorschrift. Sind zudem sehr träge, wenn es darum geht, Entscheidungen zu unterstützen, weil „Patient doch alle Infos zu Medikamenten und Kriterien hat“.
Was wäre sinnvoll für dich als kompetenter Patient? Einen Neurologen zu finden, der dir hilft die Informationen zusammen zu stellen, die du brachst um deine Therapie Entscheidungen eigenständig zu treffen und dich unterstützt, wenn du deine Entscheidungen getroffen hast.
Was meine ich zum ersten Punkt? Jemand der dich zumindest in der Anfangsphase mit regelmäßigen MRT Bildern beliefert und diese gemeinsam mit dir bespricht. Jemand der bereit ist, Biomarker wie NFL oder Aufnahmen vom Hirnvolumen zu machen selbst wenn das etwas mehr kostet. Alles mit dem Ziel, dir so klar und frühzeitig wie möglich aufzuzeigen, wie es aktuell aussieht und worauf die Indikatoren hindeuten.
Zum zweiten Punkt sollte der Neuro deine (eure) Therapieentscheidung unterstützen und nicht mit simplen Verweis auf Leitlinie oder mögliche xy NW abblocken. Wenn ein Medikament nicht hinnehmbare NW hätte, wäre es nicht auf dem Markt. Die beiden risikoreichsten Optionen, Lemtrada und HSCT, stehen ja schon quasi „unter Verschluss“. Bei den anderen Therapien ist es Abwägungssache. Und dann wird daraus eine persönliche Entscheidung, die (ein guter Arzt) mitzutragen hat.
Danke für den ausführlichen, informativen Text. Biss hat er auch, den sollten hiesige Neurologen und Ärzte lesen, vielleicht regt das beim ein oder anderen zum Nachdenken an. ^^
Von NFL hatte ich noch nie etwas gehört. Grad mal ein wenig gegoogelt, sehr interessant. Das sprech ich morgen in der MS-Ambulanz mit an. Da bin ich ja echt mal gespannt, wie die darauf reagieren…
Ich habe wohl etwas zu lange gewartet mit der Therapie, aber das muss ich nun auch selber verantworten. Bei der Untersuchung vor 1 Jahr hat mir die Neurologin eine Box mit verschiedenen Medikamenten zur Auswahl mitgegeben. Dass es unterschiedliche Wirkungsformen der Stärke und Ausprägung von MS gibt wusste ich nicht. Orale Einnahme kam für mich nicht in Frage. Die 4 Wöchentliche Spritztherapie erschien mir leicht zu händeln was meine Entscheidung erleichterte. Eine detailierte Einweisung was der Wirkstoff eigentlich genau macht wurde mir nie nahegelegt.
Weshalb deutlich mehr Frauen als Männer an MS erkranken bleibt wohl derzeit noch unbekannt.
Einfach mal die immunologischen Zellen zu vernichten ist m.M. ein Rasenmäherprinzip, schade dass es noch kein punktuelles Medikament gibt.
Ich hoffe auf eine erfolgreiche Forschung in naher Zukunft.
Alles Gute
In diesen Forum bekommt man sehr viele Details mit, die man sonst nicht mitbekommt.
Das steht in jedem Artikel über MS. Aber ob es tatsächlich diese Formen sind, oder einfach nur die unterschiedlichen Phasen der gleichen Erkrankung? Es sind wohl die gleichen Prozesse und die Neurodegeneration verläuft schon von Anfang an.
Schön merkwürdig. Ich musste einen Zettel unterschreiben, dass ich aufgeklärt wurde und genug Bedenkzeit hatte. Auf dem Zettel stand auch die Wirkungsweise ( bei allen Präparaten, soweit diese bekannt ist).
Das ist bei jeder Autoimmunkrankheit so, nicht nur bei MS. Liegt vllt auch daran, dass Frauen zwei X Chromosomen haben und dementsprechend mehr bestimmte Immunzellen.
Hallo @Marc696, über Neurofilamente als Marker für eine Verschlechterung bei MS habe ich bereits gelesen. Aber hast du hier eine reale Erfahrung mit einem Neurologen aus D.?
Man muss diesen Marker ja auch richtig deuten können.
NFL Werte im peripheren Blut müssen auf Alter und Gewicht normalisiert werden um aussagekräftig zu sein. Dafür gibt‘s Standardberechnungen. Die Uni Basel hat dafür sogar eine App für Neurologen entwickelt.
Dann sollte die Kurve unter dem resultierenden Z-Wert möglichst niedrig sein um das wahrscheinliche Risiko von zukünftiger Krankheitsaktivität gering zu halten. Wie man in der Graphik unten gut erkennen kann sorgen neuere Therapien für deutlich niedrigere Z-Werte
Das wird an einigen Kliniken ausserhalb von Deutschland bereits seit Jahren gemacht. In Deutschland vermutlich mit Privatpatienten da es keine Regelungen für eine Kostenübernahme gibt. Obwohl EMA bereits mit NFL Werten bei der Medikamentenzulassung arbeitet gibt es m.W. noch keine Kassenärztliche Zulassung in Deutschland. Eigentlich ein Widerspruch.
Bei der Grafik habe ich nicht ganz verstanden, was Platform bedeutet: sind das Interferone und Glatimeracetat? Schön bemerkenswert, dass die Kurve hier erst nach unten geht und dann wieder nach oben, lässt nachdenklich werden.
Dass die monoclonalen AK hier am besten abschneiden ist nicht überraschend.
Es geht hier aber eigentlich darum, von diesem „Studien sagen daß…“ hin zu einem „MEIN Z-Score sagt MIR, daß ich ein erhöhtes/geringes Risiko von Aktivität in nächster Zeit haben sollte. Das bräuchte ein(e) Neudoagnostizierte(r) um erstmal zu verstehen, was gerade bei ihm/ihr los ist.
Zurück zu deiner Frage:
„… Auf Gruppenebene sank der longitudinale Verlauf der sNfL-Z-Score-Werte bei Personen mit Multipler Sklerose aus der SMSC auf die Werte, die in der Kontrollgruppe mit monoklonalen Antikörpern (d. h. Alemtuzumab, Natalizumab, Ocrelizumab und Rituximab) und, in geringerem Maße, mit oralen Therapien (d. h. Dimethylfumarat, Fingolimod, Siponimod und Teriflunomid) beobachtet wurden. Bei den Plattformpräparaten (Interferone und Glatirameracetat; p<0-0001 für den Interaktionsterm zwischen der Behandlungskategorie und der Behandlungsdauer) blieben die sNfL-Z-Scores im Längsschnitt jedoch erhöht. Die Ergebnisse wurden in der Validierungskohorte (n=4341) aus dem schwedischen Multiple-Sklerose-Register vollständig bestätigt.…“
Die Frage kam heute recht schnell, ich war direkt überrascht, musste gar nicht wirklich diskutieren.
“Hit hard and early” kennen sie dort in der MS-Ambulanz einer Uniklinik. Der Doc sah sich meine MRTs an und meinte, bei mir könne man schon mit Kesimpta starten, damit sei ich auf einem guten Weg. Er meinte zwar auch, Basismedikation + ggf. schnelle Eskalation könne man schon auch machen, sie eskalieren grundsätzlich sehr schnell, aber direkt hochwirksam sei auch vertretbar. Wenn ich das möchte, habe er kein Problem damit. Die neueste Generation Stufe 3 Medikamente ist besser verträglich als frühere, das bestätigte er noch.
Die haben dort gerade eigene Studien zu Ocrevus und Kesimpta laufen. Dazu hat er mir auch ein bissel was gesagt, war interessant. Er fragte mich dann noch, ob ich an einer anderen Stunde 2024 teilnehmen möchte, sie suchen noch Teilnehmer. Ein neues Präparat mit Darmbakterien, wo versucht wird die Darmflora positiv hinsichtlich MS zu beeinflussen. Da hab ich dann gern noch zugesagt. Einerseits interessiert mich das Thema. Dass über den Darm wohl positiver Einfluss auf die MS möglich ist, zeigt ja z. B. Propionsäure. Andereseits will ich mich auch ein Stück weit revanchieren. Fand den Doc richtig cool, sympatisch und direkt vertrauenerweckend.
Natürlich hat er mich auch über die Risiken aufgeklärt und ich musste (logischerweise) dafür unterschreiben. Er nimmt das nicht auf die leichte Schulter, ist aber halt alternativen Ansätzen abseits der DGN-Leitlinie auch nicht abgeneigt. Außerdem hat er mich noch auf Reflexe und motorische Störungen untersucht. Alles in Ordnung, meinte er.
Nun nehm ich gleich an zwei Experimenten teil. “Hit hard and early” bei MS und an einer klinischen Medikamenten-Studie. Hätt ich bis vor drei Monaten auch nie gedacht.
Im Januar hab ich nun meine ersten drei Injektionstermine dort, unter ärztlicher Aufsicht. Dazu muss ich jeweils ein großes Blutbild vom Hausarzt mitbringen. Danach kann ich mir die Spritzen dann künftig selbst setzen, jeweils einmal monatlich. Meine Neurologin bekommt einen Arztbrief. Womöglich finden dann Blutüberwachungen und MRT-Besprechungen künftig über sie statt, oder auch nicht. Da hab ich jetzt gar nicht nachgefragt, mach ich dann im Januar.
Ich habe in deinem Faden mitgelesen und freue mich über das „happy end“, nämlich dass du mit deinem Wunschmedikament bald loslegen kannst. Ich hätte auch so entschieden wie du.
Ich hoffe, Kesimpta macht was es soll und deine MS gibt möglichst lange Ruhe!