Das ist auch schlicht ein zusätzlicher Placeboeffekt. Die Kopfschmerztablette wirkt an manchen Tagen auch sobald sie im Mund ist
Nö, ich meinte damit etwas völlig anderes. Nämlich, dass ich nicht glaube, dass man über einen all zu langen Zeitraum nebenwirkungsarm ein hoch wirksames Medikament nehmen kann (außer ggfls Tysabri - solange man JCV negativ bleibt).
Meine MS Ambulanz lobt die hochwirksamen Therapien auch, gleichzeitig klären die Ärzte dort aber auch realistisch über Risiken und Nebenwirkungen auf. Das ist zB die realistische Gefahr eines Immunglobulinmangels nach langjährigem Gebrauch. Ich bin jedenfalls gespannt, ob meine Krankenkasse willig sein wird, nochmal Zehntausende pro Jahr für eine Immunglobulin-Substitution zu finanzieren, laut meiner MS Ambulanz liegt die Kostenübernahme für solche Therapien wohl ziemlich in der Schwebe…
Ich benutze den Begriff „Eskalation“ da so bei meinen Ärzten üblich (unabhängig von der jeweiligen Vormedikation) und weil ich keine Lust habe, hundertfünzigtausendmal „Hit Hard and early“ zu schreiben
Wie jetzt, Kostenübernahme in der Schwebe?
Gehen dann die Ersparnisse der Patienten für die Immunglobulin-Substitution drauf? Oder müssen die schweren Infektionen ertragen werden, wenn keine Ersparnisse da sind? Und wenn der Ausgang der Infektion letal ist, hat sich dann die Finanzierungsfrage von selbst erledigt?
Ich hatte in der Ambulanz gefragt, welche längerfristigen Möglichkeiten ich habe, wenn die Immunglobulinwerte gefährlich niedrig werden.
Es gäbe die folgenden Möglichkeiten:
- Medikament für längere Zeit aussetzen und hoffen, dass sich die Werte wieder stabilisieren
- Medikamentenwechsel → was hierbei in Frage kommt, hänge dann natürlich von der jeweiligen Situation und den Werten ab
- Immunglobulin-Substitution (hier meinte der Arzt „…FALLS die Krankenkasse das finanzieren wird“)
Ich denke (hoffe) wenn man bereits mit einer schweren Infektion im Intensivbereich behandelt werden muss, würde es nochmal anders aussehen.
Dia_na, danke für deine Antwort.
Eine B-Zell-Depletion ist (für mich) ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und das sind solche Fragen, die man sich stellen muss …
Dieses Ammenmärchen scheint sich erschreckend hartnäckig zu halten und ich vermute stark, dass der Grund falsche, weil einseitige Beratung ist. Finde ich nicht in Ordnung und es wird nicht richtiger, wenn es munter weiter verbreitet ùnd alles andere als veralteter Nonsens ausgeblendet wird.
@Cosmo: Was bedeutet für dich "Abwarten und gar nichts machen?
Im Gegensatz zu dir, habe ich mich mit der “Gegenseite” befasst und kann deren Beweggründe gut nachvollziehen.
Wird aus irgendeinem Grund „Watchful Waiting“ genannt was eigentlich ein palliatives Therapiekonzept ist wo es um eine kurative Versorgung geht.
Wem periodische Bestandsaufnahmen mit anschließender Diskussion zum weiteren Vorgehen gefolgt von Vorbereitungen auf eine Therapie mit anschließender Einstellzeit eine ausreichende Reaktivität auf Veränderungen im Krankheitsverlauf darstellt soll doch so vorgehen.
Andere bevorzugen halt ein proaktiveres Vorgehen in bestimmten Phasen vom Krankheitsverlauf. Das kann man nun bis zum Umfallen ausdiskutieren. Wo ist der wirkliche Konflikt?
Den Konflikt sehe ich darin, dass dieses “Watchful Waiting” weiterhin so verbreitet wird, wie es derzeit umfangreich zu sein scheint und wie von dir dargestellt. Es kommt so rüber, als würde diese bei MS als veraltet dargestellte Vorgehensweise höchstens noch als Alternative der Unwissenden und Leichtsinnigen dienen. Sie ist aber m.E. ein vollwertiger Auswahlpunkt für mündige Patienten, der auch richtig vermittelt werden sollte. Es macht ja anscheinend einen Unterschied, wie diese Herangehensweise vor ein paar Jahren noch zur Wahl stand und wie das heute gehandhabt wird. Mir geht es um eine neutrale Auswahlmöglichkeit und dazu gehören alle Punkte auf den Tisch.
Das müsste auch nicht bis zum Umfallen diskutiert werden, wenn andere Standpunkte nicht nur als albernes Beispiel gesehen würde, sondern man sich im Gegenzug auch mal. ohne Scheuklappen bemühen würde, die Hintergründe wenigstens im Ansatz zu verstehen.
Ich sehe auch keinen Konflikt. Ich habe heutzutage die Möglichkeit, mich selbst über unterschiedliche Möglichkeiten des Umgangs mit der MS-Diagnose zu informieren und bin dafür nicht auf meine Ärzte angewiesen.
Von Neurologen würde ich natürlich über die Vorgehensweise, die sie für richtig hielten, informiert, aber ich habe mich nie in eine bestimmte Richtung gedrängt gefühlt und hätte mich auch anders entscheiden können.
Außerdem kommt es bei der Wahrnehmung immer auf die eigene Sichtweise an. Als ich in einem ‘pharmakritischen’ MS-Forum geschrieben habe, dass ich eine BT mache, habe ich mich in die Ecke hirnloser Pharma-höriger Medikamenten-Junkie gedrängt gefühlt.
Ganz genau so ist es!
Als ob MSler (m/w/d), die sich aus guten Gründen für watchful waiting entschieden haben, allesamt ideologisch indoktrinierte Pharmafeinde wären, die behaupten, die verfügbaren Medikamente wären allesamt Teufelszeug und die verschreibenden Ärzte inkl. ihrer Pat. allesamt hörige Knechte des Pharma-Kapitals.
Das ist Unsinn.
Bei der Rheumatherapie, ebenfalls eine Autoimmunerkrankung, galt für Jahrzehnte der Ansatz, schwach wirksame Basismedikation einzusetzen und später mit höherwirksamer Medikation zu eskalieren. Schon länger wird hier nun aber auch in Deutschland grundsätzlich von Anfang an hochwirksam behandelt. Die alte Vorgehensweise existiert überhaupt nicht mehr.
Gerade bei Rheuma gibt es mittlerweile gut erprobte ernährungsmedizinische Therapiemöglichkeiten, mit deren Hilfe man Medikamente deutlich reduzieren oder sogar ganz absetzen kann. Komplett ohne strenge “Diät”, sondern einfach mit entzündungsarmer, gesunder Ernährung.
Und die wird - nach meinem bescheidenen Eindruck - immer häufiger ärztlich empfohlen - statt Medikamente.
Hier ist mal ein Video-Beispiel, wie bei einer 7-jährigen mit stark ausgeprägter juveniler Arthritis die zwar wirksamen, aber enorm nebenwirkungsreichen Medikamente (Leberschaden) mit ganz einfacher ernährungsmedizinischer Therapie nach und nach abgesetzt werden konnten.
Bei MS galt früher der Ansatz “erst mal abwarten und gar nichts machen”.
Das kann ich nicht bestätigen.
Ich bin seit 18 Jahren diagnostiziert und von Anfang an immer zu Therapien gedrängt worden, jedes Mal, wenn ein neues Medikament am Start war und immer mit der Drohkulisse “wenn Sie das Medikament nicht nehmen, sitzen Sie in spätestens fünf Jahren im Rollstuhl”.
Sitze ich aber nicht.
Keine dieser beiden Meinungen entspricht den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Insofern ist das hier eine akademische Diskussion zur persönlichen Vorgehensweise für die jeder/jede erstmal eine(n) wohlwollende(n) Neurologen/in benötigt.
Was sich im Kontext hier viel-leicht geändert hat, ist daß in den vergangenen Jahren neue Therapieoptionen hinzugekommen sind, die Patienten mittlerweile mit relativ wenigen NW einen deutlich besseren Schutz vor entzündlicher Aktivität ermöglichen.
Entsprechend kann man erkennen, dass die Diskussionen im Forum sich geändert haben weg von Grundsatzdebatten ob eine Therapie überhaupt wirkt hin zu spezifischen Therapie Fragen oder warum andere bisher überhaupt keine der bestehenden Therapien in Betracht ziehen.
Insofern kann man gerne wieder Gräben ziehen zwischen „Phamaphoben“ vs. „Pharmabezahlten Bloggern“ und der/die interessierte(r) Leser(in) kann dann entscheiden was für sie das richtige Vorgehen ist. Wer Zeit/Interesse hat, kann seine/ihre Meinung ja beisteuern…
Damit das hier später überhaupt eine Auswirkung auf praktische Erfahrungen hat, müssen mehr Neurologen da draußen von DGN Vorgaben abweichen.
Da bin ich ganz bei dir. Eine neutrale Auswahlmöglichkeit wünsche ich mir auch. Jeder Erkrankte sollte das machen können, womit er sich wohlfühlt, woran er am ehesten glaubt, ohne Schranken oder Steine im Weg. Das wird aber erst ohne Probleme für alle Patienten möglich sein, wenn in der Leitlinie einmal drin steht, dass man bei frischer Diagnose sofort eskalieren kann, unabhängig von der Prognose. M. E. sollte jeder MS-Patient über alle Möglichkeiten voll aufgeklärt werden, unter Nennung aller möglichen Vor- und Nachteile.
Das ist aber momentan überhaupt nicht der Fall. I. d. R. wird nur das Prinzip Basismedikation + ggf. spätere Eskalation vorgestellt und dann werden die verschiedenen Basismedikamente zur Wahl gestellt. Watchfull waiting und Hit hard and early werden überhaupt nicht angesprochen. Dass Ersteres ein Ammenmärchen ist, fällt mir schwer zu glauben. Ich hab das nicht aus Foren, sondern öfter mal in Fachartikeln dazu gelesen und da heißt es eben oft, dass das früher Standard war, so wie heute direkt mit Basismedikation starten Standard bzw. gängige Praxis ist.
Ich glaube auch nicht, dass ich die B-Zell-Depletion 30 oder 40 Jahre machen kann und habe das auch nicht vor. Mein Plan ist das jetzt einmal 5 bis 10 Jahre zu machen und dann auf etwas Milderes umzusteigen. “Flip the pyramid” nennt sich dieses Konzept, also es genau anders herum zu machen, als erst mild zu starten und später hochwirksam weiterzumachen. Vielleicht gibt’s in 10 Jahren aber auch völlig neue, hochwirksame Medikamente, die man dann problemlos weiternehmen kann. Vielleicht sogar ein Heilmittel, vielleicht brauche ich dann aber auch gar nichts mehr nehmen, weil die MS zum Stillstand kam. Wer weiß das schon? Jedenfalls versuche ich jetzt für’s Erste einmal die MS in ihrer Anfangsphase direkt maximal effizient einzudämmen. Was später einmal folgt, lasse ich offen.
Stimmt.
Das habe ich leider anders erlebt. Ich wurde zwar zu nichts gedrängt, aber mir wurde nur eine Möglichkeit gegeben, nämlich jene, welche die Leitlinie in meinem Fall vorsieht. Etwas anderes kam nicht in Frage.
Wie gesagt, ich wurde von Anfang an immer zur härtesten, neuesten, angeblich effektivsten Therapie gedrängt, die gerade verfügbar war - von beiden Neurologen, bei denen ich in Behandlung war - bis ich selbst eigenmächtig und ohne vorherige Rücksprache mit dem Neuro das Zeug abgesetzt und mich fürs Abwarten entschieden habe.
Erst ab diesem Zeitpunkt wurden übrigens die jährlichen Kontroll-MRTs angesetzt, vorher, also während der Avonex-Therapie, gab es das nicht.
Es gibt also ganz unterschiedliche Praxen - die einen raten zum Abwarten, die anderen zu BT plus ggf. Eskalation, noch wieder andere wollen von Anfang an maximal “zuschlagen”.
Es gibt also überhaupt keinen Grund, auf die Zunft zu schimpfen - die längst nicht so verschreibungsunwillig ist wie behauptet.
Wie kann es ein Placebo-Effekt sein, wenn überhaupt nicht die Erwartung vorliegt, dass das eingenommene Medikament eine Auswirkung auf aktuell erlebte MS-Symptome haben könnte? Ich hatte diese Erwartung jedenfalls nicht einmal ansatzweise, denn gegen aktuell vorliegende Symptome ist Kesimpta überhaupt nicht entwickelt. Der Einsatzzweck des Medikaments ist ein völlig anderer. Ich erwarte von einer Kopfschmerztablette auch nicht, dass sie gegen Verstopfung hilft…
Im Moment besteht ein zeitlicher Zusammenhang. Es muss kein kausaler Zusammenhang sein. Werde das weiter beobachten.
Watchfull waiting war afaik in den 90ern durchaus gängig, als die ersten Interferone für MS zugelassen wurden. Da wurde bei milder Prognose auch gerne geraten, erstmal abzuwarten, aufgrund der Nebenwirkungen. Jedenfalls liest man das öfter mal so. Vielleicht stimmt’s ja auch nicht, ich war damals nicht dabei.
Eine B-Zell-Depletion ist (für mich) ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und das sind solche Fragen, die man sich stellen muss …
Aber das ist bei MS halt grundsätzlich so. Auch eine MS nicht zu behandeln ist ein Experiment mit ungewissem Ausgang. Und auf individueller Ebene wird man auch kaum im Nachhinein sicher sagen können, ob eine Entscheidung nun falsch oder richtig war; einfach weil es so unvorhersehbar ist und gute Biomarker fehlen, ob eine Therapie anschlägt abseits von Verlaufsbeobachtung.
Insofern sollte MS-Patient:innen eben über den Stand der Forschung, über Nutzen, aber auch Risiken von Therapien aufgeklärt werden. Auch eine ärztliche Empfehlung ist ja sinnvoll, aber am Ende liegt die Entscheidung bei den Patient:innen. Die Chance für einen besseren Verlauf mag mit Therapien steigen. Aber natürlich kann es auch sein, dass man sich gegen eine Therapie entscheidet und damit am Ende Glück hat und sich die Therapie dann erspart hat.
So ähnlich lautet mein Plan tatsächlich auch. Habe vor, noch möglichst mindestens 3 Jahre die B-Zell-Depletion weiter zu machen. Dann auf ein Kategorie 2 Medikament umzusteigen. Und dann mal schauen, was die Forschung bringen wird oder ob das zunehmende Alter mitspielt und sich das ganze Krankheitsgeschehen dadurch beruhigt. Bin aber erst Anfang 30 Also könnte dieser Effekt noch lange auf sich warten lassen.
Die Entscheidungen in Zusammenhang mit der MS kommen mir alle wie „Pest oder Cholera“ vor. Schon die Auswahlmöglichkeit Ocrevus vs Tysabri war alles andere als einfach, ohne wirksames Medikament kam für mich nicht in Frage.
Von Mavenclad habe ich leider erst zu spät erfahren, ist aber auch nicht ganz so wirksam. Ich lese hier auch immer wieder von Fällen, bei denen Patienten unter Mavenclad weiter Schübe hatten und dann auf Ocrevus hocheskaliert werden. Ebenso Fälle in denen Patienten von kesimpta auf ocrevus hocheskaliert werden. Laut meiner Ambulanz ist Ocrevus noch einen Ticken stärker als kesimpta und stelle nach aktuellem Stand der Dinge das „Ende der Fahnenstange“ dar…
Der Chefarzt meiner MS-Ambulanz meinte auch, Ocrevus sei noch etwas stärker. Er meinte aber der Unterschied sei nur minimal, schätzte ihn auf 2 %. Ihm nach hätte ich auch Ocrevus bekommen können, aber mir gefällt bei Kesimpta besser, dass ich es mir einfach selbst spritzen kann. Ist mir lieber als alle halbe Jahre zur Infussion in die Ambulanz, aber das ist sicherlich Geschmackssache.
In meiner MS-Ambulanz ist es dann anscheinend umgekehrt, da hatte mir die Krankenschwester erzählt, sie stellen Patienten von Ocrevus auf Kesimpta um (ihrer Meinung nach beides gleich effizient, aber ist wohl nur fast gleich effizient). Die stellen um, weil es für viele Patienten einfacher sei.